Neue Regelungen zur Umsatzrealisierung nach IFRS – Auswirkung auf mein Unternehmen?

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Aus dem im Mai 2014 veröffentlichten neuen Standard zur Umsatzrealisierung ergeben sich neue Regelungen zu Zeitpunkt und Höhe der Erfassung von Umsatzerlösen. Dabei ersetzt IFRS 15 vollständig die bisherigen Vorschriften zur Umsatzrealisierung, bestehend aus den Standards IAS 18 und IAS 11 sowie diversen Standardinterpretationen, und regelt mehrere Aspekte neu. Der Standard sollte ursprünglich für Geschäftsjahre beginnend ab dem 01. Januar 2017 anzuwenden sein. Derzeit überlegt das IASB, den Erstanwendungszeitpunkt auf den 01. Januar 2018 zu verschieben. Ein entsprechender „Exposure Draft” (ED/2015/2) wurde am 19. Mai 2015 veröffentlicht. Hintergrund der Verschiebung ist eine derzeit angedachte klarstellende Änderung an IFRS 15 sowie die gleichgerichtete Entscheidung des FASB, den Erstanwendungszeitpunkt zu verschieben. Durch den späteren Erstanwendungszeitpunkt sollen Unternehmen die Möglichkeit erhalten, ihre IT-Systeme, Prozesse sowie ihr internes Kontrollsystem an die neuen Anforderungen des IFRS 15 anzupassen. Darüber hinaus soll eine einheitliche Erstanwendung nach IFRS und US-GAAP erreicht werden. Die größten Herausforderungen ergeben sich dabei für Unternehmen, die bis dato Produkte und Dienstleistungen in ihren Absatzgeschäften kombinieren (Mehrkomponentenverträge) und bilanziell in einem Geschäftsvorfall erfassen.
 

Wesentliche Neuerungen

Der Vielfältigkeit der vertraglichen Gestaltungen in der Praxis begegnet der Standard mit einem prinzipienbasierten Ansatz sowie einer neuen Definition des Anwendungsbereichs für alle mit dem Kunden geschlossenen Verträge, welche die Lieferung von Gütern oder die Erbringung von Dienstleistungen im Rahmen der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit zum Gegenstand haben.
 
Alle Anwendungsfälle sind anschließend anhand des neu implementierten, einheitlichen Fünf-Schritte-Modells des IFRS 15 bzgl. Realisationszeitpunkt und Höhe der Umsätze zu überprüfen:
  1. Identifizierung des Vertrags mit dem Kunden,
  2. Identifizierung der separaten Leistungsverpflichtungen,
  3. Bestimmung des Transaktionspreises,
  4. Verteilung des Transaktionspreises auf separate Leistungsverpflichtungen,
  5. Umsatzrealisierung zum Zeitpunkt der Erfüllung einer Leistungsverpflichtung.
Schritt Nr. 1 und 2 des Modells sehen vor, dass zunächst alle in einem Vertrag vereinbarten Leistungsverpflichtungen identifiziert und die eigenständigen Leistungskomponenten separat abgebildet werden.
 
Bei der Bestimmung des Transaktionspreises (Schritt Nr. 3) ist grundsätzlich vom vertraglich vereinbarten Entgelt auszugehen. Kann die Höhe der Gegenleistung jedoch nicht konkret ermittelt werden, ist eine möglichst verlässliche Schätzung anhand von Erwartungswerten vorzunehmen.
 
Sind die einzelnen Leistungskomponenten identifiziert und die gesamte Gegenleistung bestimmt, hat im Anschluss eine Verteilung des Transaktionspreises der Gegenleistung auf diese Leistungsverpflichtungen zu erfolgen (Schritt Nr. 4). In diesem Kontext stellt sich nunmehr die Frage, welchen Veräußerungspreis die jeweilige Leistungskomponente alleinstehend haben würde.
 
Ein weiterer wesentlicher Unterschied zu den bisherigen Regeln der Umsatzrealisierung betrifft den Realisationszeitpunkt (Schritt Nr. 5). Bisher erfolgte die Erlösrealisierung im Falle des Verkaufs von Gütern bei Übertragung der wesentlichen Chancen und Risiken bzw. im Anwendungsfall von IAS 11 Fertigungsaufträge nach Maßgabe des Fertigstellungsgrades. Künftig ist dagegen das entscheidende Kriterium der Übergang der Kontrolle über das Gut oder die Dienstleistung einschließlich der Beurteilung, ob der Kontrollübergang zu einem Zeitpunkt oder über einen Zeitraum hinweg erfolgt. Entgegen früherer Erwartungen ist auch nach IFRS 15 künftig eine zeitraumbezogene Umsatzrealisierung möglich – allerdings unter neu definierten Voraussetzungen.
 

Herausforderungen für die Praxis

Erschwert wird die praktische Umsetzung des neuen prinzipienorientierteren Standards durch die Vielfalt der zum Teil erstmalig geregelten Sonderthemen wie bspw.
  • Vertragsanpassungen,
  • variable Kaufpreisbestandteile,
  • (umfangreiche) Rückgaberechte, Gewährleistungen und Garantien,
  • Kundengewinnungskosten,
  • Vertragserfüllungskosten,
  • Kundenbindungsprogramme,
  • Bill-and-Hold Transaktionen,
  • Put-/Call-Optionen oder
  • „Upfront fees”.

 

Grundsätzlich sollen Rechnungslegungsvorgaben lediglich zur einheitlichen bilanziellen Abbildung von Prozessen und Geschäftsvorfällen dienen und i.d.R. keinen Einfluss auf Geschäftsmodelle nehmen. Allerdings sind die neuen Regelungen des IFRS 15 so weitreichend, dass es bei einigen Unternehmen zu Ausnahmen von dieser Regel kommen kann. Da der Standard voraussichtlich erst für Geschäftsjahre anzuwenden sein wird, die nach dem 01. Januar 2017 beginnen, ist aktuell noch Zeit für mögliche Analysen und Gegensteuerungsmaßnahmen. In nur sehr wenigen der tatsächlich betroffenen Branchen wurde allerdings die Brisanz des Themas bis dato erkannt und mit der Erarbeitung möglicher Lösungsansätze begonnen.

 
zuletzt aktualisiert am 21.05.2015

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