Early Tax Birds 12/2024: Entwurf der Überarbeitung der Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise 2023

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​Ausgabe 12/2024 (12. – 18. August 2024)
​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 19. August 2024 | Lesedauer ca. 5 Minuten

​Liebe Leserinnen und Leser,​

das Bundesfinanzministerium hat in Deutschland viele Aufgaben. Aber ob jede von diesen die Wirtschaft voranbringt? Unter anderem bringt das BMF jeden (!) Monat Sammlerbriefmarken (Behördenjargon: Sonderpostwertzeichen) heraus. Die Sammlerbriefmarken aus August 2024 dokumentieren eine besonders beeindruckende Vielfalt: vom 150. Geburtstag des Chemie-Nobelpreisträgers Carl Bosch über schützenswerte Reptilien (z.B. Smaragdeidechse) bis hin zum Superhelden und MARVEL-Charakter Hulk. Alles schön und gut, nichts gegen Hulk – zumal Superkräfte zuweilen auch im immer komplexer werdenden Steuerrecht guttun würden. Aber wäre es nicht doch sinnvoller, freiwerdende Planstellen für das Bundeszentralamt für Steuern und die Bearbeitung z.B. von Quellensteuererstattungsanträgen zu verwenden? Bilden Sie sich gerne Ihre eigene Meinung.​

Im Übrigen gilt wie immer: Wenn Ihnen unser Newsletter gefällt, abonnieren Sie ihn oder em​pfehlen​​ Sie ihn weiter. Wenn er Ihnen nicht gefällt, sagen Sie es besser nur uns. Wir freuen uns über jede Kritik, Anregung und natürlich auch über Lob an earlytaxbirds@roedl.com.​​

Beste Grüße
Prof. Dr. Florian Haase und das Redaktionsteam​​


Neues aus der Finanzverwaltung 

  
Überarbeitung der Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise 2023 hinsichtlich konzerninterner finanzierungsbeziehungen

Am 15. August 2024 wurde der Entwurf zur Überarbeitung der Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise 2023 vom 6. Juni 2023 hinsichtlich der Finanzierungsbeziehungen​ durch das BMF veröffentlicht. Derzeit läuft die Stellungnahmefrist, welche am 6. September 2024 endet und in der die Verbände die Möglichkeit haben, sich zu den wesentlichen Aspekten der geplanten Änderungen zu äußern. Die Überarbeitung betrifft vor allem das Kapitel III J. der VWG VP zu den konzerninternen Finanzierungsbeziehungen. Grund für die Überarbeitung ist die Neufassung des § 1 Abs. 3d und 3e AStG.
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Änderung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung (AEAO)

Der AEAO zu § 31b, § 46, § 52, § 80 sowie § 165 wurde mit BMF-Schreiben vom 6. August 2024​ angepasst. Betreffend die Mitteilungen zur Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung wird in den AEAO neu aufgenommen, dass zu den in § 31b Abs. 1 AO genannten Fällen auch die Vorbereitung oder Durchführung einer richterlichen Einziehungsanordnung nach § 76a StGB, die im Zusammenhang mit Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung steht, zählt. Eine Offenbarung an die Strafverfolgungsbehörden sei in diesen Fällen zulässig. Zu § 46 AO zur Abtretung, Verpfändung oder Pfändung wird eine neue Nr. 8 ergänzt. Danach verpflichten Zahlungsanweisungen die Finanzbehörden nicht, an den Anweisungsempfänger zu zahlen. Eine Erstattung ist nur auf das eigene Konto des Steuerpflichtigen möglich. In den Ausführungen zu § 52 AO werden lediglich betragsmäßige Anpassungen vorgenommen. Zudem wird in den AEAO zu § 80 AO aufgenommen, dass ein Bevollmächtigter neben dem Empfang von Erstattungen und Vergütungen auch zur Aufrechnung berechtigt ist. Die Nummern 4 und 5 zum AEAO zu § 165 werden dahingehend ergänzt, dass ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (Aussetzung der Vollziehung oder einstweilige Anordnung) für einen Vorläufigkeitsvermerk nach § 165 AO nicht ausreicht.
 

Anwendung des Nullsteuersatzes für Steckersolargeräte (§ 12 Abs. 3 UStG)

Mit Schreiben vom 15. August 2024 hat das BMF den Abschnitt 12.18 Abs. 7 Satz 3 UStAE geändert. Grund dafür ist, dass durch das Gesetz zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und weiterer energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften zur Steigerung des Ausbaus photovoltaischer Energieerzeugung vom 8. Mai 2024​ mit Wirkung zum 16. Mai 2024 die zulässige maximale Einspeiseleistung für Steckersolargeräte von 600 auf 800 Voltampere angehoben wurde. Das BMF-Schreiben ist für alle Umsätze ab dem 16. Mai 2024 anzuwenden.

Informationen zur Wirtschafts-Identifikationsnummer (BZSt)

Am 12. August 2024 hat das BZSt Informationen zur Wirtschafts-Identifikationsnummer (W-IdNr.) sowie FAQs​ veröffentlicht. Ab November 2024 wird ohne Antragstellung jedem wirtschaftlich Tätigen durch das BZSt zur eindeutigen Identifizierung eine W-IdNr. zugeteilt. Diese dient als einheitliches und dauerhaftes Identifizierungsmerkmal, sodass elektronische Datenverarbeitungen registerübergreifend verbessert werden sollen. Das BZSt geht dabei in den veröffentlichten Informationen genauer auf den Aufbau sowie die Vergabe der W-IdNr. und auf die Abrenzung zu anderen Identifikationsnummern, wie z. B. der Steuernummer, USt-IdNr. oder bundeseinheitlichen Wirtschaftsnummer ein.
   
Neuigkeiten von der EU, der OECD und der UNO

  
Fortschreiten der Arbeiten zum UN-Rahmenübereinkommen zur internationalen Zusammenarbeit im Steuerbereich

Wie in Ausgabe 03/2024​​​ unseres Newsletters bereits berichtet, soll das beabsichtigte UN-Rahmenübereinkommen über die internationale Zusammenarbeit im Steuerbereich nach Auffassung der UN die Grundprinzipien festlegen, die die volle Einbeziehung und Wirksamkeit der internationalen Steuerzusammenarbeit gewährleisten. Vom 29. Juli bis 16. August 2024 tagte nun das Ad-Hoc-Komitee im Rahmen seiner zweiten Sitzung in New York, um weiter an den Eckpfeilern dieses Rahmenübereinkommens zu arbeiten. Da keine Einigkeit erzielt werden konnte, musste über den neuen Entwurf abgestimmt werden. Er wurde in der nachstehend berichteten Fassung verabschiedet.

Das Wichtigste zusammengefasst (das Originaldokument finden Sie hier​): Das festgelegte Arbeitsprogramm wird sich bis zum Jahr 2027 hinziehen (schon aus Kapazitätsgründen). Es wird eine breite Vielfalt an Themen abgearbeitet, von der Besteuerung der digitalen Wirtschaft über die internationale Streitbeilegung in Steuersachen, die internationale Steuerflucht und den internationalen Informationsaustausch bis hin zu Nachhaltigkeitsaspekten. Allerdings soll das Rahmenübereinkommen technisch aus dem Rahmenübereinkommen und sog. Protokollen zu bestimmten Sachthemen bestehen. Nach dem derzeitigen Stand müssen allerdings nicht alle Protokolle von den beitretenden Staaten akzeptiert bzw. gezeichnet werden. Dies klingt ein wenig nach dem Optionsmodell des Multilateralen Instruments der OECD, das die Wirksamkeit des Steuerabkommens ganz erheblich geschmälert hat. Möglicherweise ist die UNO dann doch gleich zu Beginn in der Realität des Multilateralismus angekommen. Bei einer erheblich größeren Zahl von Staaten wird der Flickenteppich an gezeichneten und nicht gezeichneten Regelungen allerdings noch ungleich größer werden. Über die weiteren Entwicklungen werden wir Sie selbstverständlich unterrichten.
  
    
​​Aktuelle Rechtsprechung​​​

  
Vororganschaftlich verursachte Mehrabführungen als fiktive Gewinnausschüttungen

Der BFH hatte in unserem Urteil der Woche vom 10. April 2024, I R 16/23 (I R 36/13) darüber zu entscheiden, ob für vororganschaftlich verursachte Mehrabführungen, die nach § 14 Abs. 3 KStG 2002 i.d.F. des Richtlinien-Umsetzungsgesetzes vom 9. Dezember 2004 (KStG a.F.) als Gewinnausschüttungen der Organgesellschaft an den Organträger gelten, die Ausschüttungsbelastung nach § 38 Abs. 2 KStG a.F. herzustellen sei. Die Klägerin schloss mit einem verbundenen Unternehmen am 25. Oktober 2002​ einen Ergebnisabführungsvertrag mit Wirkung ab dem 1. Januar 2002 ab. Die fünfjährige Mindestlaufzeit endete am 31. Dezember 2006. Die handelsbilanziellen Ergebnisse der Streitjahre überstiegen die steuerbilanziellen Ergebnisse. Die handelsbilanziellen Mehrergebnisse und die handelsbilanziellen Minderergebnisse glichen sich in den Streitjahren jeweils aus. Dies führte dazu, dass sich der an das verbundene Unternehmen abgeführte Gewinn und der Gewinn in der Steuerbilanz betragsmäßig nicht unterschieden. Das Finanzamt behandelte die Mehrabführungen als Gewinnausschüttungen i.S.d. § 14 Abs. 3 KStG a.F. und stellte dementsprechend bei der Klägerin die körperschaftsteuerliche Ausschüttungsbelastung gemäß § 38 KStG a.F. her, welche zu einer Körperschaftsteuererhöhung führte.

Das FG Düsseldorf wies die dagegen gerichtete Klage mit Urteil vom 15. April 2013 ab. Die Klägerin legte Revision ein. Der BFH hatte das Verfahren dem BVerfG hinsichtlich der Frage vorgelegt, ob § 34 Abs. 9 Nr. 4 i.V.m. § 14 Abs. 3 Satz 1 KStG a.F. aufgrund des verfassungsrechtlichen Rückwirkungsverbots verfassungswidrig sei​. Das BVerfG stellte fest, dass § 34 Abs. 9 Nr. 4 i.V.m. § 14 Abs. 3 Satz 1 KStG a.F. in bestimmten Sachverhaltskonstellationen gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes (Art. 20 Abs. 3 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG) verstößt, und erklärte die Vorschrift teilweise für nichtig. Der Streitfall fällt jedoch nicht unter die Nichtigkeitserklärung des BVerfG. Die Nichtigkeit liegt laut BVerfG nur vor, wenn die Mehrabführungen der Organgesellschaft an ihren Organträger, aufgrund eines zwischen dem 5. März 2003 und dem 13. August 2004 abgeschlossenen Ergebnisabführungsvertrags vor dem 1. Januar 2007 erfolgen oder bei einem vor dem 5. März 2003 abgeschlossenen Ergebnisabführungsvertrag eine Kündigung spätestens zum 31. Dezember 2003 oder nach dem 4. März 2003 zum 31. Dezember 2004 zugelassen wäre. 

Die Klägerin hat den Ergebnisabführungsvertrag vor dem 5. März 2003 abgeschlossen, sodass nach dem BVerfG keine vertrauensschutzwürdige Konstellation vorliegt. Aufgrund der fünfjährigen Mindestlaufzeit des Vertrages bis zum 31. Dezember 2006 war eine Kündigung im Streitfall nicht möglich. Die streitgegenständlichen vororganschaftlichen Mehrabführungen gelten daher gem. § 14 Abs. 3 Satz 1 KStG a.F. als Gewinnausschüttungen und stellen in dieser Höhe Leistungen i.S.d. § 38 Abs. 1 Satz 3 KStG a.F. mit der Folge entsprechender Körperschaftsteuererhöhungen dar. Die vororganschaftlich verursachte Mehrabführungen sind als rein rechnerische Differenzbeträge zu verstehen. Daher ist eine solche Mehrabführung der Höhe nach nicht auf den Betrag des handelsbilanziellen Jahresüberschusses begrenzt, den die Organgesellschaft tatsächlich an den Organträger abgeführt hat. Sie kann auch nicht durch Saldierung mit weiteren vororganschaftlichen und/oder organschaftlichen Mehr- und Minderabführungen dem Betrag nach begrenzt werden. Indem die Mehrabführungen durch § 14 Abs. 3 Satz 1 KStG a.F. als Gewinnausschüttungen fingiert werden, handelt es sich zugleich um entsprechende Leistungen im Sinne des § 38 Abs. 1 Satz 3 KStG a.F., die die in § 38 Abs. 2 KStG a.F. angeordnete Körperschaftsteuererhöhung auslösen. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des FG Düsseldorf vom 15. April 2013 wird als unbegründet zurückgewiesen. Die Rechtsprechung zur sog. geschäftsvorfallbezogenen Betrachtungsweise wird damit bestätigt.


 Weitere veröffentlichte Entscheidungen des BFH

​Akten​zeichen​ ​​Entscheidungs-​
datum
​​Stichwort
IX R 38/21​
​16. April 2024
Zeitpunkt der Berücksichtigung des Gewinns aus einem Wegzugsteuertatbestand gemäß § 6 AStG
 ​​IV B 1/24


​2. August 2024
Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 7 KraftStG
X B 9/24
2. August 2024
​Beschwerde gegen FG-Beschluss über einen Tatbestandsberichtigungsantrag; Fristenkontrolle durch Rechtsanwalt
​ XI S 19/23 (AdV)
​17. Juli 2024
​Zurechnung von Umsätzen in einem Bordell; ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit von Bescheiden während des Revisionsverfahrens
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