Kommunale Wärmewende – Wärmekonzessionen als essenzielle Basis

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​veröffentlicht am 2. September 2024

 


 

Der Wandel der deutschen Energielandschaft hin zu einer Net-Zero-Versorgung nimmt Fahrt auf. Besonders dynamisch vollzieht sich die Transformation der Wärmeversorgung. Hier wird der Einsatz von Erdgas sukzessive abnehmen – gleichzeitig gewinnen stromgetriebene Wärmepumpen, Wasserstoff und insbesondere Fernwärme erheblich an Bedeutung. Städte und Gemeinden stellen aktuell  bei der kommunalen Wärmeplanung die Weichen, wo welche Art der Versorgung zum Einsatz kommen soll. Im Zuge der anschließenden Umsetzung der kommunalen Festlegungen spielen Stadtwerke eine zentrale Rolle.

 

Um für diese Herausforderung optimal gerüstet zu sein, sollten sich kommunale Versorger frühzeitig positionieren: Wie soll der Auf- bzw. Ausbau der Wärmesparte erfolgen? Wie soll mit dem schwindenden Bedarf an Erdgas in den nächsten Jahren umgegangen werden? Wie kann sich das lokale Stadtwerk gegenüber großen überregionalen Wärmeanbietern behaupten?

 


Rechtliche Rahmenbedingungen im Wandel

Das Bundesklimaschutzgesetz (KSG) setzt ein klares Ziel: Bis 2045 muss die Wärmeversorgung von Gebäuden in Deutschland klimaneutral werden. Mehr als die Hälfte der in Deutschland verbrauchten Endenergie wird für die Bereitstellung von Wärme eingesetzt. Der Anteil Erneuerbarer Energien für die Versorgung von Haushalten liegt dabei nur bei etwa 20 Prozent (vgl. BT Drs. 20/8654, S. 1). Den Bedarf einer Dekarbonisierung der Wärmeerzeugung hat der Gesetzgeber klar erkannt.

 

Bei Effizienzvergleichen verschiedener Wärmeversorgungsoptionen stellt sich die leitungsgebundene Wärmeversorgung oft als effizienteste Option heraus. Der Ausbau der Fernwärme und die Dekarbonisierung der leitungsgebundenen Wärmeversorgung sind für eine Erreichung der Klimaschutzziele des Bundes von herausragender Bedeutung. Dass hier erheblicher Handlungsbedarf besteht, wird bereits dadurch klar, dass derzeit nur etwa 14 Prozent der Haushalte über Nah- oder Fernwärmelösungen versorgt werden.

 

Stadtwerke sollten diese enormen Ausbaupotenziale für sich nutzen und bereits jetzt prüfen, ob und in welchem Umfang der Ausbau der Wärmeversorgung als Alternative zum erwarteten starken Rückgang des künftigen Gasgeschäfts sinnvoll sein kann.

 

Das am 1.1.2024 in Kraft getretene Wärmeplanungsgesetz (WPG) verpflichtet im ersten Schritt Kommunen zur Erstellung einer kommunalen Wärmeplanung. Die kommunale Wärmeplanung bietet sowohl für Kommunen als auch für Stadtwerke den Anstoß, sich bereits jetzt aktiv mit der Wärmewende auseinanderzusetzen. Dies ist auch aufgrund der ambitionierten Ziele der Bundesregierung und der steigenden gesetzlichen Anforderungen unbedingt erforderlich.

 

Handlungsoptionen für Stadtwerke erkennen und nutzen

Zieht ein Stadtwerk in Betracht, das Geschäftsfeld Wärmeversorgung auf- bzw. auszubauen, sollte eine Kommunikation mit der jeweiligen Kommune stattfinden. Gerade wenn bereits Erfahrung im Wärmebereich aufseiten des Stadtwerks besteht, kann dessen Mitwirkung an der kommunalen Wärmeplanung zu einer erheblichen Verbesserung der Ergebnisse führen. Zudem haben Stadtwerke bereits hier die Möglichkeit, sich als vertrauter und zuverlässiger potenzieller Wärmenetzbetreiber und -versorger zu platzieren.

 

Nach Finalisierung der kommunalen Wärmeplanung stehen alle Beteiligten vor der zentralen Frage: Wer setzt die grobe Planung, in der bisher lediglich potenzielle Wärmenetzausbaugebiete ausgewiesen sind, nun in die Tat um? Gleichzeitig läuft für die Gebäudeeigentümer im Stadtgebiet auch die Umsetzungsfrist nach dem Gebäudeenergiegesetz (GEG). Müssen Heizungen nach Veröffentlichung der kommunalen Wärmeplanung ausgetauscht werden, so sind – nach Verstreichen der gesetzlich vorgesehenen Übergangsfristen - die Vorgaben des § 71 GEG grundsätzlich einzuhalten. Soll eine leitungsgebundene Wärmeversorgung aufgebaut werden, besteht also vor allem dann Zeitdruck, wenn bekannt ist, dass in dem überplanten Gebiet derzeit sehr alte Heizungsanlagen betrieben werden, die in den nächsten Jahren ausgetauscht werden müssen.

 

 

 

 

 

 

Gestattung der Wegenutzung als unverzichtbare Basis

Bevor über die Errichtung von Wärmeerzeugungsanlagen und die Versorgung von Haushalten nachgedacht werden kann, benötigt der potenzielle Wärmenetzbetreiber und -versorger in der Regel einen Wegenutzungsvertrag mit der Kommune als Inhaberin der Leitungs- und Wegerechte für öffentliche Straßen und Wege im Gemeindegebiet.


Jedenfalls bei kommunalen Eigenbetrieben ist die Frage der Nutzung der öffentlichen Straßen und Wege derzeit oftmals nicht explizit geregelt. Da die Vorgabe des § 46 Abs. 6 EnWG, nach der in den Sparten Strom und Gas die gesetzlichen Vorgaben zur Konzessionsvergabe für Eigenbetriebe entsprechend angewendet werden sollen - zumindest nach aktueller Rechtslage - im Wärmebereich nicht gilt, ist im Zuge des Wärmenetzauf- bzw. -ausbaus ein Wegenutzungsvertrag nicht zwingend erforderlich.  Ist das Stadtwerk dagegen eine eigenständige Gesellschaft, so ist für die Errichtung des Netzes ein Wegenutzungsvertrag essenziell.

 

Möchte die Kommune es ermöglichen, dass das lokale Stadtwerk die kommunale Wärmeplanung umsetzt oder gegebenenfalls sogar außerhalb der ausgewiesenen Wärmenetzausbaugebiete Inselnetze plant, ist der Abschluss eines Wegenutzungsvertrages für die öffentlichen Straßen und Wege in jedem Falle erforderlich. Da die Kommune auf dem Markt für Leitungs- und Wegerechte für öffentliche Straßen und Wege als marktbeherrschendes Unternehmen gilt, ist sie grundsätzlich zur diskriminierungsfreien Vergabe dieser Wegerechte verpflichtet.

 

Sucht die Kommune nach einem Akteur, der ein Wärmenetz im Stadtgebiet errichtet und betreibt, muss sie sich zunächst zwei Fragen stellen:

  1. Möchte ich Wettbewerb um den Wärmenetzbetrieb im Stadtgebiet ermöglichen?
  2. Welche Rechte und Pflichten sollen im Wegenutzungsvertrag geregelt werden?

 

Seit dem Urteil des BGHs vom 5.12.2023 (KZR 101/20) zum Fernwärmenetz Stuttgart besteht sowohl auf kommunaler Seite als auch aufseiten der Energieversorger erhebliche Unsicherheit über die rechtlichen Rahmenbedingungen von Wärmekonzessionen. Eine Festlegung des BGHs dazu, welche konkreten rechtlichen Vorgaben für die Vergabe von Wegenutzungsrechten bei Fernwärmenetzen gelten, ist leider nicht wie erhofft erfolgt. Der BGH stellte lediglich fest, dass die Landeshauptstadt Stuttgart kraft ihrer privatautonomen Entscheidungsfreiheit jedenfalls dazu berechtigt war, ein wettbewerbliches Auswahlverfahren für die Wärmekonzession zu starten. Ob sie auch verpflichtet war, ein transparentes und diskriminierungsfreies Auswahlverfahren durchzuführen, ließ er offen. In der Konsequenz bleibt es bei der Kernfrage, ob die betreffende Kommune freiwillig einen Wettbewerb initiieren möchte oder der Fokus - soweit rechtlich möglich - auf dem lokalen Stadtwerk liegen soll.

 

Ziel der Kommunen ist es häufig, ihr lokales Stadtwerk zu fördern und ihm die Möglichkeit zu geben, das Wärmenetz zu errichten und zu betreiben. Grund dafür ist in der Regel nicht nur die lokale Wertschöpfung, sondern auch die gute Erreichbarkeit für Kunden, das bereits vorhandene Vertrauen und eventuelle Einflussmöglichkeiten der Kommune auf das Stadtwerk als Wärmeversorger.

 

In diesem Fall bietet es sich für Stadtwerke an, zunächst die Inhouse-Fähigkeit zu prüfen und bei einer Bestätigung auf die Kommune zuzugehen. Die allgemeine Inhouse-Vergabe ermöglicht es einem öffentlichen Auftraggeber, Aufträge an eine von ihm kontrollierte Einheit ohne wettbewerbliches Vergabeverfahren zu vergeben. Die Prüfung der Voraussetzungen einer solchen Inhouse-Vergabe ist vom Einzelfall abhängig und sollte in jedem Fall sorgfältig vorgenommen werden.
 

Rechtlicher Rahmen der Vergabe von Gestattungsrechten für Wärmeleitungen

Besteht keine Inhouse-Fähigkeit, ist grundsätzlich eine Ausschreibung durchzuführen. Die Verfahrensvorgaben richten sich dabei vor allem danach, was im Wegenutzungsvertrag geregelt ist. Dabei ist zu unterscheiden zwischen Konzessionsverträgen, bei denen eine öffentliche Aufgabe auf den Wärmenetzbetreiber übertragen und regelmäßig eine Betriebspflicht auferlegt wird, und reinen Gestattungsverträgen, bei denen nur eine rein private Aufgabe übertragen und deshalb oft nur die reine Möglichkeit der Wegenutzung eingeräumt wird.

Die Erforderlichkeit der Vereinbarung einer Betriebspflicht hängt auch davon ab, ob für das beplante Gebiet ein Anschluss- und Benutzungszwang für die Kommune erlassen werden soll. Auch andere politische oder rechtliche Implikationen können dazu führen, dass eine Betriebspflicht vertraglich vereinbart werden soll. Ist dies der Fall, gelten regelmäßig die strengen Vorgaben des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) und der Konzessionsvergabeverordnung.

 

Bei der Festlegung der Auswahlkriterien für das Vergabeverfahren haben Kommunen unter Beachtung der jeweiligen Verfahrensvorgaben große Spielräume. Steht also fest, dass seitens der Kommune ein Vergabeverfahren bezüglich der Wärmekonzession angestoßen wird, und möchte ein Stadtwerk an dem Verfahren teilnehmen, so sollte seitens des Stadtwerks bereits frühzeitig mit der Vorbereitung begonnen werden. Hilfreich kann hier insbesondere eine vorgreifende Verprobung und sorgfältige Prüfung der eigenen Leistungsfähigkeit und weiterer möglicher Kriterien sein.

 

Sinnvoll kann an dieser Stelle auch die Suche nach möglichen Kooperationspartnern sein. Hier stehen den Stadtwerken zahlreiche Möglichkeiten offen. Gerade bei einem Neueinstieg in das Geschäftsfeld Wärme kann eine Kooperation mit einem erfahrenen Know-how-Partner nicht nur den Einstieg überhaupt ermöglichen, sondern auch die gemeinsame Position bei der Teilnahme an Ausschreibungen verbessern.

 

Fazit

Nach unserer aktuellen Einschätzung wird der Geschäftsbereich Wärme in den nächsten Jahren für Stadtwerke erheblich an Bedeutung gewinnen. Die Nutzung der hieraus resultierenden Chancen ist eine herausfordernde, aber lohnende Aufgabe. Stadtwerke, die sich frühzeitig positionieren und vorbereiten, können eine Schlüsselrolle in der zukünftigen Wärmeversorgung einnehmen.

 

Als erfahrener Partner im Energierecht unterstützen wir Sie mit unseren Experten aus den Bereichen Energiewirtschaftsrecht, Vergaberecht, Fördermittelrecht und bei betriebswirtschaftlichen Fragestellungen zum Aufbau von Wärmenetzen gern!


 



 

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