Vorhaltevergütung im Rahmen der Krankenhausreform 2024 – Was ist das, wie kommt man dazu und wo liegen die Hürden?

PrintMailRate-it

​​​​​veröffentlicht am 30. September 2024

Mit der Krankenhausreform 2024 im Krankenhauswesen steht dem Krankenhauswesen ein großer Umbruch bevor. Die Notwendigkeit einer solchen  Reform ist angesichts der finanziellen Situation der Krankenhäuser unbestritten.  Weniger klar sind jedoch die Auswirkungen der Krankenhausreform 2024. Dies betrifft auch den großen Kernpunkt der Reform – das Vorhaltebudget. 


​Die Aneinanderreihung von verschiedenen Ereignissen, wie die Corona-Pandemie oder der Ukraine-Konflikt sorgten für eine Verschlechterung der finanziellen Lage der Krankenhäuser in Deutschland. Nach langem politischem Druck hat die das deutsche Bundeskabinett am 15. Mai 2024 die Krankenhausreform beschlossen. Zurzeit liegt diese lediglich als Entwurf vor und beinhaltet unter anderem Änderungen des fünften Sozialgesetzbuches, des Krankenhausfinanzierungsgesetzes und des Krankenhausentgeltgesetzes. 


Durch die Reform wird die Erreichung mehrerer Ziele erhofft, wie zum Beispiel die Verbesserung der Versorgungsqualität, die Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung und die Entbürokratisierung des Krankenhaussystems. 


Wird dem Krankenhaus keine Leistungsgruppe zugewiesen, steht ihm auch kein Vorhaltebudget zu! 

Die Vorhaltevergütung soll den ökonomischen Druck von Krankenhäusern senken und die Vorhaltung von Strukturen sichern. Aus der Fallpauschale werden je nach Leistungsgruppe 40-60 Prozent der Vergütung entnommen. Dafür wird eine Vorhaltepauschale unabhängig von der tatsächlich erreichten Fallzahl an Krankenhäusern ausgezahlt.


Voraussetzung hierfür ist, dass dem Krankenhaus die entsprechende Leistungsgruppe zugewiesen ist - dafür müssen die geltenden Mindestvorhaltezahlen und Qualitätskriterien eingehalten werden. Die Prüfung dieser erfolgt alle zwei Jahre durch den Medizinischen Dienst.​


Eine Vielzahl von Kriterien sind in den Qualitätskriterien berücksichtigt. Die Qualitätskriterien sind Leistungsgruppenspezifisch und werden voraussichtlich in Anlage 1 des § 135e SGB V festgehalten. Diese beinhaltet Voraussetzungen bezüglich der Erbringung verwandter Leistungsgruppen, sachlicher und personeller Ausstattung, Struktur- und Prozesskriterien. Für die Leistungsgruppe Kinder- und Jugendchirurgie sind beispielsweise folgenden Kriterien zu erfüllen:

  • ​die Leistungsgruppen Allgemeine Kinder- und Jugendmedizin und Intensivmedizin vorausgesetzt
  • die rund um die Uhr Zugänglichkeit zu einem CT bzw. MRT (in Kooperation möglich) und einer Sonographie 
  • drei Fachärzte in Kinder- und Jugendchirurgie mindestens in Rufbereitschaft täglich rund um die Uhr
  • Erfüllung des § 6 Pflegepersonaluntergrenzen Verordnung.

Keine klare T​rennung der Leistungsgruppen, sondern ein Geflecht 

Wie ersichtlich wird ist die Zuweisung gewisser Leistungsgrup​pen Voraussetzung für andere Leistungsgruppen. Das trifft vor allem auf Leistungsgruppen wie Intensivmedizin, Allgemeine Innere Medizin oder Allgemeine Chirurgie zu. Daraus ergibt sich ein potenzielles Geflecht aus Leistungsgruppen, in welchem navigiert werden muss, sodass medizinisch und wirtschaftlich sinnvolle Konstrukte für die eigene Einrichtung identifiziert werden können. 

Die Erlangung der Leistungsgruppen ist jedoch keine Leichtigkeit! 

Inwieweit die notwendigen Kriterien erfüllt werden können, ist derzeit schwer abzuschätzen. Eine erste kritische Sichtung durch die Vorsitzende des Marbuger Bundes zeigt, dass die Schwierigkeit, bestimmte Mindestvoraussetzungen an das Personal und dessen Ausbildung zu erfüllen, problematisch ist und zur Schließung von Einrichtungen führen kann. Denn ohne Leistungsgruppe erlischt sowohl der Anspruch auf das Vorhaltebudget als auch die Berechtigung zur Abrechnung mit den Krankenkassen. ​

Sind dünn besiedelte Gebiete gefährdet? 

Doch nicht nur die personellen Voraussetzungen könnten sich als herausfordernd erweisen, sondern auch die Mindestvorhaltezahlen einer jeweiligen Leistungsgruppe die eingehalten werden müssen, damit die entsprechende Vorhaltevergütung gezahlt werden kann.1 Die Deutsche Krankenhausgesellschaft sieht in der Nichterfüllung der Mindestvoraussetzungen insbesondere für Einrichtungen in dünn besiedelten Regionen mit niedrigen Fallzahlen ein gefährliches Szenario. Letztlich stellt dies die Existenz solcher Einrichtungen in Frage.​

Wird eine Hinderung oder Beförderung der Ambulantisierung geschaffen?

Die Anknüpfung des Vorhaltebudgets an stationäre Mindestvorhaltezahlen könnte nicht nur ökonomische Folgen für Krankenhäuser haben, sondern auch auf eine angestrebte Ambulantisierung. Da ein Anreiz geschaffen wird, die Vorhaltezahlen der jeweiligen Leistungsgruppe zu erreichen, kann das Interesse diese ambulant zu erbringen bei geringen Fallzahlen drastisch sinken. Zeitgleich kann nach Zuweisung der Leistungsgruppe, der Anreiz bestehen im ersten Jahr, besonders viele Behandlungen stationsersetzend durchzuführen, da das Budget einem bereits zugesprochen wurde. Dies könnte sich wiederum auf die Fallschwere und letztlich auf die Kalkulation des Fallpauschalenkatalogs auswirken. 


Welche weiteren positiven oder negativen Auswirkungen die Krankenhausreform bzw. die Einführung eines Vorhaltebudgets haben wird, kann erst nach dessen Einführung besser beurteilt werden.



1 Nach Entwurfsstand vom April können die Landesbehörden hier abweichend entscheiden, dass die Vorhaltung einer Leistungsgruppe trotz Nichterfüllung der Mindestvorhaltezahlen notwendig ist. Das könnte das Gebot außer Kraft setzen.




 
Quellen: 



AUTORIN

​Alexandra Oliveira Faria
Kontaktbild Alexandra Oliveira Faria

FOLGEN SIE UNS!

Linkedin Banner

Kontakt

Contact Person Picture

Bernd Vogel

Wirtschaftsprüfer, Steuerberater

Partner

+49 911 9193 3657

Anfrage senden

WIR BERATEN SIE GERN!

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu