BGH: Bußgeldmindernde Wirkung bei eingerichtetem CMS

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​veröffentlicht am 26. Juli 2017

 

Eine Selbstanzeige wegen Tatentdeckung ist auch dann unwirksam, wenn ausländische Behörden die Tat entdecken. Der Sperrgrund gilt zeitlich schon ab Tatentdeckung, wenn bereits zu diesem Zeitpunkt die Gewährung von Rechtshilfe wahrscheinlich ist. Ein Compliance Management System (CMS) kann sich bei anschließenden Unternehmenssanktionen nach § 30 OWiG bußgeldreduzierend auswirken.

 

I. Sachverhalt

Dem Urteil des BGH (BGH 09.05.17, 1 StR 265/16) lag folgender Sachverhalt zugrunde:

 

Im Zusammenhang mit einem griechischen Bestechungskomplex um den Erwerb mehrerer Panzerhaubitzen eines deutschen Rüstungskonzerns erhielt der Angeklagte verdeckte Provisionszahlungen, sogenannte „Rückvergütungen”. Diese Zahlungen nebst daraus resultierenden Kapitalerträgen gab er in seiner späteren Einkommensteuererklärung nicht an. Zusätzlich hat der Angeklagte veranlasst, dass die Bestechungsgelder in der Buchführung des Rüstungskonzerns als gewinnmindernde Betriebsausgaben verbucht wurden.

 

Eine vom Betroffenen erstattete Selbstanzeige hat der BGH wegen Entdeckung der Tat durch griechische Behörden als unwirksam angesehen. Neben der strafrechtlichen Aburteilung des Angeklagten wurde der Rüstungskonzern mittels Geldbuße nach § 30 OWiG sanktioniert.

 

II. Entscheidungsgründe

 Zunächst bestätigt der BGH die Verurteilung des Angeklagten wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung. Der Rüstungskonzern hatte gezahlte Bestechungsgelder entgegen § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 10 EStG als Betriebsausgaben abgezogen und dadurch ungerechtfertigte Steuervorteile erlangt. Diese Haupttat förderte der Angeklagte dadurch, dass er die entsprechenden „Provisionsrechnungen” freigab und an die Buchführung weiterleitete. Die vom Angeklagten vereinnahmten „Rückvergütungen” wiederum waren als Einkünfte aus sonstigen Leistungen gemäß § 22 Nr. 3 EStG zu qualifizieren. Durch das Verschweigen der verdeckten Provisionszahlungen gegenüber der Finanzverwaltung beging der Angeklagte eine Steuerhinterziehung. Die Selbstanzeige war auch nicht strafbefreiend, da der Sperrgrund der Tatentdeckung (§ 371 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AO) vorlag. Tatentdeckung hat der BGH angenommen, weil bei vorläufiger Tatbewertung die Wahrscheinlichkeit eines verurteilenden Erkenntnisses vorlag. Hier weist das Gericht darauf hin, dass die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeitsprognose nicht überspannt werden dürfen. Eine Entdeckung „der Tat” reicht aus. Die Kenntniserlangung von einer Steuerquelle stellt für sich allein zwar noch keine Tatentdeckung dar. Der Senat bestätigte allerdings erneut, dass eine Tat in der Regel dann entdeckt ist, wenn unter Berücksichtigung der zur Steuerquelle oder zum Auffinden der Steuerquelle bekannten weiteren Umstände nach kriminalistischer Erfahrung eine Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit grundsätzlich nahe liegt. Eine Tatentdeckung ist also bei verschleierten Steuerquellen schon vor Abgleich mit den Steuererklärungen denkbar, wenn die Art und Weise der Verschleierung nach kriminalistischer Erfahrung ein signifikantes Indiz für unvollständige oder unrichtig Angaben ist.

 

Grundsätzlich gilt also: Eine Steuerhinterziehung kann nicht nur durch Finanzbehörden, sondern von jedermann, auch Privatpersonen, entdeckt werden. Voraussetzung ist dabei nur, dass mit der Weiterleitung der Erkenntnisse des Entdeckers an die Behörde zu rechnen ist.

 

Neu sind allerdings die Ausführungen des BGH, dass auch Angehörige ausländischer Behörden als Tatentdecker in Betracht kommen, wenn der betreffende Staat aufgrund bestehender Abkommen internationale Rechtshilfe leistet. Dabei sei für die Beurteilung, ob mit einer Weitergabe der Informationen zu rechnen ist, auf die Wahrscheinlichkeit der Rechtshilfegewährung abzustellen.

 

III. Praxistipp: Tax Compliance Management System als erfolgreiches Schild zur Haftungsminimierung

Ein CMS kann eine Unternehmensgeldbuße hingegen reduzieren. Interessant sind insoweit die Ausführungen des BGH zur verhängten Geldbuße. Das Gericht stellt klar, dass nur eine einzige Geldbuße gegenüber dem Unternehmen festgesetzt werden kann, selbst wenn mehrere Leitungspersonen an ein- und derselben Straftat beteiligt gewesen sind. In diesem Zusammenhang weist der BGH erstmals darauf hin, dass ein effizientes Compliance Management System, das auf die Vermeidung von Rechtsverstößen ausgelegt sein muss, bußgeldmindernd berücksichtigt werden kann. Dabei kann ebenfalls eine Rolle spielen, ob das Unternehmen in der Folge der aktuellen vor dem Gericht anhängigen Straftat seine Regelungen optimiert hat und die betriebsinternen Abläufe nun so gestaltet, dass vergleichbare Normverletzungen zukünftig deutlich erschwert werden.

Die BGH-Entscheidung statuiert nun das, was im Anwendungserlass des BMF vom 23.05.2016 zu § 153 AO, Gz. IV A3 - S 0324/15/10001  nur am Rande anklingt:

 

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Norman Lenger-Bauchowitz, LL.M.

Mediator & Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachberater für Restrukturierung & Unternehmensplanung (DStV e.V.)

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