Strategische Ausrichtung der Jugendhilfe – ein Einblick in die Praxis

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​Der 14. Kinder- und Jugendbericht des Deutschen Jugendinstitutes DJI formuliert zehn zentrale Leitlinien für die Neugestaltung des Aufwachsens von Kindern und Jugendlichen in der Bundesrepublik Deutschland. Kommunen als zentraler Ort der Kinder und Jugendhilfe […] sollen gem. dem DJI in ihrer Verantwortungswahrnehmung gestärkt werden und Jugendämter zu strategischen Zentren für die Gestaltung des Aufwachsens weiterentwickelt werden. Doch wie kann eine kommunale Jugendhilfestrategie aussehen? Dieser Beitrag gibt Einblicke in die Erkenntnisse unserer diesjährigen
Werkstattgespräche zum Thema „Strategische Ausrichtung der Jugendhilfe”.
 

Ausreichende Personalausstattung als erfolgskritischer Faktor bei der inhaltlichen und finanziellen Steuerung der Jugendhilfe erkannt

Die Kinder- und Jugendhilfe ist und war in den vergangenen Jahrzehnten hauptsächlich durch einen deutlichen Anstieg bei den Ausgaben (zwischen einem Zeitraum von 1992 und 2010 ergab sich ein Ausgabenanstieg von nominal 93 Prozent, vgl. 14. Kinder- und Jugendbericht, S. 266) geprägt. Gleichzeitig ist die Kinder- und Jugendhilfe in das Dilemma von neuen Aufgaben, gestiegenen Qualitätsanforderungen sowie deren Finanzierbarkeit geraten. Die Hauptlast der Finanzierungsverantwortung für die Kinder- und Jugendhilfe liegt nach wie vor bei den Kommunen, die damit vor immer größer werdende Herausforderungen gestellt werden.
 
In den letzten Jahren hat man das Personal als erfolgskritischen Faktor bei der inhaltlichen und auch finanziellen Gestaltung der Jugendhilfelandschaft erkannt. So haben bereits viele Kommunen ihre Allgemeinen Sozialen Dienste personell aufgestockt. Damit versprach man sich eine Fallzahlenentlastung für die bereits überlasteten Mitarbeiter, ein intensiveres Fallmanagement sowie mehr Ressourcen für Präventionsarbeit.
 
Im Nachgang zu dieser Steuerungsmaßnahme stellt sich für viele Verwaltungsführungen nun die Frage nach der Wirkung des neu eingesetzten Personals. Was wurde erreicht, fachlichinhaltlich und auch finanziell?
 

Werkstattgespräche als Praxisdialog

Erfahrungen aus Organisationsuntersuchungen und Konsolidierungsprojekten haben gezeigt, dass Steuerungsbemühungen in der Jugendhilfe nur selten auf einer erarbeiteten Strategie basieren. So resultierte eine Erhöhung der personellen Ressourcen beispielsweise oft aus quantitativen Personalbedarfsbemessungen oder schlicht einem zu hohen internen (mehrfache Überlastungsanzeigen
aus dem Jugendamt) oder externen Druck (sensibilisierte Öffentlichkeit bei Fällen von Kindeswohlgefährdungen). Eine Verknüpfung mit der strategischen Ausrichtung der (Jugendhilfe-) Verwaltung hatte vorher nicht stattgefunden.
  
In unseren diesjährigen Werkstattgesprächen diskutierten wir daher an sechs Standorten (Nürnberg, Berlin, Köln, Leipzig, Eschborn, Hannover) mit mehr als 60 Vertretern der kommunalen Jugendhilfe aus 43 Gebietskörperschaften die Themen
  • Strategische Ausrichtung der Jugendämter – Betrachtung
    des Status quo
  • Der Weg zu einer strategischen Ausrichtung in der Jugendhilfe
  • Strategie und Konsolidierung – Kein Ausschluss in der Jugendhilfe.

    

Die Teilnehmer der Werkstattgespräche setzten sich zusammen aus insgesamt 18 Landkreisen, 14 kreisangehörigen und zehn kreisfreien Städten sowie einem Bezirk. Folgende Fragestellungen standen dabei im Mittelpunkt:
  • Wünschen die Leitungskräfte eine Strategie?
  • Ist ein verschriftlichtes Leitbild vorhanden?
  • Ist eine verschriftlichte Strategie vorhanden?
  • Ist eine Operationalisierung der Strategie erfolgt?

    

Strategische Ausrichtung der Jugendämter – ein Status quo

Insgesamt gaben 44 Prozent der Teilnehmerkommunen an, ein verschriftlichtes Leitbild liege vor. Bei diesem handelte es sich in über der Hälfte der Fälle um das allgemeine Leitbild der Kommune. Weiterhin gaben 75 Prozent der Teilnehmer an, eine Jugendhilfestrategie sei prinzipiell gewünscht. Jedoch liegt bei 18 der 43 befragten Kommunen keine verschriftlichte Strategie vor.

 

Eine Verknüpfung der Strategie mit operativen Zielen fehlt meist vollständig

Eine wesentliche Aufgabe von Führungskräften ist es, fortlaufend die Leistungsfähigkeit ihrer Organisation zu hinterfragen und Entwicklungsprozesse zu initiieren. Die Erarbeitung einer Strategie ist ein wichtiger Bestandteil eines Entwicklungsprozesses. Entscheidend ist jedoch, was eine Strategie für die entsprechenden Organisationseinheiten bedeutet. Also beispielweise, welche konkreten Ziele sich für den Pflegekinderdienst ergeben, damit die Strategie erfolgreich verfolgt werden kann?
 
Diagramm Vorhandensein operationalisierter Strategien
 
Abbildung 1: Operationalisierte Strategie vorhanden?
  
Die Diskussion im Rahmen unseres Werkstattgesprächs ergab, dass mehr als zwei Drittel der Teilnehmerkommunen keine operativen Ziele formuliert haben. 
  

Erkenntnisse

Steigende Jugendhilfeausgaben bei immer knapper werdenden Spielräumen in der Haushaltsplanung zwangen viele Verwaltungen bereits zur Erhöhung ihrer Steuerungsbemühungen. Unter dem Begriff der Wirkungsorientierung wurden zahlreiche Instrumente initiiert, die einen effektiven Einsatz vorhandener finanzieller und personeller Ressourcen gelingen lassen sollen. Diskussionen im Zuge der Werkstattgespräche bestätigten bereits Erkenntnisse aus Projekten mit Jugendhilfeverwaltungen:
  • Die Steuerungsbemühungen der Jugendämter sind in den seltensten Fällen von einer fundierten und nachhaltigen Strategie abgeleitet, sondern basieren auf kurzfristigen fachlichen oder haushalterischen Zwängen.
  • Eine Operationalisierung der Strategie, also eine Ableitung von konkreten Zielen, findet oftmals nicht statt.
  • Ziele werden nicht durch Kennzahlen messbar und damit
    überprüfbar gemacht. Erfolge bleiben so intransparent.
   

Fazit:

  • Ziele sind die Grundlage für einen nachhaltigen Entwicklungsprozess.
  • Ohne Ziele kann keine Steuerung stattfinden.
  • Ohne Überprüfung der Zielerreichung ist eine wirkungsorientierte Steuerung nicht möglich.
  • Konsolidierungsbemühungen und Strategieentwicklungsprozesse stehen nicht in Konkurrenz zueinander.

    

Nachhaltigkeit gezielt herbeiführen

Wie also kann eine nachhaltige Steuerung gelingen? Wie werden Jugendämter zu den vom DJI geforderten strategischen Zentren?
   

Dieser Prozess gelingt dann, wenn Steuerungsbemühungen auf eine nachhaltige Strategie gestützt sind. In Zukunft muss es also gelingen, strategische Ziele abzuleiten und diese mithilfe von Kennzahlen auf ihr Erreichen überprüfbar zu machen. Sind die Ziele mit dem Haushaltsplan verknüpft, ist eine für alle Interessengruppen (Verwaltung, Politik, Dritte) transparente Steuerungsgrundlage entstanden. Nachstehende Abbildung verdeutlicht diesen Prozess:
   
 Prozess zur strategischen Steuerung
Abbildung 2: Der Weg zur strategischen Steuerung
 
Wir beraten Sie bei Strategieentwicklungsprozessen, strategischer Haushaltskonsolidierung, bei der Erarbeitung von strategischen Zielen, bei der Ableitung von konkreten Maßnahmen und der Verknüpfung von Strategie und Haushalt.
 
Beachten Sie für weitere Informationen zum Thema „Strategie in der Jugendhilfe” auch unsere Sonderausgabe Strategieentwicklung in der Jugendhilfe, die im Frühjahr 2014 erscheint.

Kontakt

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Thomas Seitz

Diplom-Betriebswirt (FH)

Partner

+49 911 9193 3510

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