M&A Vocabulary – Experten verstehen: „Permitted Leakage”

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​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 24. Oktober 2024 | Lesedauer ca. 3 Minuten

 

​​​​In dieser Fortsetzungsreihe stellen Ihnen wechselnde M&A-Experten der weltweiten Niederlassungen von Rödl & Partner jeweils einen wichtigen Begriff aus der englischen Fachsprache des Transaktionsgeschäfts vor, verbunden mit Anmerkungen zur Verwendung. Hierbei geht es nicht um wissenschaftlich-juristische Exaktheit, linguistische Feinheiten oder erschöpfende Darstellung, sondern darum, das Grundverständnis eines Terminus zu vermitteln bzw. aufzufrischen und einige nützliche Hinweise aus der Beratungspraxis zu geben.


Als Permitted Leakage (zulässiger Wertabfluss oder auch erlaubter Liquiditätsabfluss) werden in Unternehmenskaufverträgen spezifisch vereinbarte Maßnahmen bezeichnet, welche ausnahmsweise zu einem Mittelabfluss aus der Zielgesellschaft führen dürfen. Dies betrifft Wertabflüsse in einem Stadium, in welchem der Käufer zwar bereits das wirtschaftliche Risiko der Zielgesellschaft trägt, rechtlich aber noch der Verkäufer Inhaber der Zielgesellschaft ist und damit diese lenken kann. Da die Folgen eines Wertabflusses in diesem Stadium im Ergebnis jedoch den Käufer treffen, ist es für diesen essenziell, dass nur solche Wertabflüsse zulässig sind (sog. Permitted Leakage), welche er bei der Ermittlung des Unternehmenskaufpreises berücksichtigt hat.

Hintergrund einer wirtschaftlichen Risikotragung des Käufers ohne seine rechtliche Inhaberschaft der Zielgesellschaft ist der Zeitpunkt, auf welchen der Käufer den Kaufpreis berechnet hat und dieser ermittelt wird. Denn bei Unternehmenstransaktionen kann die Kaufpreisfindung an unterschiedliche Zeitpunkte anknüpfen. 

Zum einen kann der Kaufpreis anhand einer exakten Bestimmung des Unternehmenswertes zum Zeitpunkt des dinglichen Vollzugs (sog. Closing), also zum Zeitpunkt des rechtlichen Eigentumsüberganges, auf den Käufer erfolgen. Hierbei decken sich der wirtschaftliche Stichtag (sog. Effective Date), auf welchen der vom Käufer im Ergebnis zu zahlende Kaufpreis ermittelt wird, und der Vollzugszeitpunkt . Da der endgültige Kaufpreis auf den Vollzugszeitpunkt berechnet wird, ist es für die Kaufpreisermittlung des Käufers im Grundsatz unerheblich, ob vor dem Vollzugszeitpunkt Ausschüttungen an den Verkäufer oder sonstige Wertabflüsse aus der Zielgesellschaft erfolgen. Solche Wertabflüsse werden im Rahmen einer Kaufpreisanpassung auf den Vollzugszeitpunkt berücksichtigt. 

Zum anderen kann der Kaufpreis aber auch als Festkaufpreis bereits zum Zeitpunkt der Kaufvertragsunterzeichnung (sog. Signing) fest vereinbart werden. In diesen Fällen berechnet der Käufer den Festkaufpreis auf Basis der Unternehmenskennzahlen zu einem bestimmten wirtschaftlichen Stichtag (sog. Effective Date) in der Vergangenheit (sog. Locked Box Date). Häufig wird dabei der letzte Bilanzstichtag der Zielgesellschaft (sog. Locked-Box-Mechanismus) genutzt. 

Rechtlicher Inhaber der Zielgesellschaft wird der Käufer aber erst mit Vollzug des Unternehmenskaufvertrages, also zu einem Zeitpunkt, der mitunter weit nach dem Locked Box Date liegt. Durch die Vereinbarung des Festkaufpreises trägt der Käufer jedoch bereits seit dem Locked Box Date das wirtschaftliche Risiko und die Zielgesellschaft wird seit diesem Zeitpunkt durch den Verkäufer auf Rechnung des Käufers geführt. Der Käufer muss sich somit vertraglich vor Wertabflüssen außerhalb des üblichen Geschäftsganges (sog. Ordinary Course of Business) absichern, die er bei seiner Kaufpreisermittlung auf Basis vergangener Unternehmenskennzahlen nicht einberechnet hat. Würden etwa zwischen dem Lockes Box Date und dem Vollzugszeitpunkt Gewinnausschüttungen an den Verkäufer, diesem nahestehende Personen oder verbundene Unternehmen erfolgen, wäre dies für den Käufer wirtschaftlich eine einseitige Erhöhung des Kaufpreises ohne seine Möglichkeit auf Einflussnahme. Solche unzulässigen Wertabflüsse können dabei vielgestaltig ausfallen, etwa durch Gewährung von Transaktionsboni oder Zahlung von Transaktionskosten durch die Zielgesellschaft, durch Übernahme von Garantien oder Bürgschaften gegenüber dem Verkäufer oder durch Verträge zwischen der Zielgesellschaft und dem Verkäufer sowie mit diesen verbundene Unternehmen, die einem Drittvergleich (sog. At Arm’s Length-Prinzip) nicht standhalten. 

Um sich bei der Vereinbarung eines Festkaufpreises auf Basis historischer Unternehmenskennzahlen gegen ungeplante Wertabflüsse außerhalb des üblichen Geschäftsganges abzusichern, muss der Unternehmenskaufvertrag daher zum einen eine Garantie für die Zeit zwischen dem wirtschaftlichen Stichtag und dem Unterzeichnungstag enthalten, mit welcher der Verkäufer zusichert, dass keine Wertabflüsse in diesem Zeitraum stattgefunden haben, die nicht im Rahmen des üblichen Geschäftsganges erfolgt sind oder konkret benannt sind (sog. No-Leakage-Garantie). Zum anderen ist eine sog. No-Leakage-Klausel erforderlich, die Wertabflüsse zwischen dem Unterzeichnungstag und dem Vollzugszeitpunkt untersagt. Es handelt sich hierbei um eine Verhaltenspflicht des Verkäufers (sog. Covenant), dass keine Mittelabflüsse außerhalb des üblichen Geschäftsgangs erfolgen, sofern diese nicht ausnahmsweise als Permitted Leakage erlaubt sind. 

Für den Käufer ist somit wichtig, dass nur solche Positionen als Permitted Leakage aufgenommen werden, welche er bei seiner Kaufpreiskalkulation berücksichtigt hat. Zudem sind diese Positionen zur späteren Streitvermeidung genau zu definieren, insbesondere nach Art und Gegenstand, Höhe und Zeitpunkt des Mittelabflusses. 

Der Verkäufer sollte beachten, dass ein Verstoß gegen die No-Leakage-Klausel in Abhängigkeit der konkreten vertraglichen Ausgestaltung zu Schadensersatz bzw. Freistellungsverpflichtungen führen kann. Mitunter wird auch zur Absicherung des Käufers vereinbart, dass unzulässige Mittelabflüsse, von welchen der Käufer vor dem Vollzugszeitpunkt erfährt, diesen zu einer Herabsetzung des Kaufpreises in Höhe des unzulässigen Wertabflusses berechtigen.

Zusammengefasst wird unter Permitted Leakage ein ausnahmsweise zulässiger, im Unternehmenskaufvertrag spezifizierter Wertabfluss aus der Zielgesellschaft bezeichnet, der zu einem Zeitpunkt erfolgt, in welchem der Käufer zwar bereits das wirtschaftliche Risko der Zielgesellschaft trägt, mangels rechtlicher Inhaberschaft aber noch nicht die Geschicke der Zielgesellschaft lenken und bestimmen kann. Die Vereinbarung eines Permitted Leakage erfordert immer die Einbettung einer No-Leakage-Klausel, welche sonstige Mittelabflüsse außerhalb des üblichen Geschäftsgangs zwischen dem Unterzeichnungstag und dem Vollzugszeitpunkt untersagt.​

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