Gewerbesteuer: Keine erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG bei Veräußerung eines Mitunternehmeranteils

PrintMailRate-it
Mit seinem am 22. April 2015 veröffentlichtem Urteil (Az. IV R 22/12) hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass bereits im Erhebungszeitraum 2003 der Gewinn aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils im Sinne des § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG nicht in die erweiterte Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG einzubeziehen ist. Die erweiterte Kürzung sieht für Grundstücksunternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz nutzen und verwalten oder andere erlaubte, jedoch nicht von der Begünstigungsvorschrift erfasste Tätigkeiten ausüben, nicht nur die Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG in Höhe von 1,2 Prozent des Einheitswerts des zum Betriebsvermögens gehörenden Grundbesitzes vor, sondern stattdessen auf Antrag die Kürzung des Gewerbeertrages um den Teil, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt. § 9 Nr. 1 Satz 6 GewStG in der Fassung des EURLUmsG hat nach den Ausführungen des BFH lediglich klarstellende Bedeutung.
 
Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
 
Die A-KG hatte ein Erbbaurecht inne, dessen wesentlicher Bestandteil eine Immobilie zur Durchführung von Veranstaltungen war. Die A-KG stellte im Dezember 2002 einen Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft im Hinblick auf ein geplantes Leasing-Fondskonzept hinsichtlich der Immobilie. Nach diesem Konzept war geplant, dass zwei ihrer bisherigen Kommanditistinnen (AG 1 und AG 2) ihre Kommanditanteile veräußern mit dem Ergebnis, dass es sich bei der A-KG nur noch um eine reine Immobilienbesitzgesellschaft handeln sollte. Eine Beteiligung natürlicher Personen an der A-KG mit der Zielsetzung der Vermeidung einer gewerblichen Prägung im Sinne des § 15 Abs. 3 Nr. 2 des EStG war nicht vorgesehen. Im Rahmen der verbindlichen Auskunft wurde unter anderem die Frage gestellt, ob die A-KG als gewerblich geprägte Gesellschaft die erweiterte Grundstückskürzung gemäß § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG in Anspruch nehmen kann. Das Finanzamt stimmte dieser Rechtsauffassung mit verbindlicher Auskunft im Dezember 2002 zu.
 
Mit Wirkung zum 1. Januar 2003 veräußerten die beiden Kommanditisten ihre Kommanditanteile an der A-KG. Nachdem das Finanzamt zunächst bei der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags 2003 den erweiterten Kürzungsbetrag berücksichtigte, vertrat der Prüfer im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung die Ansicht, dass der Gewinn aus der Veräußerung von Mitunternehmeranteilen an grundstücksverwaltenden Personengesellschaften nicht zu der begünstigten grundstücksverwaltenden Tätigkeit gehöre. Das stelle der durch das Richtlinien-Umsetzungsgesetz (EURLUmsG) vom 9. Dezember 2004 (BGBl I 2004, 3310) in § 9 Nr. 1 GewStG eingefügte Satz 6 der Vorschrift klar. Das Finanzgericht folgte dieser Sichtweise des Finanzamtes.
 
Der BFH hat sich der Rechtsauffassung des Finanzgerichtes angeschlossen, dass die A-KG im Streitjahr die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht auch hinsichtlich des streitbefangenen Veräußerungsgewinns in Anspruch nehmen durfte und die Revision als unbegründet zurückgewiesen. Bereits in dem Streitjahr 2003 war der Gewinn aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils im Sinne des § 7 Satz 2 GewStG nicht in die erweiterte Kürzung einzubeziehen. Dies ergibt sich aus einer systematischen Auslegung des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG. Der Neuregelung des § 9 Nr. 1 Satz 6 GewStG kommt insoweit nur klarstellende Bedeutung zu. Der Gewinn aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils sei nicht Ausfluss der grundstücksverwaltenden Tätigkeit der Personengesellschaft, sondern der mitunternehmerischen Beteiligung. Nach ständiger BFH-Rechtsprechung zu § 7 Satz 1 GewStG gehören bei natürlichen Personen und Mitunternehmerschaften die Gewinne aus der Veräußerung oder Aufgabe eines Gewerbebetriebes oder Teilbetriebes nicht zum Gewerbeertrag. Hingegen gehören bei Kapitalgesellschaften auch Gewinne aus der Veräußerung oder Aufgabe des Betriebs oder Teilbetriebs einer Mitunternehmerschaft zum Gewerbeertrag. Gleiches gilt auch für die Veräußerung oder Aufgabe des Anteils einer Kapitalgesellschaft als Mitunternehmerin des Betriebs der Mitunternehmerschaft. Nach der Gesetzesbegründung soll § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG verhindern, dass Kapitalgesellschaften einzelne Wirtschaftsgüter, deren Veräußerung bei ihnen der Gewerbesteuer unterliegt, nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG steuerneutral auf eine Personengesellschaft übertragen, um dann anschließend die Beteiligung an der Personengesellschaft ohne Belastung mit Gewerbesteuer zu veräußern. Wenn die Einbeziehung von Gewinnen aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils, der von der Kapitalgesellschaft als Mitunternehmerin einer Personengesellschaft gehalten wird, in den Gewerbeertrag der Personengesellschaft durch eine entsprechende Kürzung des Gewerbeertrags nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG wieder rückgängig gemacht würde, würde der Normzweck des § 7 Satz 2 GewStG unterlaufen werden.
 
Der BFH hat in seiner Urteilsbegründung außerdem ausgeführt, dass das Finanzgericht zu Recht eine Bindung an die erteilte verbindliche Auskunft verneint hat, da dieser keine Erklärung zu der gewerbesteuerlichen Behandlung des streitbefangenen Veräußerungsgewinns zu entnehmen ist und die A-KG nicht nach den Grundsätzen von Treu und Glauben von der Einbeziehung des Veräußerungsgewinns in die gewerbesteuerliche Kürzung ausgehen durfte. Der objektive Erklärungswert der vom Finanzamt erteilten verbindlichen Auskunft sei in nahezu vollkommener Übereinstimmung mit dem Wortlaut der Fragestellung erfolgt. Ein objektiver Betrachter musste demnach davon ausgehen, dass mit der Auskunft des Finanzamts lediglich die grundsätzliche Frage, ob die A-KG die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG „überhaupt“ in Anspruch nehmen könne, beantwortet werden sollte.
 
Diese BFH-Entscheidung zeigt, dass im Rahmen der Beantragung einer verbindlichen Auskunft bei der Formulierung der Fragestellung ein Höchstmaß an Genauigkeit und Sorgfalt beachtet werden sollte. Die spätere belastbare Umsetzung des Sachverhalts im Sinne einer verbindlichen Auskunft kann nur gelingen, wenn in der Fragestellung alle Tatbestände berücksichtigt waren.

Kontakt

Contact Person Picture

Meike Munderloh

Steuerberaterin

Partner

+49 40 2292 975 40

Anfrage senden

Profil

Wir beraten Sie gern!

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu