AfA-Berechtigung nach Erwerb eines Anteils an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft

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veröffentlicht am 15. Dezember 2022 | Lesedauer ca. 3 Minuten


Wenn der Erwerber im Rahmen des Anteilskaufs an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft zugleich auch private Verbindlichkeiten des Veräußerers übernimmt, können die miterworbenen Privatschulden nach Auffassung des Bundesfinanzhofs (BFH) die Anschaffungskosten und damit die Abschreibungsberechtigung des Erwerbers erhöhen. Demgegenüber ist derzeit noch nicht höchstrichterlich geklärt, ob dies auch für die Übernahme von Gesellschaftsschulden einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft im Rahmen eines Anteilserwerbs gilt.

Der BFH hat sich in seiner aktuellen Entscheidung vom 3.5.2022 (Az. IX R 22/19) mit diesen Fragen, insbesondere hinsichtlich der Abschreibungsberechtigung des Anteilserwerbers einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft, auseinandergesetzt.

Im Streitfall waren ursprünglich zwei Brüder zu je 50% an einer vermögensverwaltenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) beteiligt. Die GbR erzielte Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung mehrerer bebauter Grundstücke. Zum Gesellschaftsvermögen gehörten neben dem Grundbesitz u.a. auch Verbindlichkeiten aus Bankdarlehen, die die GbR zum Erwerb der Grundstücke aufgenommen hatte. Ein Gesellschafter veräußerte seinen gesamten GbR-Anteil teilweise an seinen Bruder und teilweise an seine Schwägerin.

Streitig war vor allem, ob die durch die Anteilserwerbe mittelbar miterworbenen Gesellschaftsschulden die Anschaffungskosten der Anteilserwerber und somit ihre AfA-Berechtigung auf die mittelbar gehaltenen Gebäude erhöhte. Das Finanzamt und das Finanzgericht (FG) hatten dies abgelehnt.

Die Revision der Klägerin (GbR) hatte Erfolg. Die AfA-Berechtigung des Anteilserwerbers ermittelt sich nach einem entgeltlichen Anteilskauf nach seinen Anschaffungskosten und der Restnutzungsdauer der anteilig miterworbenen Wirtschaftsgüter. Die Verbindlichkeiten der Gesellschaft erhöhen anteilig die Anschaffungskosten des Anteilserwerbers, soweit sie den mittelbar erworbenen abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Gesamthandsvermögens einzeln zuzuordnen sind.

Der BFH führt aus, dass allgemein auf Ebene der vermögensverwaltenden Personengesellschaft die Einkünfte der Gesellschaft ermittelt werden. Dabei wird auch die AfA auf die vermieteten Gebäude nach den historischen Anschaffungskosten ermittelt. Daran ändert sich nichts, wenn ein Gesellschafter seinen Anteil entgeltlich auf einen oder mehrere neue Gesellschafter überträgt. Allerdings kann der jeweilige neue Gesellschafter, der seine Beteiligung entgeltlich erworben hat, die in seinem Ergebnisanteil bereits berücksichtigte AfA (aufgrund des Vor-Gesellschafters) nicht einfach fortsetzen. Vielmehr bestimmt sich seine AfA-Berechtigung ausschließlich nach seinen individuellen Anschaffungskosten. Zudem beginnt mit dem Anteilserwerb für den neuen Gesellschafter eine neue AfA-Reihe, die sich nach der Restnutzungsdauer des jeweiligen Wirtschaftsguts im Zeitpunkt des Anteilserwerbs bemisst. Das bedeutet, dass der dem Neugesellschafter zugerechnete Ergebnisanteil zu korrigieren ist, soweit die ihm zustehende AfA von der AfA abweicht, die bereits auf Gesellschaftsebene bei der Ermittlung der Einkünfte berücksichtigt worden ist.

Das BFH-Urteil befasst sich u.a. auch mit der Frage, wie dieser AfA-Korrekturbetrag zu ermitteln ist. Der Senat stellt außerdem klar, dass der Korrekturbetrag Gegenstand der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung ist, auch wenn er nur die persönlichen Verhältnisse einzelner Gesellschafter betrifft (Ergänzungsbereich).

Bei der Ermittlung der AfA-Berechtigung der Anteilserwerber erhöhen die Gesellschaftsschulden deren Anschaffungskosten, soweit die Verbindlichkeiten den anteilig miterworbenen abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Gesellschaftsvermögens direkt zugeordnet werden können. Dieser Zusammenhang war im Streitfall gegeben, da die Gesellschaft die Darlehen aufgenommen hatte, um bestimmte Vermietungsobjekte zu erwerben. Die Darlehen konnten deshalb auf Gesellschaftsebene einzelnen Wirtschaftsgütern eindeutig zugeordnet werden.

Übersteigen die Anschaffungskosten des Anteilserwerbers die Summe der Buchwerte der anteilig miterworbenen Wirtschaftsgüter, sind diese sog. „Mehranschaffungskosten” insoweit den anteilig miterworbenen Wirtschaftsgütern nach dem Verhältnis der in ihnen ruhenden stillen Reserven einzeln zuzuordnen. Die Aufteilung der Mehranschaffungskosten erfordert eine Einzelbewertung jedes in Betracht kommenden Wirtschaftsguts im Zeitpunkt des Anteilserwerbs.

Darüber hinaus muss nach Auffassung des BFHs beim anteiligen Miterwerb bebauter Grundstücke eine erneute Aufteilung der Anschaffungskosten auf Grund und Boden einerseits und Gebäude andererseits erfolgen, um eventuell im Grund und Boden entstandene stille Reserven zu erfassen.

Hinsichtlich des anteilig miterworbenen Gebäudes ist die verbleibende Restnutzungsdauer grundsätzlich gemäß § 7 Abs. 4 EStG zu bestimmen. Eine geringere Restnutzungsdauer kann jedoch nach Maßgabe des § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG im Einzelfall geltend gemacht werden.

Das vorstehende BFH-Urteil ist insbesondere auch bei zukünftigen Erwerben von Anteilen an Immobilienfonds in der Rechtsform einer Personengesellschaft zu beachten, die in der Praxis häufig für steuerliche Zwecke vermögensverwaltend und nicht gewerblich geprägt strukturiert sind.


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Frank Dißmann

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