Erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung bei der Beteiligung an einer Grundstücksgesellschaft

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Es besteht seit Jahren in der Rechtsprechung Uneinigkeit, ob eine grundstücksverwaltende und für Steuerzwecke gewerblich geprägte Personengesellschaft für Einkünfte, die sie aus ihrer Beteiligung an einer vermögensverwaltenden, nicht gewerblich geprägten immobilienhaltenden Personengesellschaft bezieht, die erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 S. 2ff GewStG geltend machen darf. Hintergrund ist der Umstand, dass gewerblich tätige Personen- oder Kapitalgesellschaften mit ihren Einkünften der Gewerbesteuer unterliegen. Soweit solche Gesellschaften jedoch nur ihren eigenen Grundbesitz verwalten, können die erzielten Einkünfte durch den Tatbestand der erweiterten Gewerbesteuerkürzung in vollem Umfang von der Gewerbesteuer ausgenommen werden. Grundstücksverwaltende, aber gewerblich geprägte Gesellschaften sollen steuerlich genauso behandelt werden wie grundstücksverwaltende, vermögensverwaltende Gesellschaften.  

Diese gewerbesteuerliche Behandlung ist in der Praxis von Bedeutung, da viele gewerblich geprägte Gesellschaften – wie auch geschlossene Fonds – Immobilien nicht unmittelbar, sondern über eine vermögensverwaltende Tochtergesellschaft halten. Haben diese gewerblichen Gesellschaften trotzdem Anspruch auf eine erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung für Beteiligungseinkünfte, obwohl sie nicht zivilrechtliche Eigentümerin des Grundbesitzes sind? Verwalten die Beteiligungsgesellschaften dennoch „eigenen Grundbesitz” oder liegt aufgrund der Beteiligung an der Grundstücksgesellschaft stets eine kürzungsschädliche Tätigkeit vor? 

Die einzelnen Senate der Finanzgerichte (FG) und des Bundesfinanzhofs (BFH) konnten sich bisher auf keine einheitliche steuerliche Beurteilung verständigen. Die betroffenen Gesellschaften und die steuerlichen Berater mussten seit Jahren mit der Rechtsunsicherheit leben. Beim mittelbaren Halten von Grundbesitz über Immobiliengesellschaften war somit Vorsicht geboten und entsprechende Gewerbesteuermessbescheide wurden durch einen Einspruch offen gehalten. Nunmehr hat der Große Senat des BFH mit seinem aktuell veröffentlichten Beschluss vom 25. September 2018 (Az. GrS 2/16) den Rechtsstreit hoffentlich beendet.  

Auslöser war das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 6. Mai 2014 (wir berichteten darüber im Newsletter Oktober 2016), das in einem vergleichbaren Sachverhalt die erweitere gewerbesteuerliche Kürzung für zulässig erklärte. Im Rahmen der Revision wurde der IV. Senat des BFH gebeten, über die erweiterte Kürzung bei der Gewerbesteuer zu urteilen. Der IV. Senat beabsichtigte die FG-Entscheidung zu bestätigen und die Revision zurückzuweisen, sah sich jedoch daran durch die gegenteilige Auffassung durch den I. Senat des BFH gehindert. Da der I. Senat aufgrund der Anfrage des IV. Senats an seiner Rechtsansicht festhielt, wurde der Große Senat angerufen. Im Ausgangsverfahren war folgender Sachverhalt Streitgegenstand: 

Die Klägerin war eine gewerblich geprägte Personengesellschaft (GmbH & Co. KG), die die Entwicklung und Verwaltung eigenen Vermögens, insbesondere Immobilienvermögens, sowie das Halten von Beteiligungen an Grundstücksgesellschaften zum Unternehmensgegenstand hatte. Die Klägerin war an einer rein vermögensverwaltenden GbR beteiligt, die Mieteinkünfte aus der Vermietung ihres Grundbesitzes erzielte. Auf die Beteiligungseinkünfte, die die Klägerin bezog, wurde die erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung angewandt. Das zuständige Finanzamt lehnte hingegen diese gewerbesteuerliche Vergünstigung ab, da es im Halten der Beteiligung eine kürzungsschädliche Tätigkeit sah. 

Der Große Senat des BFH hat sich mit seinem aktuellen Beschluss der Ansicht des IV. Senats angeschlossen. Die erweiterte Kürzung bei der Gewerbesteuer ist nicht allein deshalb zu verwehren, weil eine Beteiligung an einer vermögensverwaltenden, nicht gewerblich geprägten Personengesellschaft besteht.  

Die Vorschrift in § 9 Nr. 1 S. 2f GewStG sieht vor, dass einem Unternehmen auf Antrag die erweiterte Kürzung bei der Gewerbesteuer vor allem gewährt wird, wenn die Gesellschaft ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet und nutzt. Der gerichtliche Streitpunkt dreht sich vor allem um die Frage, wie der Begriff „eigener Grundbesitz” auszulegen ist, wenn eine Obergesellschaft eine Beteiligung an einer vermögensverwaltenden grundbesitzhaltenden Personengesellschaft besitzt. Die Befürworter der Versagung einer erweiterten gewerbesteuerliche Kürzung argumentieren, dass in einem solchen Fall, in dem der Grundbesitz zivilrechtlich der Tochtergesellschaft gehört, das Grundstück nicht der Obergesellschaft als „eigener Grundbesitz” zugerechnet werden kann. Eine wirtschaftliche Betrachtungsweise (§ 39 AO), nach der der Grundbesitz der Tochtergesellschaft anteilig entsprechend der Beteiligungsquote der Obergesellschaft an der Grundstücksgesellschaft zum Betriebsvermögen der Obergesellschaft zugerechnet und als „eigener Grundbesitz” behandelt wird, kommt nicht in Betracht. Zudem sei das Halten einer Beteiligung an der Tochtergesellschaft stets kürzungsschädlich, da eine solche Tätigkeit nicht zum Katalog der prinzipiell unschädlichen Tätigkeiten i.S.d. § 9 Nr. 2, S. 2f GewStG gehöre.   

Der Große Senat des BFH verneint eine solche Rechtsauffassung. Eine Obergesellschaft nutzt und verwaltet „eigenen Grundbesitz” auch dann, wenn das Grundstück zivilrechtlich im Eigentum einer vermögensverwaltenden, nicht gewerblich geprägten Personengesellschaft gehalten wird und die Obergesellschaft an dieser Grundstücksgesellschaft beteiligt ist. Für die Zurechnung von Wirtschaftsgütern einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft ist nach ständiger Rechtsprechung die sog. „Bruchteilsbetrachtung” (§ 39 AO) anzuwenden. Danach sind Wirtschaftsgüter der vermögensverwaltenden Personengesellschaft, die mehreren Beteiligten zur gesamten Hand zustehen, den Beteiligten anteilig entsprechend ihrer Beteiligungsquote zuzurechnen. Diese Grundsätze gelten auch für die Begriffsbestimmung des „eigenen Grundbesitzes” für Zwecke des § 9 Nr. 2, S. 2f GewStG. Darüber hinaus urteilt der Große Senat des BFH, dass das „Halten einer Beteiligung” an einer Tochtergesellschaft noch keine kürzungsschädliche Tätigkeit entfaltet. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Mitwirkungsrechte der Obergesellschaft an der Tochtergesellschaft und deren Verwaltung den Miteigentumsanteilen an der vermögensverwaltenden Grundstücksgesellschaft entsprechen. 

Es ist zu begrüßen, dass sich der Große Senat des BFH der steuerrechtlichen Kommentarliteratur angeschlossen hat. Für die steuerliche Gestaltungsberatung besteht nun Rechtssicherheit, dass Immobilienbesitz nicht zwingend bei der Obergesellschaft gehalten werden muss, um die gewerbesteuerliche Begünstigung zu erhalten. Es bleibt zu hoffen, dass auch die Finanzverwaltung ihre Verwaltungspraxis ändert und bei vergleichbaren Beteiligungssachverhalten die erweitere Kürzung bei der Gewerbesteuer gewährt.

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Frank Dißmann

Diplom-Kaufmann, Steuerberater

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