BFH: Abgrenzung von umsatzsteuerfreier Vermittlung zum umsatzsteuerpflichtigen Vertrieb von Fondsanteilen

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Die heute veröffentlichte Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 14. Mai 2014 (Az. XI R 13/11) setzt sich mit der in der Praxis bedeutenden Frage der umsatzsteuerlichen Behandlung von Vermittlungsleistungen in mehrstufigen Vertriebsstrukturen auseinander. Hierbei geht es vor allem um die strittige Abgrenzungsfrage zwischen umsatzsteuerfreien Vermittlungstätigkeiten zu umsatzsteuerpflichtigen Leistungen, die insbesondere im Verhältnis zwischen Haupt- und Untervermittler von Fondsanteilen auftritt. Diese Abgrenzungsproblematik stellte sich im Sachverhalt, der bereits von dem Finanzgericht Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 24. März 2011 (EFG 2011, 1566) entschieden wurde. Die in Deutschland ansässige Klägerin wurde von einer in Lichtenstein ansässigen Vertriebsgesellschaft beauftragt, Fondsanteile von US-amerikanischen Fondsgesellschaften am deutschen Markt zu vertreiben. Hierfür wurden entsprechende Vertriebsverträge sowie ein Distributing Agreement abgeschlossen. Zum Vertrieb der Fondsanteile bediente sie sich einem Pool von ca. 4.000 selbständigen Vermittlern, die die US-Fondsanteile an Privatinvestoren vertrieben. Die Klägerin hat aufgrund der abgeschlossenen Vertriebsverträge die selbständigen Abschlussvermittler durch Mitarbeiterschulung, Zurverfügungstellung von Werbematerialien, Prospekten sowie Kaufanträgen unterstützt. Darüber hinaus erteilte sie Auskünfte und Informationen über Investmentfonds im Allgemeinen und die Fonds der beiden Fondsgesellschaften im Besonderen und führte Werbungs- und Öffentlichkeitsarbeiten durch. Im Rahmen der Abwicklung von Kaufanträgen hatte die Klägerin dafür Sorge zu tragen, dass die von den Abschlussvermittlern eingereichten Kaufanträge ordnungsgemäß und vollständig ausgefüllt, eigenhändig unterzeichnet und an die Fondsgesellschaft weitergeleitet wurden. Für diese Tätigkeiten erhielt die Klägerin neben einer Vermittlungsprovision auch eine laufende Marketing- sowie eine Bestandspflegeprovision für die Kundenbetreuung. Die erhaltenen Provisionen leitete die Klägerin teilweise an die selbständigen Untervermittler weiter. Die erhaltenen Provisionen behandelte die Klägerin als Vermittlungsleistungen, die in Deutschland umsatzsteuerfrei sind bzw. im konkreten Sachverhalt (mangels Leistungsort im Inland) in Deutschland nicht steuerbar waren. Demgegenüber unterwarf das Finanzamt aufgrund einer durchgeführten Außenprüfung die Leistungen der Klägerin als sonstige, (gemäß alter Rechtslage bis Ende 2009 zum Ort der sonstigen Leistung) in Deutschland umsatzsteuerpflichtige Vertriebs- und nicht als steuerfreie Vermittlungsleistungen der Umsatzsteuer.
 
Die hiergegen gerichtete Klage wurde sowohl in der erstinstanzlichen Entscheidung des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz als auch nun vom BFH zurückgewiesen. Die streitbefangenen Tätigkeiten sind nicht als umsatzsteuerfreie Vermittlungen einzustufen, sondern als umsatzsteuerpflichtige Vertriebsleistungen. Aufgrund der Gesamtwürdigung kam der BFH zu der Erkenntnis, dass die von der Klägerin erbrachten Leistungen als reine Sacharbeit einzuordnen ist, da der Schwerpunkt im Bereich der bloßen Vertriebstätigkeit, nämlich der Anwerbung von Abschlussvermittlern, deren Schulung sowie deren Betreuung und Unterstützung im Rahmen ihres Einsatzes liegt. Die Klägerin erbringt keine typischen Vermittlungsleistungen, da sie keine Möglichkeit hat, zumindest im Einzelfall mittelbar Einfluss auf den Vertragsabschluss auszuüben. Der BFH vermisst das eine Vermittlung kennzeichnende Handeln gegenüber individuellen Vertragsinteressenten, da die Klägerin sich lediglich für den Vertrieb der Fondsanteile einem Pool aus selbständigen Abschlussvermittlern bedient hat und dabei lediglich betriebsunterstützend tätig geworden ist. Auch eine erfolgsabhängige Vergütungsregelung kann die Steuerfreiheit der Leistung nicht begründen. Der BFH betont nochmal, dass sowohl Mitarbeiterschulungen, Werbemaßnahmen als auch das Überlassen von Werbematerial zwar alle das Ziel haben, den Verkauf der Fondsanteile zu fördern. Gleichwohl liegen im Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH mangels Einwirkungsmöglichkeiten lediglich vertriebsunterstützende, umsatzsteuerpflichtige Tätigkeiten und keine umsatzsteuerbefreiten Vermittlungsleistungen vor.
 
Die Bestätigung der erstinstanzlichen Entscheidung durch das heute veröffentlichte BFH-Urteil gibt erneut Anlass zu der Überprüfung bestehender mehrstufiger Vertriebsstrukturen. Dabei sollte in den zugrundliegenden Verträgen sichergestellt werden, dass der Leistungsumfang des Hauptvertriebspartners klar und eindeutig dahingehend ausgelegt werden kann, dass auch er eigene, umsatzsteuerfreie Vermittlungsleistungen erbringt und deren Tätigkeit nicht ausschließlich auf vertriebsunterstützende, umsatzsteuerschädliche Sacharbeit beschränkt ist.

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Frank Dißmann

Diplom-Kaufmann, Steuerberater

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