StaRUG – Der Lückenschluss

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Am 1. Januar ist das „Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unterneh­men” („StaRUG”) in Kraft getreten. Grundlage für die Umsetzung in nationales Recht ist eine EU-Richtlinie und gemessen an dieser Richtlinie wurde das Gesetz mit seinen über 100 Paragrafen sehr umfangreich und komplex gestaltet.

Gleichzeitig ist die Geschwindigkeit beachtlich, mit der das neue Gesetz umgesetzt wurde. Im September 2020 wurde der Referenten-Entwurf vorgestellt, rund vier Wochen später folgte der Regierungsentwurf, am 17. Dezember hat der Bundestag das Gesetz beschlossen und am 29. Dezember wurde es im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.

Fortentwicklung der Sanierungslandschaft

Die Meinungen zum Gesetz gehen dabei in der Fachwelt weit auseinander. Während oftmals aus dem Umfeld von Insolvenzverwaltern der Hinweis bzgl. erheblichen Änderungsbedarfs kam, da ihnen das Gesetz zu schuldnerfreundlich sei, scheinen vorinsolvenzliche Sanierungs- und Restrukturierungsexperten vom Gesetz angetan.

Unabhängig davon: Gerade vor dem Hintergrund der Folgen der Covid-19-Pandemie hat die Bundesregierung gezeigt, dass man keine Zeit verlieren möchte und den Restrukturierungsstandort Deutschland mit einem neuen Tool stärken will, insbesondere nachdem die Regelungen zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht für überschuldete Unternehmen zum 31. Dezember 2020 (teilweise) ausgelaufen sind bzw. nur noch im Kontext mit den sog. November- und Dezember-Hilfen weiter bestehen.

Auch wenn der zeitliche Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens stark von der Covid-19-Pandemie geprägt wurde, so betrifft das neue Gesetz alle Unternehmen, die sich in einer (drohenden) Krise befinden oder Restrukturierungsbedarf haben. Unternehmen, die keinen Insolvenzantrag stellen müssen, eröffnet der neue Rahmen eine Möglichkeit zur (finanziellen) Restrukturierung außerhalb eines Insolvenzverfahrens. Das Verfahren kann nur auf Antrag initiiert werden und der Schuldner behält zudem die Kontrolle des Verfahrens.

Lücke wird geschlossen

Das StaRUG schließt damit eine oftmals diskutierte Lücke zwischen der gerichtlichen Sanierung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens und der außergerichtlichen Sanierung. Gleichzeitig beendet es auch die konsens-basierte Sanierungskultur in der Deutschland.

Außerhalb eines Insolvenzverfahrens war für eine Restrukturierung in der Regel ein Konsens aller Beteiligten erforderlich. Nur im Rahmen eines Insolvenzverfahrens konnten bspw. die sog. Akkordstörer überstimmt werden. Das StaRUG liefert hier einen neuen Lösungsansatz, indem es außerhalb der Insolvenz einen Rahmen zur Verfügung stellt, in dem die Gläubiger mit einer qualifizierten Mehrheit von 75 Prozent der Stimm-rechte in den zu bildenden Gruppen einen Restrukturierungsplan beschließen können. Gleichzeitig können einzelne Gruppen überstimmt werden. Die nicht zustimmende Minderheit ist an die Ergebnisse und Wirkungen des gerichtlich bestätigten Plans gebunden.

Zudem kann bei einer Restrukturierung im Rahmen des StaRUG – unabhängig davon, ob einzelne Gruppen überstimmt wurden – Rechtssicherheit für alle Beteiligten erlangt werden, denn ein Restrukturierungsplan, sofern er vom Gericht bestätigt wurde, erlangt Anfechtungssicherheit. Der modulare Aufbau des Gesetzes ermöglicht aber auch eine Durchführung der Sanierung ohne Einschaltung eines Gerichts. 

Unabhängig von den vielfältigen Möglichkeiten des StaRUG muss bedacht werden, dass es sich im Wesentlichen um ein Instrument zur finanziellen Restrukturierung handelt. So kann z.B. im Rahmen einer Sanierung gemäß des StaRUG nicht in Arbeitnehmerrechte eingegriffen werden.


Fazit

Dem Restrukturierungsstandort Deutschland steht nun erstmals ein „teilkonsensuales” außerinsolvenzliches Restrukturierungsverfahren zur Verfügung. Die Lücke zwischen der konsensualen außergerichtlichen Sanierung einerseits und dem Insolvenzverfahren andererseits wurde geschlossen. Die neuen Gestaltungsmöglichkeiten sind komplex und anspruchsvoll. Um den Rahmen optimal nutzen zu können und um als Gläubiger und Geschäftspartner keine Überraschungen zu erleben, wird es erforderlich sein, sich frühzeitig mithilfe fachkundiger Berater mit den neuen Regelungen zu befassen und entsprechend vorzubereiten.

Auch wenn die Möglichkeiten zur operativen Restrukturierung äußerst limitiert sind, bringt das StaRUG aber für Finanzrestrukturierungen erhebliche Fortschritte. Insbesondere im Kontext der Restrukturierung von komplexen Finanzierungsstrukturen wird man den Hauptan-wendungsbereich sehen – unabhängig von der Unternehmensgröße.

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Lars Richter

Diplom-Wirtschaftsinformatiker, MBA

Partner | Business Recovery Services | Rödl Corporate Finance GmbH, Geschäftsführer

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