Early Tax Birds 2/2024: Regierungsentwurf JStG 2024, Handlungsbedarf zu Pillar 2 in Belgien und § 8c KStG

PrintMailRate-it
​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​Ausgabe 2/2024 (3. – 9. Juni 2024)
​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 10. Juni 2024 | Lesedauer ca. 7 Minuten
Liebe Leserinnen und Leser, liebe Freunde von Rödl & Partner,

wir hoffen, Sie hatten Freude mit der ersten Ausgabe unseres neuen Early Tax Birds Newsletters und sind bereits gespannt, was Ihnen heute in das digitale Postfach flattert. Im Fokus steht der weitere Gesetzgebungsprozess zum Jahressteuergesetz 2024 mit Änderungen aufgrund des nun beschlossenen Regierungsentwurfs. Zudem hat das BMF eine Nichtbeanstandungsregelung im Rahmen des Steueroasen-Abwehrgesetzes (StAbwG) erweitert, und für alle von Pillar 2 erfassten Steuerpflichtigen mit Bezug zu Belgien besteht dringender Handlungsbedarf. Als wäre dies noch nicht genug, wartet der BFH mit einer für Steuerpflichtige erfreulichen Entscheidung zu § 8c KStG a.F. auf, die wir Ihnen in unserem Urteil der Woche zusammengefasst haben. 
 
Wenn Ihnen dieser Newsletter gefällt, melden Sie sich an, sofern noch nicht geschehen und sagen Sie es gerne w​eiter​ – wenn er Ihnen nicht gefällt, sagen Sie es besser nur uns. Über Anregungen und Kritik freuen wir uns. Schreiben Sie dazu gerne eine E-Mail an: earlytaxbirds@roedl.com​.

Beste Grüße
Philip Nürnberg und das Redaktionsteam
  

​​Aktuelle Gesetzgebung​​

Regierungsentuwrf eines Jahressteuergesetzes 2024 (JStG 2024)

Am 5. Juni 2024 hat das Bundeskabinett den Regierungsentwurf eines JStG 2024 beschlossen. Zu den wesentlichen Inhalten des JStG 2024 haben wir Sie bereits in der vergangenen Woche informiert. Spannend ist nun zu sehen, welche weitere Änderungen und Neuregelungen sich durch den Regierungsentwurf ergeben. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um die folgenden Aspekte:​
  • ​Nicht mehr im Regierungsentwurf enthalten ist die Verschärfung der Körperschaftsteuerklausel des § 6 Abs. 5 Satz 7 EStG-E bzw. § 16 Abs. 3 Satz 5 EStG-E als Reaktion auf das BFH-Urteil vom 15. Juli 2021 (IV R 36/18). Die Regelung wurde zunächst vorgesehen, da der BFH eine teleologische Reduktion der in § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG geregelten Körperschaftsteuerklausel vorgenommen hatte.
  • In § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c EStG-E wurde das Wort "Beschäftigungsstaat" durch "andere Staat" ersetzt.
  • Die Verlängerung der Tarifermäßigung für Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft gemäß § 32c EStG-E ist nicht mehr im Regierungsentwurf enthalten. Dies dürfte zumindest für steuerpolitische Diskussionen in den entsprechenden Lobbygruppen sorgen.
  • Die Regelungen des § 41 Abs. 1 Satz 4, § 41b Abs. 1 Satz 2 Nr. 5, § 42b Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG-E wurden um das Qualifizierungsgeld ergänzt.
  • In § 67 Satz 1 EStG-E ist nun die elektronische Antragstellung für Kindergeld vorgesehen.
  • Die Regelung der Wohngemeinnützigkeit in § 52 AO-E wurde im Vergleich zum Referentenentwurf durch eine neue Formulierung ersetzt.
  • In § 19 Abs. 3 UStG-E wurde das Wort "unwiderruflich" für die Erklärung des Verzichts auf die Steuerfreiheit eingefügt.
  • Es soll für Betreiber von Energiespeicheranlagen ein weiterer Zerlegungsmaßstab in § 29 Abs. 1 Nr. 3 GewStG-E eingefügt werden, der sich grundsätzlich an der installierten Leistung der betreffenden Anlagen orientiert. Dabei sollen sich die Arbeitslöhne zu 10 % auswirken und die installierte Leistung zu 90 %.
  • Nach § 3 Abs. 2a UmwStG-E soll die steuerliche Schlussbilanz innerhalb von 14 Monaten nach Ablauf des Besteuerungszeitraums, in den der steuerliche Übertragungsstichtag fällt (und nicht mehr des steuerlichen Übertragungsstichtags), elektronisch zu übermitteln sein. Durch den Verweis des § 11 Abs. 3 UmwStG gilt dies in diesem Anwendungsbereich entsprechend.
Derzeit wird davon ausgegangen, dass der Bundesrat sich am 5. Juli 2024 mit einer Stellungnahme zum Regierungsentwurf des JStG 2024 äußern wird.

Differenzierte Hebesätze bei der Grundsteuer in Schleswig-Holstein

Wie in vielen Bundesländern gibt es auch in Schleswig-Holstein wegen der Anwendung des Bundesmodells das Problem der Belastungsverschiebung zwischen Wohngrundstücken und Nichtwohngrundstücken. Nach Erörterung mit der kommunalen Ebene und auf deren Wunsch wird das Land zum 1. Januar 2025 differenzierte Hebesätze für diese Grundstücksarten zulassen. Der Gesetzentwurf soll denjenigen von Nordrhein-Westfalen ​kopieren. Die verfassungsrechtlich notwendige Begründung für die Bestimmung differenzierter Hebesätze muss jede Gemeinde, die diese beschließen will, selbst vorlegen.

Verordnung zu energetischen Sanierungsmassnahmen

Zur Änderung der steuerlichen Förderung von energetischen Sanierungsmaßnahmen (§ 35c EStG) hat die Bundesregierung eine Verordnung auf den Weg gebracht (Drs. 20/11646). Ziel des Verordnungsentwurfs ist es, Änderungen in der Förderrichtlinie der Bundesförderung für effiziente Gebäude in das Steuerrecht zu übertragen und so den angestrebten technischen Gleichlauf der beiden Förderungen wiederherzustellen. Die Verordnung bedarf noch der Zustimmung des Bundestags. 

​Neues aus der Finanzverwaltung 

Lohnsteuerliche Behandlung der Überlassung bzw. Übertragung von Vermögensbeteiligu​ngen ab 2024 (§ 3 Nr. 39, § 19a EStG)

Vor dem Hintergrund der Änderungen durch das Zukunftsfinanzierungsgesetz und das Wachstumschancengesetz nimmt die Verwaltung mit BMF-Schreiben vom 1. Juni 2024 zur lohnsteuerlichen Behandlung der Überlassung bzw. Übertragung von Vermögensbeteiligungen Stellung. Das neue BMF-Schreiben ersetzt mit Wirkung ab dem 1. Januar 2024 das BMF-Schreiben vom 16. November 2021. Änderungen und Ergänzungen sind in dem angepassten BMF-Schreiben durch Fettdruck hervorgehoben. Im Wesentlichen handelt es sich bei den Anpassungen um die folgenden Aspekte:
  • ​​Einzubeziehende Arbeitnehmer (§ 3 Nr. 39 Satz 2 EStG)​: Aus Vereinfachungsgründen muss der Arbeitgeber das Beteiligungsangebot nicht an Arbeitnehmer richten, die an ein ausländisches Unternehmen entsandt sind (siehe BMF-Schreiben vom 9. November 2001, BStBl. I S. 796​, ​​Tz. 2.1).
  • Sehen die Regelungen des Beteiligungsprogramms vor, dass der Arbeitgeber bestimmte Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern von einer Teilnahme ausschließt (z.B. mittels eines sog. Vetorechts des Arbeitgebers), steht allein die Möglichkeit des Ausübens dieses Rechts einer Inanspruchnahme des Steuerfreibetrags nicht entgegen. Schließt der Arbeitgeber allerdings tatsächlich einzelne Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern von der Teilnahme aus, ist von diesem Zeitpunkt an bei allen am Beteiligungsprogramm teilnehmenden Arbeitnehmern die Inanspruchnahme des Freibetrags insoweit ausgeschlossen. Die steuerliche Behandlung geldwerter Vorteile aus dem betreffenden Beteiligungsprogramm in vergangenen Lohnzahlungszeiträumen bleibt unberührt.
  • Begünstigte Vermögensbeteiligungen (§ 19a Abs. 1 Satz 1 und 2 EStG): Unschädlich ist, wenn sog. virtuelle Beteiligungen durch Vermögensbeteiligungen i.S.d. § 19a Abs. 1 Satz 1 EStG ersetzt werden.
  • Zufluss bei Verfügungsbeschränkungen (§ 19a Abs. 1 Satz 3 EStG): Bei Vermögensbeteiligungen gelten die allgemeinen Grundsätze zum Zufluss von Arbeitslohn. Für ab dem 1. Januar 2024 übertragene Vermögensbeteiligungen gilt ein Vorteil aus der unentgeltlichen oder verbilligten Übertragung von Vermögensbeteiligungen i.S.d. § 19a Abs. 1 Satz 1 EStG auch dann als lohnsteuerlich zugeflossen, wenn es dem Arbeitnehmer rechtlich unmöglich ist, über die Vermögensbeteiligung zu verfügen (§ 19a Abs. 1 Satz 3 EStG). Dies gilt aber nur, wenn alle Voraussetzungen des § 19a EStG erfüllt sind. 
  • Wertminderungen der Vermögensbeteiligung (§ 19a Abs. 4 Satz 4 bis 6 EStG): Im Fall des Besteuerungstatbestands „Beendigung des Dienstverhältnisses zum bisherigen Arbeitgeber“ (§ 19a Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG) tritt bei einem Rückerwerb der Vermögensbeteiligung durch den Arbeitgeber, einen Gesellschafter des Arbeitgebers oder ein Unternehmen i.S.d. § 18 AktG an die Stelle des gemeinen Werts die vom Arbeitgeber, von einem Gesellschafter des Arbeitgebers oder einem Unternehmen i.S.d. § 18 AktG gewährte Vergütung (§ 19a Abs. 4 Satz 4 2. HS EStG). Dies gilt auch für Vermögensbeteiligungen, die vor 2024 übertragen wurden. Der Rückerwerb muss nicht an den ursprünglichen Veräußerer erfolgen. Ausreichend ist, dass an einen der drei benannten Personen veräußert wird.
  • Haftungsübernahme durch den Arbeitgeber und weiteres Hinausschieben der Besteuerung (§ 19a Abs. 4a EStG):​ Eine Besteuerung aufgrund der Tatbestände „Ablauf von 15 Jahren“ und „Beendigung des Dienstverhältnisses“ ist nicht vorzunehmen, wenn der Arbeitgeber unwiderruflich erklärt, dass er für die einzubehaltende und abzuführende Lohnsteuer nach § 42d EStG haftet. In diesen Fällen löst erst der spätere Tatbestand „entgeltliche oder unentgeltliche Übertragung“ eine Besteuerung aus. Die sonst übliche haftungsbefreiende Anzeige (§ 38 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. § 42d Abs. 2 EStG) ist nicht möglich. Durch die unwiderrufliche Erklärung des Arbeitgebers zur Kennzahl 21 der Lohnsteuer-Anmeldung erfährt das Betriebsstättenfinanzamt von solchen Sachverhalten und kann im Rahmen einer Lohnsteuer-Außenprüfung die steuerliche Behandlung prüfen. Die Erklärung des Arbeitgebers hat spätestens in der dem betreffenden Ereignis folgenden Lohnsteuer-Anmeldung zu erfolgen. Das ist die Lohnsteuer-Anmeldung, mit der die aufgrund der Nachversteuerung einzubehaltende Lohnsteuer hätte angemeldet werden müssen.

Anpassung des BMF-Schreibens zu Vorschriften über die Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen​

​Das am 27. März 2024 verkündete Wachstumschancengesetz enthält u.a. auch Änderungen des § 138f AO. Daher hat das BMF mit Schreiben vom 7. Juni 2024​ sein bestehendes BMF-Schreiben vom 29. März 2021, BStBl.I S. 582 aktualisiert und an die neue Gesetzeslage angepasst. Die Anpassung bezieht sich insbesondere auf datenschutz​rechtliche Erfordernisse und ist auf die Tz. 78, 93, 97, 100, 198 und 209 des bestehenden Schreibens beschränkt. 


Anwendung des § 12 Steueroasen-Abwehrgesetz

§ 12 StAbwG sieht gesteigerte Mitwirkungspflichten in den Fällen der Anwendung des StAbwG vor, die die grundsätzlichen Mitwirkungspflichten bei Auslandssachverhalten erheblich verschärfen. Die Aufzeichnungen sind danach unter Beachtung einer Jahresfrist nach Ablauf des Kalender- oder Wirtschaftsjahres zu erstellen und an das zuständige Finanzamt bzw. das BZSt zu übersenden. Mit dem BMF-Schreiben vom 4. Juni 2024 wird nun darauf reagiert, dass die Erstellung und Vorlage der Unterlagen höchst komplex und mit erheblichen praktischen Schwierigkeiten verbunden ist. Daher gilt für die Anwendung des § 12 StAbwG, dass es für Geschäftsjahre, die vor dem 31. Dezember 2022 begonnen haben, nicht beanstandet wird, wenn die Aufzeichnungen erstmals bis zum 31. Dezember 2024 abgegeben werden. Damit ersetzt das neue BMF-Schreiben das Schreiben vom 21. Februar 2024, wonach die Nichtbeanstandung nur bis zum 31. Mai 2024 gelten sollte.

Neuigkeiten aus Europa und der OECD

Pillar 2: Registrierungspflicht in Belgien bis ​13. Juli 2024 erfüllen

Kürzlich gab es neue Entwicklungen hinsichtlich der belgischen Compliance-Anforderungen im Rahmen der Umsetzung von Pillar 2. Die belgische Regierung hat einen Erlass (in französisch; belgisch hier) herausgegeben, der Regeln für MNE-Gruppen mit in Belgien gelegenen Geschäftseinheiten definiert, um die Anforderungen an Pillar 2 zu erfüllen. Von besonderer Bedeutung ist eine einmalige Registrierungspflicht, welche mit einer sehr knapp bemessenen Frist die digitale Einreichung eines detaillierten Formulars („Pillar Two Notification Form“) bei den belgischen ​Steuerbehörden bereits bis zum 13. Juli 2024 fordert. Im Anschluss an diese Registrierung soll vom belgischen Unternehmensregister eine für Pillar 2 Zwecke notwendige Identifikationsnummer erteilt werden. Eile ist somit für alle MNE-Gruppen geboten, die bereits im erstes Wirtschaftsjahr von den Regelung der Pillar 2 erfasst sind und nun schnellstmöglich die Registrierung veranlassen müssen. Für alle anderen Fälle ist indes zu beachten, dass die Meldung spätestens 30 Tage nach Beginn des ersten Wirtschaftsjahres, für das die MNE-Gruppe in den Anwendungsbereich der Pillar Regelung fällt, übermittelt werden muss. 

Plattform für verantwortungsvolles Handeln im Steuerbereich

Am 6. Juni 2024 hat die EU-Kommission beschlossen, ihre Arbeit an der „Plattform für verantwortungsvolles Handeln im Steuerbereich“​ in Form einer neuen Expertengruppe fortzusetzen. Die Plattform für verantwortungsvolles Handeln im Steuerbereich bringt nichtstaatliche und staatliche Akteure zusammen und schafft einen Rahmen für Konsultation und Meinungsaustausch. Sie ermöglicht einen Dialog im Bereich des verantwortungsvollen Handelns im Steuerbereich und in anderen damit zusammenhängenden Bereichen, beispielsweise in den Bereichen grenzüberschreitende Besteuerung, aggressive Steuerplanung, Doppelbesteuerung und doppelte Nichtbesteuerung. Seit ihrer Einrichtung im Jahr 2013 hat sich die Plattform als Instrument zur Förderung ​eines besseren Dialogs mit den Interessenträgern für eine fundiertere und faktengestütztere Steuerpolitikgestaltung erwiesen. Das derzeitige Mandat endet am 17. Juni 2024. Die nun eingerichtete neue Plattform wird die Arbeit mit überarbeiteten Aufgaben fortsetzen, um über die Entwicklungen bei der Steuertransparenz und der Agenda für eine faire Besteuerung nachzudenken. Über die weiteren Entwicklungen werden wir Sie auf dem Laufenden halten.
    

​​Aktuelle Rechtsprechung​​​

Anwendung des § 8c KStG a.F. auf Verluste gemäss § 15a EStG​

Unser Urteil der Woche befasst sich mit der Entscheidung des BFH vom 24. April 2024, IV R 27/21​. In diesem stritten die Beteiligten über den Wegfall eines verrechenbaren Verlusts i.S.d. § 15a Abs. 4 EStG nach § 8c KStG a.F. Die Klägerin (X-GmbH) war im Streitjahr als Kommanditistin an einer GmbH & Co. KG (B-KG) beteiligt und hatte einen nach § 15a Abs. 4 EStG gesondert festgestellten verrechenbaren Verlust. Aufgrund eines Insolvenzverfahrens bei der Muttergesellschaft der X-GmbH, der A-AG, wurden als Sanierungsmaßnahme die Anteilseigner der A-AG vollständig ausgetauscht. Infolgedessen ging das Finanzamt (FA), unter Beachtung des BMF-Schreibens vom 4. Juli 2008 (BStBl. I 2008, 736), bei der A-AG und den Tochtergesellschaften von der Anwendung der Verlustabzugsbeschränkung des § 8c KStG aus. Ebenso vertrat das FA die Auffassung, dass § 8c KStG auch auf die einer Körperschaft als Mitunternehmerin zuzurechnenden verrechenbaren Verluste nach § 15a EStG anwendbar ist und zu deren Untergang führt. Die daraufhin erhobene Klage vor dem FG begründete die X-GmbH im Wesentlichen damit, dass ein Verlustwegfall nach § 8c Abs. 1 KStG bereits deshalb ausscheidet, weil die Vorschrift des § 8c KStG keine verrechenbaren Verluste der Kommanditisten einer KG nach § 15a EStG erfasst. Die Auffassung der X-GmbH hatte vor dem FG zunächst Erfolg.

Der BFH hat nun die Revision des FA als unbegründet zurückgewiesen und schließt sich der Auffassung des FG an. Begründet wird dies damit, dass der vorgenommenen Kürzung des verrechenbaren Verlustes der X-GmbH die Rechtsgrundlage fehlt. Denn  § 8c KStG ist bereits nach seinem Wortlaut nicht auf verrechenbare Verluste gemäß § 15a Abs. 4 EStG, die einer Kapitalgesellschaft als Mitunternehmerin einer KG zugerechnet werden, anwendbar. Bei den betroffenen Verlusten handelt es sich weder um Verluste einer Körperschaft, noch um nicht genutzte Verluste i.S.d. § 8c KStG, da die Verluste durch § 15a EStG einer Verwertungssperre unterliegen und nur der Mitunternehmerschaft der X-GmbH zuzuordnen sind. Dies gilt selbst dann, wenn der Wortlaut des § 8c Abs. 1 KStG als weit gefasst zu verstehen ist. Denn es handelt sich bei den streitigen verrechenbaren Verlusten um vor dem schädlichen Beteiligungserwerb entstandene (nicht nutzbare) Verluste der B-KG, nicht hingegen der X-GmbH. Der Anwendungsbereich des § 8c KStG konnte damit nicht eröffnet sein.

Entgegen der Auffassung des FA führt das dargelegte Normverständnis auch nicht zu einer ungerechtfertigten Besserstellung von Verlusten nach § 15a EStG gegenüber solchen, die nicht der Verrechnungsbeschränkung unterliegen, sondern zu einer sachgerechten Berücksichtigung der Tatsache, dass es sich um Verluste der KG handelt, die gemäß § 15a EStG einer Verwertungssperre unterliegen. In Anbetracht der bestehenden Verwertungssperre ist ebenfalls nicht ersichtlich, dass "§ 15a-Verluste" für einen Anteilserwerber regelmäßig einen wirtschaftlichen Wert haben und damit ein Anreiz für einen entsprechenden "Verlusthandel" besteht. 

Die Bestätigung des FG-Urteils ist zu begrüßen, folgt diese doch der h.M. im Schrifttum. Infolge dieses Urteils bleibt nun abzuwarten, ob das BMF mit einer Anpassung der BMF-Schreiben zur § 8c KStG reagiert. Im größeren Kontext ist zudem weiterhin von Bedeutung, wie das BVerfG im anhängigen Verfahren (2 BvL 19/17) zur etwaigen Verfassungswidrigkeit des § 8c KStG entscheiden wird.
​​

 Weitere veröffentlichte Entscheidungen des BFH vom 6. Juni 2024

​Akten​zeichen​ ​​Entscheidungs-​
datum
​​Stichwort
​ I R 29/21
​28. Februar 2024
Ansatzvoraussetzungen für eine Pensionsrückstellung und Vorliegen einer vGA
 ​VII R 34/22


​16. Januar 2024
Nutzungspflicht des beA für eine Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
IX S 16/24
15. Mai 2024
​Fortwirkung der Erklärung auf Verzicht einer mündlichen Verhandlung
VII R 26/22
​15. Mai 2024
​Revisionseinlegung per Telefax durch eine Behörde
VII B 5/23
8. Mai 2024
​Besetzung des Prüfungsausschusses in der Steuerberaterprüfung
VIII B 3/23
21. Mai 2024
Darlegung der Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage
X B 61/23
​17. April 2024
Sachaufklärungsmangel durch Übergehen eines erheblichen Beweisantrags



Aus dem Newsletter

 


 Early Tax Birds​​

Kontakt

Contact Person Picture

Prof. Dr. Florian Haase, M.I.Tax

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Steuerberater

Partner, Niederlassungsleiter

+49 40 2292 975 20

Anfrage senden

Profil

Contact Person Picture

Philip Nürnberg

Dipl. Finanzwirt (FH), Master of International Taxation (M.I.Tax), Steuerberater

Associate Partner

+ 49 40 2292 975 17

Anfrage senden

Profil

​​Haben Sie Fragen oder Anregungen? Schreiben Sie uns.

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu