Abrechnung nach GOÄ zwingend auch bei Leistungserbringung durch AöR oder GmbH

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​​​veröffentlicht am 29. Mai 2024


Ambulante ärztliche Leistungen müssen auch dann – zwingend – nach der GOÄ abgerechnet werden, wenn eine GmbH Vertragspartner des Patienten ist.

Bisher entsprach es der in der Rechtsprechung vorherrschenden Meinung, dass nur Ärzte (gleich ob in Einzelpraxis, Berufsausübungsgemeinschaft/Gemeinschaftspraxis oder mit Liquidationsrecht im Krankenhaus tätig) ihre Leistungen gegenüber ihren Patienten zwingend nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) abrechnen müssen. Zur Begründung wurde § 1 Abs. 1 GOÄ herangezogen, wonach sich „die Vergütungen für die beruflichen Leistungen der Ärzte … nach dieser Verordnung” bestimmen.

Anders hat es jetzt der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden: der in § 1 Abs. 1 GOÄ beschriebene Anwendungsbereich setze nicht voraus, dass ein Arzt oder eine Ärztegemeinschaft Vertragspartner des sei, sondern dass die Vergütung für die beruflichen Leistungen eines Arztes geltend gemacht werde. Die GOÄ finde deshalb auch dann Anwendung, wenn der Behandlungsvertrag mit einer juristischen Person abgeschlossen werde und ambulante Leistungen durch Ärzte erbracht würden, die lediglich im Rahmen eines Anstellungs- oder Beamtenverhältnisses in Erfüllung ihrer eigenen Dienstaufgaben tätig würden, selbst mit dem Patienten aber keine Vertragsbeziehung eingehen würden.

Im konkreten Fall hatte ein Universitätsklinikum, betrieben als Anstalt des öffentlichen Rechts, eine Cyberknife-Behandlung bei einem Kassenpatienten erbracht. Eine solche gehört nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen, musste daher vom Patienten privat gezahlt werden. Der Patient unterzeichnete deshalb eine Erklärung, dass er für die anfallenden Kosten (im konkreten Fall: in Höhe von 10.633 €) nach erfolgter Behandlung selbst aufkommen werde. In der folgenden Rechnung des Universitätsklinikums wies dieses eine „Cyberknife Komplexleistung III” zu einem Pauschalbetrag von 10.633 € aus. Der Patient zahlte zunächst, verlangte später vom Universitätsklinikum aber die Rückzahlung dieses Betrages wegen einer nach der GOÄ unzulässigen Pauschalpreisvereinbarung. Land- und Oberlandesgericht gaben der Klage des Patienten statt; die Revision des Universitätsklinikums hatte keinen Erfolg. Der BGH begründete das im Kern damit, dass die Pauschalpreisvereinbarung mit § 2 GOÄ unvereinbar sei. Nach allgemeiner Meinung kann nämlich nur eine abweichende Gebührenhöhe durch einen abweichenden Steigerungssatz im Sinne des § 5 GOÄ vereinbart werden. Einer Vereinbarung, wonach die GOÄ insgesamt abbedungen wird, für die ​Abrechnung also gar nicht erst zugrunde gelegt werden soll, hat die Rechtsprechung schon in früheren Jahren eine Absage erteilt (vgl. z.B. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 19.03.2004 – 1 BvR 1319/02) und damit die Vereinbarung von Pauschalpreisen als generell unzulässig verworfen.

Die Entscheidung ist für die Abrechnung ambulanter Leistungen von Krankenhausträgern, die regelmäßig als juristische Person (meist als GmbH, Aktiengesellschaft, Anstalt oder Körperschaft des öffentlichen Rechts) betrieben werden, von grundlegender Bedeutung. Sie erfasst aber auch zahlreiche Privatkrankenhäuser und Privatpraxen, insbesondere hinsichtlich der Erbringung medizinisch nicht notwendiger Leistungen („Schönheitschirurgie”). Wer auf diesem Weg Leistungen abgerechnet, aber noch nicht bezahlt erhalten hat, tut gut daran, seine bisherige Rechnung mit einem Pauschalpreis zu stornieren und durch eine der GOÄ entsprechende Rechnung zu ersetzen. Bei bereits bezahlten Rechnungen und trotzdem folgenden Rückforderungsansprüchen der Patienten wird im Einzelfall zu prüfen sein, ob dem durch nachträgliche Erstellung einer GOÄ-Abrechnung noch entgegengewirkt werden kann.

Ausdrücklich hat der BGH im Übrigen klargestellt, dass die GOÄ auch für die Abrechnung solcher Leistungen Anwendung findet, die – wie die Cyberknife-Behandlung – in der GOÄ nicht ausdrücklich erwähnt werden; hier bedarf es dann einer Analog-Abrechnung nach § 6 Abs. 2 i.V.m. § 12 Abs. 4 GOÄ.
Die Entscheidung erfasst originär nur Abrechnungen von Ärzten. Angesichts des § 1 Abs. 1 der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) gilt sie aber für die Abrechnung von Zahnärzten entsprechend.


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Prof. Dr. Martin Rehborn

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