Vorsicht bei Treuhandverhältnissen in der Grunderwerbsteuer – keine Steuerbefreiung nach § 6 Abs. 3 GrEStG

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veröffentlicht am 22. September 2022 | Lesedauer ca. 4 Minuten

 
Beim unmittelbaren bzw. mittelbarem Erwerb von Grundstücken unter Beteiligung von Treuhandverhältnissen ist aus grunderwerbsteuerlicher Sicht stets Vorsicht geboten. Solche Treuhandsachverhalte sind nicht nur komplex, sondern können auch Grunderwerbsteuer auslösen. Beispielsweise kann der Grundstückserwerb durch einen Treuhänder im Rahmen einer Vereinbarungstreuhand zu einer doppelten oder sogar mehrfachen Belastung mit Grunderwerbsteuer führen (siehe hierzu den Beitrag „Grundstückserwerb und Treuhandverhältnis” in unserem Newsletter, veröffentlicht am 20. April 2021).
 
Auch bei einem treuhänderischen Erwerb eines Anteils an einer Grundstücks-Personengesellschaft durch Abschluss von Treuhandvereinbarungen zwischen dem unmittelbar beteiligten Gesellschafter und mehreren Treugebern kann es nach Ansicht des Bundesfinanzhofs (BFH) zu einer schädlichen (mittelbaren) Änderung des Gesellschafterbestand der Grundstücks-Personengesellschaft kommen. In diesem Fall wird Grunderwerbsteuer gemäß § 1 Abs. 2a GrEStG ausgelöst, wenn die Treuhandvereinbarungen im maßgeblichen Zehnjahreszeitraum dazu führen, dass den Treugebern als sog. „neue” Gesellschafter mittelbar mindestens 90% der Anteile am Gesellschaftsvermögen der immobilienhaltenden Personengesellschaft zuzurechnen sind (vgl. BFH vom 25.11.2015, Az. II R 18/14, BStBl. II 2018, 783, zur alten Rechtslage).
 
Kommt es im Rahmen eines solchen, vorstehend erwähnten, Anteilserwerbs an einer immobilienhaltenden Personengesellschaft gemäß § 1 Abs. 2a GrEStG zu einem grunderwerbsteuerpflichtigen Vorgang, ist fraglich, ob die Steuerbefreiung nach § 6 Abs. 3 S. 1 i.V.m. Abs. 1 GrEStG greift.
 
Der BFH hatte mit der am 7. Juni 2022 veröffentlichen Entscheidung vom 12. Januar 2022 (Az. II R 16/20) die Gelegenheit zu beurteilen, ob diese Steuerbefreiung auch bei Treuhandverhältnissen anwendbar sein kann. Dem Streitfall lag folgender Sachverhalt zugrunde:
 
Bei der Klägerin handelt es sich um eine Personengesellschaft (GmbH & Co. KG), die von der C KG (Verkäuferin) mit notariellem Kaufvertrag Grundstücke erwarb. An der Klägerin war die CT KG (Zwischengesellschaft) als alleinige Kommanditistin beteiligt. An der CT KG (Zwischengesellschaft) waren wiederum die Verkäuferin (C KG) als Komplementärin ohne Beteiligung am Vermögen und die X-GmbH als alleiniger Kommanditist beteiligt. Zwischen der X-GmbH und der C KG (Verkäuferin) bestand ein Treuhandvertrag, nach dem die X-GmbH als Treuhänderin die Kommanditanteile an der Zwischengesellschaft für die Verkäuferin (C KG) hielt. An der C-KG waren eine Vielzahl von Kommanditisten beteiligt, nicht aber die Klägerin oder deren Gesellschafterin.
 
Der Erwerb der Grundstücke durch die Klägerin unterlag unzweifelhaft der Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG. Daher setzte das zuständige Finanzamt Grunderwerbsteuer gegenüber der Klägerin fest, da seiner Ansicht nach die Steuerbefreiung nach § 6 Abs. 3 S. 1 i.V.m. Abs. 1 S. 1 GrEStG (nachstehend „Steuerbefreiung”) nicht einschlägig war.
 
Im Rahmen des Einspruchs gegen diesen Grunderwerbsteuerbescheid argumentierte die Klägerin, dass ihrer Ansicht nach der gemäß § 1 Abs. 1 Nr.1 GrEStG grunderwerbsteuerpflichtige Erwerb der Grundstücke aufgrund der Steuerbefreiung sehr wohl befreit sei. Nach § 6 Abs. 3 GrEStG würde die Grunderwerbsteuer bei Grundstücksübertragungen zwischen Personengesellschaften nicht erhoben, soweit die übertragende Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar über weitere Personengesellschaften am Vermögen der erwerbenden Personengesellschaft beteiligt ist. Diese Situation läge im Streitfall vor. Nach Ansicht des Klägers ist die Kommanditbeteiligung an der CT KG (Zwischengesellschaft) im Rahmen des § 6 Abs. 3 GrEStG grunderwerbsteuerlich der C KG (Verkäuferin) als Treugeberin zuzurechnen, so dass im Ergebnis die C KG (übertragende Personengesellschaft) mittelbar über die CT KG zu 100 v.H. am Vermögen der Klägerin (erwerbende Personengesellschaft) beteiligt sei. Folglich war die Grunderwerbsteuer nicht zu erheben.
 
Das Finanzamt wies den Einspruch der Klägerin mit der Begründung zurück, dass der § 6 GrEStG eine unmittelbare Beteiligung voraussetze. Ein Treugeber sei aber nicht am Vermögen der Gesamthand beteiligt, sondern habe allenfalls gegen den Treuhänder schuldrechtliche Ansprüche.
 
Die vom Kläger eingereichte Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht Düsseldorf folgte mit Urteil vom 8.5.2019 (Az. 7-K-2629/18-GE, EFG 2020, 1859) im Ergebnis der Ansicht des Finanzamts. Auch der BFH hielt die Revision gegen das vorstehende FG Urteil für unbegründet.
 
Der BFH bestätigte, dass beim Übergang eines Grundstücks von einer Gesamthand auf eine andere Gesamthand die Grunderwerbsteuer aufgrund der Steuerbefreiung nicht erhoben wird, soweit die „Anteile” der Gesamthänder „am Vermögen” der erwerbenden Gesamthand ihren „Anteilen am Vermögen”
 der übertragenden Gesamthand entsprechen. Dabei definierte der BFH den Begriff „Anteil am Vermögen der Gesamthand” für Zwecke der §§ 5 und 6 GrEStG als die wertmäßige Beteiligung des einzelnen Gesamthänders am Gesamthandsvermögen.
 
Bei doppelstöckigen Gesamthandsgemeinschaften, wie im Streitfall, ist nicht die Zwischengesellschaft als solche grunderwerbsteuerlich als Zurechnungssubjekt anzusehen, sondern es ist ein Rückgriff auf die am Vermögen der Zwischengesellschaft beteiligten Gesamthänder geboten. Die X-GmbH ist zivilrechtlich alleinige Kommanditistin der Zwischengesellschaft (CT KG). Ein bestehendes Treuhandverhältnis allein reicht jedoch nicht aus, um einem Treugeber (C KG) im Rahmen von §§ 5, 6 GrEStG eine Beteiligung am Vermögen einer Gesamthand (hier: Klägerin) – sei es unmittelbar, sei es mittelbar über eine weitere Gesamthand (hier: CT KG) – zuzurechnen.
 
Im Zusammenhang mit der Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 2 GrEStG hatte der BFH bei anderer Gelegenheit entschieden, dass eine Beteiligung des Treuhänders nicht nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO dem Treugeber zugerechnet werden kann. Denn nicht der Treugeber, sondern der Treuhänder ist – für das Grunderwerbsteuerrecht allein maßgebend – zivilrechtlich am Vermögen der Gesamthand beteiligt. Daher gilt § 39 Abs. 2 AO mit seiner wirtschaftlichen Betrachtungsweise in diesen Fällen nicht.
 
Dieselben Grundsätze sind nach Ansicht des BFH auch bei Anwendung des § 6 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 GrEStG (also bei der Steuerbefreiung) zugrunde zu legen. Eine Notwendigkeit einer erweiternden Auslegung des § 6 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 GrEStG bei einem Erwerb nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG – anders als im Bereich des § 1 Abs. 2a GrEStG – bestand für den BFH nicht. Die Erwägungen, die der BFH bei den Erwerbstatbeständen des § 1 Abs. 2a, Abs. 3 GrEStG zur Bestimmung einer zivilrechtlich nicht vorgesehenen mittelbaren Gesellschafterstellung bzw. eines mittelbaren Anteilserwerbs angestellt hat, ergeben sich bei der Bestimmung der Beteiligung an einer Gesamthand nicht. Sie können daher nicht auf die Steuerbefreiung übertragen werden.
 
Im Streitfall war die Verkäuferin (C KG) nicht zivilrechtlich als Kommanditistin am Gesamthandsvermögen der Zwischengesellschaft (CT KG) beteiligt. Sie war lediglich Treugeberin für die Kommanditistin der Zwischengesellschaft (X-GmbH). Mangels zivilrechtlicher Beteiligung der Treugeberin an der Zwischengesellschaft kam die Steuerbefreiung nicht zum Tragen. Daher war die Revision unbegründet.
 
Auf die Ausgangssituation zurückkommend bedeutet diese Entscheidung somit, dass ein Treuhandverhältnis an einer Grundstücks-Personengesellschaft auf der einen Seite ausreicht, um z.B. Grunderwerbsteuer gemäß § 1 Abs. 2a GrEStG auszulösen, aber auf der anderen Seite eine solche Treuhandvereinbarung in einem solchen Fall nicht genügt, von der Grunderwerbsteuerbefreiung nach § 6 Abs. 3 S. 1 i.V.m. Abs. 1 GrEStG zu profitieren. Daher ist bei Treuhandverhältnissen in der Grunderwerbsteuer stets Vorsicht geboten.

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