Wasserstoffnetzentgeltverordnung (WasserstoffNEV) vom Bundeskabinett verabschiedet

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​veröffentlicht am 12. Oktober 2021

 

Die Regulierung von Wasserstoffnetzen wird konkreter. Nachdem Anfang September 2021 ein Referentenentwurf für eine Wasserstoffnetzentgeltverordnung vorgelegt wurde und die Verbände um Stellungnahmen gebeten wurden, wurde am 22.09.2021 die Kabinettsfassung veröffentlicht. Diese liegt nun dem Bundesrat zur Befassung vor.

 

Mit der EnWG-Novelle im Sommer 2021 wurde der Abschnitt 3b zur Wasserstoffregulierung (§ 28j - § 28q EnWG) ins Energiewirtschaftsgesetz aufgenommen. Damit wurde festgelegt, dass bis auf Weiteres eine separate Regulierung von Wasserstoffnetzen statt einer gemeinsamen Regulierung von Erdgas und Wasserstoff umgesetzt wird. Die große Koalition hatte aber noch Position dazu bezogen, dass dies nur eine vorübergehende Lösung ist und perspektivisch, unter Berücksichtigung zukünftiger europarechtlicher Rahmenbedingungen, eine gemeinsame Regulierung von Erdgas- und Wasserstoffnetzen angestrebt wird.

 

Wesentlich ist dabei, dass es sich um eine Opt-in Regulierung handelt. Wasserstoffnetzbetreiber sind damit nicht verpflichtet, sich der Wasserstoffregulierung gem. § 28j EnWG zu unterwerfen. Stattdessen können Wasserstoffnetze auch privatwirtschaftlich entwickelt und aufgebaut werden. Auch die bereits existierenden privatwirtschaftlichen industriell genutzten Wasserstoffnetze können weiterhin privatwirtschaftlich betrieben werden, ohne sich der Regulierung unterwerfen zu müssen.

 

In der Kabinettsfassung werden nun erstmals auch Eigenkapitalzinssätze für regulierte Wasserstoffnetze genannt: 9 Prozent für Neuanlagen und 7,73 Prozent für Altanlagen. Diese Zinssätze sind bis zum 31.12.2027 fixiert. Altanlagen sind genauso wie Gasnetzanlagen definiert: erstmalige Aktivierung bis 2005. Diese höheren Zinssätze für Wasserstoffnetze spiegeln die höheren Risiken im Vergleich zu Gasnetzen wider.

Grundsätzlich orientiert sich die Wasserstoffnetzentgeltregulierung an den Vorgaben der Gasnetzentgeltverordnung vor Einführung der Anreizregulierung. Ein Effizienzvergleich der Wasserstoffnetzbetreiber und eine Anpassung der zugehörigen Erlösobergrenze gemäß Effizienzpfad ist nicht vorgesehen.

 

Besonderheiten sind, dass ein Plan-Ist-Abgleich über einen langen Zeitraum erfolgt. Plankosten müssen für das Folgejahr bis zum 30.09.2021 beantragt werden. Bis zum 30.9. des Folgejahres nach dem Planjahr muss ein Plan-Ist-Abgleich erfolgen. Im Gegensatz zum Regulierungskonto kann die Differenz zwischen Erlösen und Kosten über einen Zeitraum von zehn Jahren ausgeglichen werden. Der Differenzbetrag wird verzinst.

Förderungen für Wasserstoffnetze werden bei der Netzentgeltkalkulation berücksichtigt. Hintergrund ist, dass davon auszugehen ist, dass ohne Förderung Wasserstoffnetze nicht wirtschaftlich betrieben werden können. Die Bundesregierung will vermeiden, dass der Auf- und Ausbau der Wasserstoffnetze vom Staat finanziell gefördert wird, anschließend aber hohe Wasserstoffnetzentgelte verlangt werden, da die staatlichen Zuschüsse in die Kalkulation nicht einfließen.

 

Auch sind für die Netzentgeltkalkulation dieselben Nutzungsdauern anzuwenden, wie diese für die Förderung zugrunde gelegt wurden. Ansonsten werden den Wasserstoffnetzbetreibern große Freiheiten bei der Festlegung der Nutzungsdauern eingeräumt. Abschreibungen unter Null und das Wiederaufleben von Restwerten werden ausgeschlossen.

 

Außerdem gelten Besonderheiten für umgewidmete Gasnetze: Die Abschreibungen des eigenfinanzierten Anteils werden auf Basis von Tagesneuwerten ermittelt, während für den fremdfinanzierten Anteil die historischen Anschaffungs- und Herstellungskosten Anwendung finden.

 

 

ermittlungsverfahren der regulierungsbehörde

 

 

In vielen Details sind Ähnlichkeiten zur Gasnetzentgeltregulierung festzustellen. Aufwandsgleiche und kalkulatorische Kosten fließen in die Kostenbasis mit ein. Die hohen Eigenkapitalzinssätze (gem. § 10 Abs. 4 WasserstoffNEV) gelten nur für betriebsnotwendiges Eigenkapital bis zu einer kalkulatorischen Eigenkapitalquote von 40 %. Übersteigendes Eigenkapital wird, wie für Gasnetzbetreiber, entsprechend den gewichteten Umlaufsrenditen für Anleihen der öffentlichen Hand und von Unternehmen verzinst.

 

 

ermittlungsverfahren der regulierungsbehörde kalkulatorische eigenkapitalverzinsung

 

 

Den Wasserstoffnetzbetreibern werden viele Freiheiten bei der Festlegung der Netzanschlusskosten und Baukostenzuschüsse eingeräumt. Bis zu 100 % der Kosten abzüglich Förderzuschüsse können verlangt werden.

 

Die entscheidende Frage wird allerdings sein, in welchem Umfang sich Wasserstoffnetzbetreiber der Regulierung unterwerfen werden. Denn die lukrativen Wasserstoffnetze, die eine höhere Rendite erwarten lassen, werden versuchen, auf die Opt-in-Regulierung zu verzichten. Wesentlicher Vorteil der regulierten Wasserstoffnetzbetreiber könnte sein, dass diese über einen Zeitraum von 10 Jahren niedrige Erlöse in den Startjahren erst später ausgleichen können und somit die schwierige Anfangsphase mit hohen Kosten sowie niedrigen Mengen und Erlösen überwinden können.

 

Insgesamt bietet die WasserstoffNEV eine erste Grundlage für den Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur. Ob diese Grundlage aber ausreichen wird, um Anreize für die Umwidmung der Gasnetzinfrastruktur zu schaffen, ist eher fraglich. Denn diese Netzbetreiber müssen auf eine bisher relativ sichere Rendite einer vorhandenen Gasnetzinfrastruktur verzichten und die hohen Risiken einer Umwidmung für Wasserstoff eingehen. Dies wird nur gelingen, wenn die Nachfrage nach Wasserstoff in Deutschland spürbar anzieht und international umfangreiche Kapazitäten für die Produktion von grünem Wasserstoff aufgebaut werden.

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