Keine Nichtigkeit bei günstiger Miete ohne Nachweis bewusster Kollusion

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​veröffentlicht am 8.4.2025 | Lesedauer ca. 2 Minuten

​BGH, Urteil vom 26. März 2025 - VIII ZR 152/23


Günstiger Mietzins allein genügt nicht: Bundesgerichtshof verlangt konkrete Feststellungen für kollusives Verhalten. 

Die Klägerin, eine GmbH, hatte im Jahr 2017 eine Wohnung mit rund 177 m² Wohnfläche zu einem Mietpreis von monatlich EUR 600 (netto-kalt) an die Beklagte vermietet. Vertraglich vorgesehen war eine Mietbefreiung bis zum 1. September 2018 gegen Renovierungsleistungen. Unterzeichnet wurde der Vertrag von der Mieterin sowie dem damaligen alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer der Klägerin. Die Gesellschafter der Klägerin, die das Objekt eigentlich veräußern wollten, sahen sich durch den Vertrag in ihren Interessen verletzt. Sie warfen dem Geschäftsführer treuwidriges Handeln und den Beklagten – der Mieterin und ihrem Lebensgefährten – kollusives Verhalten vor. Die Klägerin kündigte das Mietverhältnis und verlangte Räumung sowie Nutzungsentschädigung. Das Landgericht Berlin gab der Klage weitgehend statt.

Der Bundesgerichtshof beanstandet die rechtliche Bewertung des Landgerichts. Dieses habe für die Annahme kollusiven Zusammenwirkens auf eine bloße Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Mieters vom Missbrauch der Vertretungsmacht abgestellt. Das reiche nicht aus. Für eine Unwirksamkeit nach § 138 Abs. 1 BGB​ sei ein bewusstes, zielgerichtetes Zusammenwirken zum Nachteil des Vertretenen erforderlich. Das Berufungsgericht habe keine tragfähigen Feststellungen getroffen, dass die Mieterin in eine solche Absprache eingebunden war oder diese überhaupt kannte.

Auch eine Zurechnung des Wissens ihres Lebensgefährten lehnte der Bundesgerichtshof ab. Der Lebensgefährte sei weder als Vertreter aufgetreten noch sei festgestellt worden, dass er als Wissensvertreter in eigener Verantwortung für sie gehandelt habe. Die bloße persönliche Nähe der beiden genüge nicht.

Für eine unzulässige Rechtsausübung müsse sich der Missbrauch der Vertretungsmacht zudem in objektiver Weise aufdrängen. Auch das sei im konkreten Fall nicht belegt. Die Miete von EUR 600 sei zwar günstig, aber angesichts der vertraglich übernommenen Renovierungspflichten nicht offensichtlich sittenwidrig.

Fazit:


Das Urteil unterstreicht, dass selbst bei auffällig günstigen Mietkonditionen eine Nichtigkeit nicht ohne Weiteres angenommen werden kann. Entscheidend ist, ob dem Mieter die Pflichtwidrigkeit des vertretungsberechtigten Vermieters bewusst war oder sich ihm klar aufdrängen musste – und ob dies konkret festgestellt werden kann. Eine bloße Mitwisserschaft Dritter genügt ebenso wenig wie die Vermutung eines Missbrauchs. Für Vermieter bedeutet dies: Die Anfechtung von Mietverträgen wegen interner Missstände auf Vermieterseite ist rechtlich nur mit klarer Beweislage möglich. Für Mieter wiederum ist das Urteil eine Bestätigung, dass sie sich grundsätzlich auf die Wirksamkeit von Verträgen mit Vertretern verlassen dürfen – es sei denn, sie erkennen einen eindeutigen Missbrauch.



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