Legale Steuersparmodelle: Chancen nutzen, Risiken minimieren

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Das Steuergefälle innerhalb von Europa und in Drittländer zu nutzen, ist nicht nur erlaubt, sondern bei näherer Betrachtung auch betriebswirtschaftlich sinnvoll. Doch wer sich nicht beraten lässt, wenn er internationale und steuerlich relevante Strukturen aufsetzt, riskiert Steuernachzahlungen oder gerät direkt in den Verdacht der Steuerhinterziehung. Diese ist im Ausland mit teilweise erheblich drastischeren Strafen als in Deutschland bedroht.
 
Dabei stellt keineswegs jede wirtschaftliche Aktivität, etwa eine Zweckgesellschaft oder Holding in einer sogenannten Steueroase, automatisch eine Steuerhinterziehung dar, auch wenn das Finanzamt dies immer häufiger unterstellt. Entscheidend ist, dass jedes genutzte Konstrukt nicht nur auf dem Papier existent ist, sondern auch tatsächlich gelebt wird. Wenn es eine tatsächliche Handhabe gibt, fällt dem Finanzamt der Nachweis schwer, dass eine bestimmte Konstruktion allein und ausschließlich aufgesetzt wurde, um Steuern durch Verschiebungen in andere Länder zu sparen.
 
Rechtsanwältin Ulrike Grube, Partnerin bei Rödl & Partner, sieht vor allem drei Steuersparmodelle im Fokus der Auslandsprüfer und somit ggf. im Visier der Ermittlungsbehörden: 
 
  • Die gesellschaftsrechtliche Strukturierung.

    Hier sorgt ein Konglomerat von Firmen, Holdings und Ergebnisabführungsverträgen dafür, dass mögliche inländische Gewinne steuerlich ins Ausland verschoben werden, und zwar in Länder, in denen die Steuerlast erheblich niedriger ist als in Deutschland: also etwa in Hongkong, Liechtenstein, auf Zypern oder den Fidschi- und Kanal-Inseln. Häufig tragen die Modelle die Namen der beteiligten Länder, z.B. Double Irish With a Dutch Sandwich.
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  • Den zwischengeschalteten Briefkasten.

    Bei diesem Modell gehen Waren und Dienstleistungen ihren regulären Weg – etwa aus Deutschland in ein Drittland, z.B. die Ukraine. Die Rechnung empfängt jedoch ein Zwischenhändler in einem europäischen Niedrigsteuerland, etwa Zypern. Dieser Zwischenhändler ist aber oft nur eine sogenannte Briefkastengesellschaft. Damit sieht es so aus, als handele es sich um eine innergemeinschaftliche (= zollfreie) Warenlieferung zu einem niedrigen Umsatzsteuersatz. Konsequenz: Der Käufer spart Zoll und Steuern und kann seine Ware oder Dienstleistung gewinnbringender verkaufen.
     
  • Die Verrechnungspreisabsprachen.

    Verrechnungspreise als Steuersparvehikel kommen vor allem in multinational agierenden Konzernen zum Tragen. Aufgrund interner Absprachen berechnen die Gesellschaften eines Konzerns einander Sonderpreise für die konzernintern gelieferten Waren und Leistungen. Diese Preise liegen häufig unter dem Marktpreis; damit bewirkt der Konzern, dass sich infolge günstigerer Konditionen die Gewinne bei den Konzerngesellschaften in Niedrigsteuerländern erhöhen und sich in den Hochsteuerländern verringern.

 

Wie kommen die Finanzbehörden den Steuersparmodellen auf die Schliche?

Die Auslandprüfer der hiesigen Landesämter für Steuern haben einen guten Riecher dafür, ob Gestaltungsmissbrauch im Sinne von § 42 Abgabenordnung vorliegt, oder ob die gesellschaftsrechtliche Strukturierung gar mit Steuerhinterziehungsabsicht aufgesetzt wurde. Indizien dafür sind: Die Einschaltung einer Zwischenfirma war weder betriebswirtschaftlich sinnvoll, noch wird sie tatsächlich gelebt, sondern ist lediglich auf dem Papier existent.
 

Gestaltungsmissbrauch heißt Steuernachzahlung

Die Prüfer nehmen die Gewinnabführungsverträge, Gesellschaftsverträge sowie die operative Tätigkeit der Auslandsgesellschaft genau unter die Lupe und erfragen sogar mittels Amtshilfeersuchen im Ausland die Tätigkeit der Auslandsfirmen: Sind sie tatsächlich operativ und produktiv tätig? Gibt es Angestellte, ein Telefon, eine Website und tatsächlich eigenes Geschäftsgebaren vor Ort? Wenn nein, liegt der Verdacht nahe, dass die Auslandsgesellschaft nur eine Briefkastenfirma ist, die dazu dient, Gewinne in Niedrigsteuerländer umzuleiten.
 
Stellen die Steuerprüfer Gestaltungsmissbrauch fest, heißt es häufig nachzahlen. Die Finanzbehörden rechnen dann die Tätigkeit der zwischengeschalteten Firmen heraus und ermitteln, wie hoch der in Deutschland zu besteuernde Gewinn gewesen wäre. Auf dieser Basis sind häufig Körperschaft- und Gewerbesteuern nachzuzahlen, zuzüglich der Zinsen. Oftmals für einen langen Zeitraum: für alle Jahre, in denen die missbräuchliche Konstruktion Bestand hatte, und die Festsetzungsverjährung noch nicht eingetreten ist.
 

Fliegt die Briefkastenfirma auf, wird es teuer

Das gleiche gilt für die Briefkastenfirmen. Erkennen die Finanzbehörden das Konstrukt der Briefkastenfirma nicht an, ist es sehr aufwendig, sie rückabzuwickeln. 
 
  • Die Rechnungen müssen korrigiert werden, soweit dies überhaupt noch möglich ist, und gegebenenfalls muss die Umsatzsteuer nachgezahlt werden.
  • Die Warenlieferung kann dann keine innergemeinschaftliche Lieferung mehr darstellen und löst rückwirkend höhere Zölle aus.
  • Und im schlimmsten Fall unterstellen die Behörden Steuerhinterziehung, ein Delikt, das in den meisten Ländern härter als in Deutschland bestraft wird. In China im Extremfall sogar mit der Todesstrafe.

 

    Wie vermeiden Unternehmen den Vorwurf „Gestaltungsmissbrauch”?

    Um derlei Vorwürfe zu vermeiden, sollten Unternehmen darlegen können, dass der Gewinn nicht deshalb über eine Holding in Liechtenstein oder in einem anderen Steuerparadies läuft, weil damit Steuern gespart werden, sondern weil es aus anderen Gründen sinnvoll ist, etwa zur Unterstützung des Vertriebs. Der Argumentationsspielraum der Unternehmen ist allerdings beschränkt, warnt Steuerspezialistin Grube. „Es bedarf nicht nur der lückenlosen Dokumentation, sondern auch einer Handhabe, die der Konstruktion tatsächlich und realiter gerecht wird. „Just paperwork” reicht in solchen Fällen nicht aus.”
     
Bei Zwischenfirmen in Ländern wie Zypern sollten Unternehmen streng darauf achten, dass diese eben keine puren Briefkastenfirmen sind, sondern ordentliches operatives Geschäft vorweisen können.
 
Übrigens bietet es keine Sicherheit, wenn die vom Vertragspartner möglicherweise vorgeschlagene Briefkastenfirma eine Umsatzsteueridentifikationsnummer trägt. Wird die Briefkastenfirma nicht als Firma anerkannt, kann das Bundeszentralamt für Steuern die Nummer auch und sogar rückwirkend wieder aberkennen.
 

Mehr Argumentationsspielraum bei den Verrechnungspreisen

Im Fall der Verrechnungspreise werfen die Prüfer einen scharfen Blick auf die Verrechnungspreisdokumentation. Ihre Frage: Sind die intern berechneten Preise marktüblich, halten sie einem Fremdvergleich stand oder haben die Abweichungen das Ziel, die Konzerngesellschaften zu bevorzugen und somit Gewinne in Niedrigsteuerländern anzuhäufen?
 
Anders als bei den anderen Steuersparmodellen haben Unternehmen nach Ansicht von Rechtsanwältin Grube einen etwas größeren Argumentationsspielraum: „Es gibt nicht den einen Verrechnungspreis, der immer und stets richtig ist. Unternehmen sollten allerdings in der Lage sein, die Prüfer mit entsprechenden Marktpreisvergleichsbetrachtungen und Benchmarkanalysen zu überzeugen, dass ihre Preise nicht zum Zwecke einer Steueroptimierung künstlich verzerrt sind.”
 
Gelingt es den Unternehmen nicht, die Prüfer zu überzeugen, heißt es ebenfalls Steuern nachzahlen. Die Gewinne werden auf Basis der marktüblichen Verrechnungspreise nachermittelt, sodass auch hier eine höhere Steuerzahllast anfällt.
 

Den Überblick behalten – auch über die Verjährungsvorschriften

Unternehmen, die steueroptimierende Konstruktionen aufsetzen möchten, ohne in die Gestaltungsmissbrauchsfalle zu tappen, sollten sich zwingend steuerrechtlich beraten lassen.
Die Herausforderung für die Unternehmen liegt darin, die Steuerbehörden über die vermeintlich zu Verschleierungszwecken errichteten Systeme aufzuklären und darüber, dass die jeweils nationalen und bilateralen Vorschriften berücksichtigt worden sind. Das gelingt nur mit professioneller Hilfe.
Gleiches gilt für die bestehenden Verjährungsvorschriften, denn wenn die Sachverhalte – steuerlich betrachtet – älter als 13 Jahre sind, dann ist zumindest steuerliche Festsetzungsverjährung eingetreten; die (steuer-) strafrechtliche Verfolgungsverjährung umfasst maximal zehn Jahre.
 

Mit steuerrechtlicher Gestaltungsberatung auf der sicheren Seite – auch bei strenger Kontrolle

Die steuerlich sichere Gestaltung ist umso wichtiger, als die Auslandsprüfer gründlich sind. Bis zu einem Jahr dauert die  Auslandsprüfung im Schnitt. International tätige Unternehmen sind anschlussgeprüft, das heißt, es wird fast ununterbrochen geprüft; ist der eine Prüfer weg, kommt bereits die Anschlussprüfung. Hingegen darf sich ein Mittelständler nur alle fünf bis sechs Jahre über Besuch freuen.
 

Vorsicht wegen guter internationaler Zusammenarbeit der Steuerbehörden 

Auch die internationale Zusammenarbeit in Sachen Steuerstrafverfolgung ist besser geworden. „Die nationalen Finanz- und Zollbehörden arbeiten mittlerweile sehr effektiv zusammen und reagieren schneller auf Amts- und Rechtshilfeersuchen”, warnt Grube. Das gilt auch für die Strafverfolgungsbehörden und die Organisationen wie OLAF (Korruptionsbekämpfung) und Europol. Damit erhöht sich das Risiko, ins Visier der internationalen und nationalen Behörden zu geraten. Zu einer Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung in Deutschland kann dann noch die Strafbarkeit wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung im Ausland kommen oder eine Strafbarkeit wegen Hinterziehung von Zöllen.
 
Um das zu vermeiden, heißt es für Unternehmen: Lieber fernhalten von offensichtlich steuerlich offensiv optimierten Gestaltungen, denen keine tatsächliche Handhabe in der Realität zugrunde liegt.
 
zuletzt aktualisiert am 16.05.2013

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Ulrike Grube

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