Die Einführung der obligatorischen elektronischen Rechnung: Erste Analyse des Entwurfes eines BMF-Schreibens und dessen Auswirkungen

PrintMailRate-it

​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 19. Juni 2024

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat mit einem umfangreichen Entwurf eines Schreibens vom 14.06.2024 die Grundlagen für eine tiefgreifende Veränderung im Bereich der Umsatzsteuer und der Rechnungslegung erstmals näher erläutert. Ab dem 1. Januar 2025 stellt die elektronische Rechnungsstellung im Geschäftsverkehr zwischen inländischen Unternehmern nicht nur eine Option, sondern eine gesetzliche Notwendigkeit dar. Übergangsregelungen sollen die Beschleunigung etwas abbremsen. Dennoch ist das Ziel klar vor Augen. Die Effizienz im sog. B2B-Geschäftsverkehr soll signifikant erhöht werden und den digitalen Wandel in der Finanzbuchhaltung und damit auch in der Auswertbarkeit der Finanzverwaltung weiter voranbringen.


Neuerungen und deren Bedeutung – eine erste Einschätzung des BMF-Entwurfes

Im Mittelpunkt des BMF-Schreibens steht die obligatorische Einführung der elektronischen Rechnung (E-Rechnung) im B2B-Bereich. Die Neuerungen umfassen:
  • Definition einer E-Rechnung: Allein das Vorliegen in einem strukturierten elektronischen Format gewährleistet die Konformität mit der europäischen Richtlinie 2014/55/EU oder einer zwischen den Parteien vereinbarten Norm.
  • Abschaffung der Empfängerzustimmung: Der Leistungsempfänger muss der elektronischen Übermittlung zukünftig nicht mehr explizit zustimmen.
  • Spezifizierung zulässiger Rechnungsformate: Festgelegt werden reine XML-Formate nach der Norm EN 16931 und hybride Formate. Ein hybrides Format besteht neben dem strukturierten Teil, der nicht menschenlesbar ist auch aus einem menschenlesbaren Datenteil, wobei im Falle von Abweichungen zwischen strukturierten Daten und bildlicher Darstellung erstere Vorrang haben.

Ausgenommen von dieser Verpflichtung sind bestimmte Umsätze, die steuerlich anders behandelt werden oder für die besondere​ Regelungen gelten, wie zum Beispiel:
  • Kleinbetragsrechnungen bis zu einem bestimmten Betrag (z. B. 250 Euro).
  • Fahrausweise für den Personenverkehr.
  • Steuerfreie Umsätze nach § 4 Nr. 8 bis 29 UStG, für die besondere Bestimmungen gelten können.
  • Umsätze an einen im Ausland ansässigen Leistungsempfänger.

Übergangsregelungen: Flexibilität beim Wechsel zur E-Rechnung

Eine wesentliche Rolle spielen die Übergangsregelungen, die unterschiedliche Fristen für verschiedene Unternehmensgrößen und Sektoren vorsehen. Kurz zusammengefasst:
 
Bis zum 31. Dezember 2026 ist es Unternehmen noch erlaubt, Rechnungen in Papierform auszustellen. Die Rechnungsstellung in einem anderen elektronischen Format ist möglich. Hierfür bedarf es der Zustimmung des Empfängers (wie bisher). Die Zustimmung erfordert keiner besonderen Form. Es muss lediglich Einvernehmen zwischen Rechnungssteller und Rechnungsempfänger bestehen.
Kleinere Unternehmen mit einem Vorjahresumsatz von bis zu 800.000 Euro profitieren von einer verlängerten Anpassungsphase bis zum 31. Dezember 2027.

Alle anderen Unternehmen können befristet bis zum 31.12.2027 statt einer E-Rechnung, die Rechnungsstellung und -übermittlung mittels elektronischem Datenaustausch (EDI) vornehmen (mit Zustimmung des Empfängers).
 
Diese Übergangsfristen bieten Unternehmen eine Flexibilität und die nötige Zeit, um sich auf die neuen Standards einzustellen.
 
Da die Übergangsregelungen für das Ausstellen von Rechnungen gelten, ist die Annahmemöglichkeit hingegen bereits zum 01.01.2025 verpflichtend einzuführen. Dies betrifft auch juristische Personen des öffentlichen Rechts. Unabhängig von der Höhe des in Anspruch zu nehmenden Vorsteuerabzugs ist bei Vorliegen der Voraussetzungen eine E-Rechnung an eine juristische Person des öffentlichen Rechts zu erteilen. Dies gilt nach dem Entwurf ausdrücklich auch dann, wenn die Lieferung nach § 15 Absatz 1 Satz 2 UStG nicht als für das Unternehmen bezogen gilt oder die sonstige Leistung zu einem äußerst geringen Anteil für den unternehmerischen Bereich bezogen wird.
 

Juristische Personen des öffentlichen Rechts: Eine spezielle Betrachtung

Insbesondere juristische Personen des öffentlichen Rechts bedürfen einer besonderen Beachtung. Das BMF-Schreiben stellt klar, dass für Leistungen, die im Rahmen des Unternehmens einer öffentlichen Institution ausgeführt werden, ebenfalls eine E-Rechnung zu erstellen ist. Dies bedeutet, dass auch Einrichtungen wie Kommunen oder staatliche Betriebe, die wirtschaftlich tätig sind, die neuen Bestimmungen implementieren müssen. Die Digitalisierung erfasst somit auch den öffentlichen Sektor, der sich auf die elektronischen Rechnungsformate vorbereiten und Anpassungen in den Verwaltungssystemen vornehmen muss.

Für die Pflicht zur Erteilung einer E-Rechnung ist es unerheblich, ob die Leistung auf zivilrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Grundlage ausgeführt wird, solange über eine umsatzsteuerbare Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird. Unabhängig von einer Verpflichtung z. B. nach der ERechV unterliegen daher auch juristische Personen des öffentlichen Rechts unter den übrigen Voraussetzungen der umsatzsteuerrechtlichen Pflicht zur Ausstellung und der Notwendigkeit zum Empfang einer E-Rechnung.

Wird eine Leistung zu einem Teil im Rahmen des Unternehmens und zu einem anderen Teil aus dem nichtwirtschaftlichen Bereich i. e. S. ausgeführt, handelt es sich nicht um eine einheitliche Leistung, sondern um zwei umsatzsteuerrechtlich selbstständig zu beurteilende Vorgänge. Besteht für die im Rahmen des Unternehmens ausgeführte Leistung die Pflicht zur Ausstellung einer E-Rechnung und werden diese beiden Leistungen in einer Rechnung abgerechnet, ist die Rechnung insgesamt als E-Rechnung zu erteilen.
 

Konsequenzen für das Tagesgeschäft

Die Auswirkungen sind nicht zu unterschätzen: Unternehmen müssen ihre internen Prozesse und IT-Systeme anpassen und Mitarbeiter auf die elektronische Rechnungsstellung vorbereiten. Vor allem das IT-Personal und die Buchhaltung stehen vor Herausforderungen, da Softwareaktualisierungen und Schulungen erforderlich werden.


Vorkehrungen und praktische Schritte

Um auf diese Änderungen adäquat zu reagieren, empfiehlt sich:​
  • Die Überprüfung der vorhandenen Rechnungssoftware auf Kompatibilität mit den erforderlichen strukturierten Formaten.
  • Die Schulung der Mitarbeiter in Bezug auf Verarbeitungs- und Speicherungsprozesse im Kontext von E-Rechnungen.
  • Die Einrichtung eines Systems zum Empfang und Versenden von E-Rechnungen, um die elektronische Übermittlung sicherzustellen.
Mit der Verbindlichkeit der E-Rechnung betreten wir offiziell ein neues digitales Kapitel im Umsatzsteuerrecht. Gerade weil sich das Fundament der Rechnungsstellung maßgeblich wandelt, ist es essenziell, sich als öffentliche Verwaltung proaktiv mit den Anforderungen auseinanderzusetzen und frühzeitig die Weichen für die Zukunft zu stellen. Diese Entwicklung bietet die Gelegenheit, interne Prozesse zu modernisieren und die Effizienz im ​​​Rechnungswesen zu steigern.
 
Die digitale Transformation des Rechnungswesens eröffnet Chancen, stellt aber auch viele Unternehmen und die öffentliche Verwaltung vor Herausforderungen. Als Branchenexperten bieten wir professionelle Unterstützung bei der Umstellung auf die neuen gesetzlichen Vorgaben und unterstützen Sie bei der Implementierung der erforderlichen Änderungen.​


Folgen Sie uns!

Kontakt

Contact Person Picture

Maik Gohlke

Steuerberater, Diplom-Finanzwirt

Partner

+49 221 9499 094 50

Anfrage senden

Profil

Contact Person Picture

Madlen Mainzer

Steuerberaterin

Associate Partner

+49 221 949 909 197

Anfrage senden

Profil

Contact Person Picture

Paul Punge

Diplom-Finanzwirt

+49 221 949 909 353

Anfrage senden

Wir beraten sie gern!

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu