Umsatzsteuerfreiheit von Leistungen einer selbstständigen Pflegekraft (BFH 18.08.2015)

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veröffentlicht am 23. November 2015

 

Leistungen von selbstständigen Pflegekräften können umsatzsteuerfrei sein, wenn sie die Möglichkeit haben Verträge nach § 77 SGB XI mit Pflegekassen zu schließen.

 

Nach § 71 des SGB XI sollen Pflegekassen zur Sicherstellung der häuslichen Pflege und Betreuung sowie der hauswirtschaftlichen Versorgung Verträge mit einzelnen geeigneten Pflegekräften schließen, um dem Pflegebedürftigen zu helfen, ein möglichst selbständiges und selbstbestimmtes Leben zu führen oder dem besonderen Wunsch des Pflegebedürftigen zur Gestaltung der Hilfe zu entsprechen.
  
In diesem Zusammenhang hatte der Bundesfinanzhof jüngst über die umsatzsteuerliche Behandlung von selbstständigen Pflegekräften zu entscheiden, die als aktive Mitglieder eines eingetragenen Vereins Pflegeleistungen auf Basis von Qualitätsvereinbarungen und Fortbildungsnachweisen erbrachten. Hierbei schloss der Verein Verträge mit den pflegebedürftigen Personen und den Pflegekassen.
   
Der BFH lehnte zwar erwartungsgemäß die Umsatzsteuerbefreiung der Pflegeleistungen durch die Pflegekräfte nach dem deutschen Umsatzsteuergesetz ab, verwies allerdings in seinem Urteil vom 18.08.2015 (V R 13/14) auf die europarechtliche Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL). 
  

Nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL befreien die Mitgliedstaaten eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen, die durch Altenheime, Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen bewirkt werden.
 
Der BFH sah es als unstreitig an, dass die von der selbstständigen Pflegekraft erbrachten Pflegeleistungen insgesamt eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbunden sind. Dabei sei es Sache des innerstaatlichen Rechts jedes Mitgliedstaats, die Regeln aufzustellen, nach denen Einrichtungen die erforderliche Anerkennung als Einrichtung mit sozialem Charakter gewährt werden kann. 
  

Im Streitfall kommt dem § 71 Abs. 1 Satz 1 SGB XI eine besondere Bedeutung zu, da nach Auffassung des BFH die Möglichkeit zum Abschluss von Verträgen mit Pflegekassen nach dieser Vorschrift für die Anerkennung als Einrichtung mit sozialem Charakter ausschlaggebend ist. Die Klägerin sei als geeignete Pflegekraft im Sinne von § 77 Abs. 1 Satz 1 SGB XI anzusehen, da sie mit dem Verein Qualitäts-vereinbarungen abschloss und „Nachweise über Fortbildungen” vorgelegt hat. Auf einen Berufsabschluss in einem Pflegeberuf käme es nicht an. Somit lägen die personenbezogenen Voraussetzungen des § 77 Abs. 1 Satz 1 SGB XI vor, ohne dass es auf die weiteren Bedingungen dieser Vorschrift ankommt. Unerheblich sei, ob vertragliche Beziehungen mit Pflegekassen bestünden, da die Klägerin Mitglied in einem Verein zur Erbringung von Pflegeleistungen war, dessen Kosten weitgehend von den Pflegekassen getragen worden sind und insoweit eine über den Verein durchgeleitete Kostentragung besteht.

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