Home
Intern
Der zentrale Standard für die Bilanzierung von Wertminderungen auf Vermögenswerte ist IAS 36, dessen Anwendungsbereich insbesondere Sachanlagen sowie immaterielle Vermögenswerte und mit diesen auch Geschäfts oder Firmenwerte umfasst. Sofern – wie im Falle des Geschäfts- oder Firmenwerts und anderen immateriellen Vermögenswerten mit unbestimmter Nutzungsdauer – nicht ohnehin jährlich ein Impairment Test auf Ebene einzelner Vermögenswerte oder cash generating units (CGUs) durchzuführen ist, ist dies in jedem Fall anlassbezogen bei Vorliegen relevanter Indikatoren für potentielle Wertminderungen (sog. triggering events) zwingend erforderlich. IAS 36.12 führt nicht abschließend exemplarische interne wie externe Faktoren auf, die als triggering event eingestuft werden könnten. Insbesondere eine unterhalb des buchmäßigen Eigenkapitals liegende Marktkapitalisierung führt dabei regelmäßig zur Notwendigkeit von Impairment Tests für alle CGUs eines Unternehmens – wobei in bestimmten Fällen die Werthaltigkeit auch ohne explizite Berechnung nachgewiesen werden kann. Vor dem Hintergrund der jüngsten Entwicklungen an den Kapitalmärkten sollte also die jeweilige Market-to-Book-Ratio im Blick behalten werden. Generell jedoch dürften die realwirtschaftlichen Einschnitte für sehr viele Branchen und Unternehmen im Sinne eines triggering event die Pflicht zur Durchführung von Impairment Tests auslösen. Gleichwohl sind hierbei unternehmensindividuelle Analysen zwingend erforderlich und vor allem gut zu dokumentieren.
Ist die Durchführung von Impairment Tests angezeigt, ist zunächst der erzielbare Betrag der getesteten Vermögenswerte oder (Gruppen von) CGUs als deren Value in Use (VIU) oder Fair Value less Costs of Disposal (FVLCOD) zu ermitteln und anschließend dem korrespondierenden Buchwert gegenüberzustellen. Dabei wird der VIU zwingend und der FVLCOD in aller Regel barwertbasiert abgeleitet, sodass der bewertungsrelevante Zahlungsstrom zu ermitteln und mit einem dazu äquivalent bestimmten Zinssatz zu diskontieren ist.
Zugrunde zu legen ist hierbei stets die vom Management genehmigte Unternehmensplanung, die ggf. noch an die Erfordernisse des IAS 36 anzupassen ist. Insbesondere jedoch sind nun die Auswirkungen der Corona-Krise auf die Planung zu integrieren, wobei grundsätzlich externe Hinweise, wie etwa branchenspezifische Markterwartungen und allgemeine Konjunkturprognosen, zu berücksichtigen sind. Eine unternehmensindividuelle Betroffenheitsanalyse ist in diesem Kontext unerlässlich. Sofern die Unsicherheiten bzgl. des zeitlichen Anfalls und der Höhe der Zahlungen in den Cashflows erfolgt (sog. expected cash flow approach), sind entsprechende Szenarioanalysen und Wahrscheinlichkeitsgewichtungen erforderlich. Zum Zwecke einer ersten Indikation könnte aber zunächst auch auf der ursprünglichen Planung aufgesetzt und unter Berücksichtigung eines Risikozuschlags auf den Diskontierungszins gerechnet werden.
Typischerweise wird der erzielbare Betrag als Gesamtkapitalwert (entity value) nach dem sog. WACC-Ansatz ermittelt. Der relevante Diskontierungszinssatz repräsentiert demnach die gewichteten durchschnittlichen Kapitalkosten und ist marktbasiert ausgehend von einer entsprechenden peer group abzuleiten. Somit manifestieren sich die Auswirkungen der Corona-Krise auf die Kapitalmärkte unmittelbar im Zinssatz, wobei die einzelnen Bewertungsparameter stets vor dem Hintergrund von Plausibilitätsüberlegungen auf etwaige Verzerrungen überprüft werden sollten. So zeichnen sich ausgehend von fallenden Renditen von Staatsanleihen ein sinkender Basiszins ab, was unter Beachtung der durch den Fachausschuss für Unternehmensbewertung und Betriebswirtschaft (FAUB) des IDW definierten Bandbreite ggf. durch eine Adjustierung der Marktrisikoprämie kompensiert werden sollte. In jedem Fall ist auf die (Risiko-)Äquivalenz zwischen Zahlungsstrom und Diskontierungszinssatz zwingend zu achten. Ferner sollte das konkrete Vorgehen genau begründet und dokumentiert werden.
Im Falle bestehender Zwischenberichtspflichten stellt sich außerdem die Frage nach den erforderlichen Angaben. IAS 34 sieht hier zumindest im Falle wesentlicher Wertminderungen entsprechende Erläuterungen, wenn auch nicht die vollständigen Angaben des IAS 36, vor. Mit Blick auf die derzeit immanente Unsicherheit wird einer transparenten Darstellung sowie ggf. auch aussagekräftigen und in IAS 36 in bestimmten Fällen vorgesehenen Sensitivitätsanalysen eine besondere Bedeutung zukommen – spätestens im IFRS-Konzernabschluss für die laufende Berichtsperiode.
IFRS-Newsletter
Ausgabe Juli 2020
Thomas Rattler
Diplom-Betriebswirt (FH), CPA, Wirtschaftsprüfer
Partner
Anfrage senden
Christian Mehnert
Diplom-Kaufmann
Manager
Rechnungslegung und Berichterstattung