Häufig übersehene steuerliche Sperrfristen bei Umwandlungen

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 24. Oktober 2024 | Lesedauer ca. 6 Minuten

 

Das Umwandlungssteuergesetz (UmwStG) ermöglicht unter bestimmten Voraussetzungen steuerneutrale Umwandlungsvorgänge. Zur Missbrauchsvermeidung sieht das Gesetz gleichzeitig aber verschiedene Sperrfristreglungen vor, von denen manche häufig übersehen werden. Darunter fallen zum einen die Sperrfrist von fünf Jahren im Zusammenhang mit Aufspaltungen, Abspaltungen und sonstigen Vermögensübertragungen (§ 15 Abs. 2 UmwStG). Zum anderen wird bezogen auf die Gewerbesteuer oftmals die Sperrfrist von fünf Jahren bei einem Vermögensübergang auf eine Personengesellschaft sowie bei einem Formwechsel in eine Personengesellschaft (§ 18 Abs. 3 UmwStG) vernachlässigt. Gerade wenn nach der Umwandlung ein Verkauf beabsichtigt oder denkbar ist, sollten die steuerlichen Sperrfristen geprüft und eingehalten werden, um unerwünschte Steuerfolgen zu vermeiden.


Nachspaltungsveräußerungssperre des § 15 Abs. 2 UmwStG​

Für die Übertragung von Vermögen einer Körperschaft durch Aufspaltung oder Abspaltung auf andere Körperschaften (§ 15 UmwStG) oder eine Personengesellschaft (§ 16 UmwStG) besteht unter bestimmten Voraussetzungen und auf Antrag die Möglichkeit, diese zum Buchwert und damit steuerneutral durchzuführen. Hierbei ist jedoch eine fünfjährige Nachspaltungsveräußerungssperre zu beachten. Die Vorschrift wurde im Rahmen des Wachstumschancengesetz angepasst bzw. präzisiert (z.B. Aufnahme der „Vorbereitung der Veräußerung“ in Ergänzung zur Veräußerung mit Konkretisierung in § 15 Abs. 2 Satz 4 UmwStG, Definition der außenstehenden Dritten). Nach der neuen Fassung ist die Spaltung auf Ebene des übertragenden Rechtsträgers nicht steuerneutral möglich, wenn durch die Spaltung die Veräußerung an außenstehende Personen vollzogen oder vorbereitet wird (§ 15 Abs. 2 Satz 2 UmwStG). Von einer Vorbereitung der Veräußerung wird unwiderlegbar ausgegangen, wenn innerhalb von fünf Jahren nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag Anteile an einer an der Spaltung beteiligten Körperschaft (bzw. Personengesellschaft im Fall von § 16 UmwStG), die mehr als 20 % der vor Wirksamwerden der Spaltung an der Körperschaft bestehenden Anteile ausmachen, veräußert werden.


Der Hintergrund und die Auswirkungen der sog. Nachspaltungsveräußerungssperre des § 15 Abs. 2 Satz 2 bis 7 UmwStG sollen anhand des nachfolgenden Fallbeispiels dargestellt werden:

Die A GmbH spaltet einen Teilbetrieb auf die neu zu gründende B GmbH ab. Im Gegenzug hierfür erhält der Gesellschafter X der A GmbH Anteile an der B GmbH. Bei der A GmbH verbleibt nach der Abspaltung noch ein Teilbetrieb. Drei Jahre später verkauft X die Anteile an der B GmbH an einen fremden Dritten.


Hintergrund der Sperrfristvorschrift des § 15 Abs. 2 UmwStG​

Für den Fall, dass die A GmbH einen Teilbetrieb verkauft, würde der Gewinn aus der Veräußerung auf Ebene der A GmbH der Körperschaftsteuer zzgl. SolZ und Gewerbesteuer (Steuerbelastung ca. 30%) unterliegen. Bei einer Ausschüttung des Veräußerungserlöses nach Steuern an X würde die Ausschüttung bei X zudem der Abgeltungssteuer zzgl. SolZ (Steuerbelastung ca. 26,4%) unterliegen. Demgegenüber wäre der bei einer Veräußerung der Anteile an der B GmbH entstehende Gewinn steuerlich privilegiert. Im Fall von X als Anteilseigner würde das Teileinkünfteverfahren zur Anwendung kommen (Steuerbelastung ca. 28,5% im Spitzensteuersatz). Mit der Nachspaltungsveräußerungssperre des § 15 Abs. 2 Satz 2 bis 7 UmwStG will der Gesetzgeber somit verhindern, dass die Besteuerung einer Teilbetriebsveräußerung durch die über-tragende Körperschaft (hier A GmbH) mittels steuerneutraler Spaltung und anschließender Veräußerung der Anteile an der übernehmenden Körperschaft (hier B GmbH) umgangen wird.

Ursprüngliche Abspaltung​

Auf die Abspaltung sind die Regelungen zur Verschmelzung (§§ 11 ff. UmwStG) gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 UmwStG anwendbar. Die Regelungen zur Vermeidung der Gewinnrealisierung (insb. § 11 Abs. 2 UmwStG) sind jedoch gem. § 15 Abs. 1 Satz 2 UmwStG nur anwendbar, wenn auf die B GmbH ein Teilbetrieb übergeht und bei der A GmbH ein Teilbetrieb verbleibt. Dies ist vorliegend erfüllt. Unter den weiteren Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 UmwStG kann die Abspaltung auf Antrag somit steuerneutral zu Buchwerten erfolgen. Gleichzeitig löst die Abspaltung aber eine fünfjährige Nachspaltungsveräußerungssperre aus.


Folgen aus dem Verkauf drei Jahre später​

Der Verkauf der Anteile an der B GmbH durch X innerhalb des Zeitraums von fünf Jahren nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag führt zu einer Sperrfristverletzung (§ 15 Abs. 2 Satz 2 UmwStG). Durch die Sperrfristverletzung kommt es zu einer rückwirkenden Besteuerung der stillen Reserven aus der Übertragung des Teilbetriebs auf die B GmbH mit Körperschaftsteuer zzgl. SolZ und Gewerbesteuer. 

Gleiches gilt, wenn eine Veräußerung an außenstehende Personen vorbereitet wird. Dies ist dann der Fall, wenn es innerhalb von fünf Jahren nach der Spaltung tatsächlich zu einer Veräußerung mindestens eines Anteils an einer an der Spaltung beteiligten Körperschaft kommt (§ 15 Abs. 2 Satz 4 UmwStG). Merkmale für eine solche Vorbereitung liegen laut Gesetzesbegründung vor, wenn zum Zeitpunkt der Spaltung bereits konkrete Veräußerungsabsichten bestehen oder solche nicht nur hypothetisch in Betracht gezogen werden. Der Gesetzgeber geht hierbei unwiderlegbar davon aus, dass durch die Spaltung eine Veräußerung vorbereitet wurde, wenn innerhalb der Fünfkahresfrist Anteile an einer an der Spaltung beteiligten Körperschaft, die mehr als 20 Prozent des Wertes der Anteile an der übertragenden Körperschaft am steuerlichen Übertragungsstichtag ausmachen, an außenstehende Personen veräußert werden (§ 15 Abs. 2 Satz 5 UmwStG). 

Bei etwaigen Umstrukturierungen sollte somit nicht allein auf den Zeitpunkt der Umstrukturierung abgestellt werden. Auch etwaige Planungen bzw. Ziele der Umstrukturierung sollten berücksichtigt werden, um potenzielle Steuerfolgen abschätzen zu können.

(Gewerbe-)Steuerliche Sperrfrist des § 18 Abs. 3 UmwStG​

Wird eine Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft verschmolzen (§§ 3 bis 8 UmwStG), eine Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft formgewechselt (§ 9 UmwStG) oder Vermögen einer Kapitalgesellschaft durch Aufspaltung oder Abspaltung übertragen (§ 16 UmwStG) unterliegt ein ggf. entstehender Übernahmegewinn oder -verlust nach § 18 Abs. 2 UmwStG nicht der Gewerbesteuer. Wird allerdings der Betrieb der Personengesellschaft innerhalb von fünf Jahren nach der Umwandlung aufgegeben oder veräußert, unter-liegt der Aufgabe- oder Veräußerungsgewinn nach § 18 Abs. 3 Satz 1 UmwStG der Gewerbesteuer. Gleiches gilt nach § 18 Abs. 3 Satz 2 UmwStG auch dann, wenn nur ein Teilbetrieb oder ein Anteil an der Personengesellschaft aufgegeben oder veräußert wird. § 18 Abs. 3 UmwStG begründet somit eine eigene Gewerbesteuerpflicht.

Der Hintergrund und die Auswirkungen der Haltefrist des § 18 Abs. 3 UmwStG sollen anhand des nachfolgenden Fallbeispiels dargestellt werden:

Die natürliche Person X ist Alleingesellschafter der X GmbH. Die X GmbH wird nach den Vorschriften der § 9 UmwStG i.V.m. §§ 3 bis 8 UmwStG in die X GmbH & Co. KG formgewechselt. Stille Reserven im Betriebsvermögen gehen somit von der X GmbH auf die X GmbH & Co. KG über. Drei Jahre später verkauft X die Anteile an der X GmbH & Co. KG an fremde Dritte.




​Hintergrund der Sperrfristvorschrift des § 18 Abs. 3 UmwStG

Für den Fall, dass die X GmbH ihren Betrieb oder einen Teilbetrieb verkauft, würde der Gewinn aus der Veräußerung der Gewerbesteuer unterliegen (H 7.1 (4) GewStR). Demgegenüber würde der bei einer Veräußerung des Betriebs der X GmbH & Co. KG durch X entstehende Veräußerungsgewinn nicht der Gewerbesteuer unterliegen (§ 7 Satz 2 GewStG). Ohne eine Sperrfrist könnte durch einen (weitgehend steuerneutralen) Formwechsel somit ein Aufgabe- bzw. Veräußerungsgewinn bei einer Kapitalgesellschaft der Gewerbesteuer entzogen werden. Um diese Gestaltungsmöglichkeit zu vermeiden, sieht § 18 Abs. 3 UmwStG eine fünfjährige Sperrfrist nach der Umwandlung vor.

Ursprünglicher Formwechsel​

Der Formwechsel erfolgt auf Ebene der X GmbH unter den Voraussetzungen des § 9 UmwStG i.V.m. § 3 Abs. 2 UmwStG und auf Antrag steuerneutral zu Buchwerten. Dies gilt grundsätzlich auch für die Gewerbesteuer (§ 18 Abs. 1 Satz 1 UmwStG). Jedoch ist künftig bezogen auf die Gewerbesteuer die Behaltensfrist nach § 18 Abs. 3 UmwStG von fünf Jahren (Zeitjahre) zu beachten.


Folgen aus dem Verkauf drei Jahre später​

Der Sondertatbestand des § 18 Abs. 3 Satz 1 UmwStG führt nunmehr dazu, dass im Zeit-punkt des Verkaufs drei Jahre nach der Umwandlung der Veräußerungsgewinn der Gewerbesteuer unterliegt. Eine Rückwirkung auf den Zeitpunkt des ursprünglichen Formwechsels findet nicht statt. Auch erfolgt keine ratierliche Abschmelzung des gewerbesteuerpflichtigen Betrags in Abhängigkeit der abgelaufenen Jahre (wie dies beispiels-weise nach § 22 Abs. 1 Satz 3 UmwStG der Fall ist). Vielmehr ist der Gewinn im Zeitpunkt des Verkaufs auf Ebene der X GmbH & Co. KG voll gewerbesteuerpflichtig. 

Wurde im Zuge der Umwandlung oder nach der Umwandlung neues Betriebsvermögen von der X GmbH & Co. KG gebildet, unterliegen die stillen Reserven in diesen Wirtschaftsgütern nach neuster BFH-Rechtsprechung (BFH-Urteil vom 14.3.2024 – IV R 20/21, BFH/NH 2024, 863) nicht der Besteuerung nach § 18 Abs. 3 UmwStG. Im Widerspruch dazu steht jedoch die Auffassung der Finanzverwaltung, wonach dieses sog. neu gebildete Betriebsvermögen ebenfalls zu berücksichtigen ist (BMF-Schreiben vom 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314, Rn. 18.09). Es bleibt abzuwarten, ob die Finanzverwaltung den aktuellen Entwurf des UmwStE diesbezüglich noch an die Rechtsprechung angepasst oder weiter an ihrer Auffassung festhalten wird.


Bereits im Vorfeld zu Umwandlungen, die eine Sperrfrist nach § 18 Abs. 3 UmwStG auslösen, sollten etwaige steuerliche Risiken berücksichtigt werden. Im Rahmen der Umwandlungsdokumentation sollte beispielsweise geprüft werden, ob Steuerklauseln gewünscht sind, die einen sperrfristauslösenden Vorgang verbieten oder – für den Fall der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils – den veräußernden Mitunternehmer zur Begleichung der resultierenden Gewerbesteuer verpflichten.


​Fazit

Im Kontext von Transaktionen ist es unerlässlich, steuerliche Sperrfristen im Auge zu behalten. Häufig verfolgen bereits bestimmte Umwandlungen, wie Abspaltungen und Aufspaltungen, den Zweck, Teile von Unternehmen auszulagern und zu veräußern. Ohne Beachtung der Nachspaltungsveräußerungssperre des § 15 Abs. 2 UmwStG kann dies erhebliche steuerliche Folgen haben. Gleiches gilt in Bezug auf die Gewerbesteuer, für die die gesonderte Sperrfrist nach § 18 Abs. 3 UmwStG zu berücksichtigen ist und bei deren Nichtbeachtung eine grundsätzlich nicht gewerbesteuerbare Veräußerung gewerbesteuerpflichtig wird.

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