Abzug nachträglicher Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung im Falle der nicht steuerbaren Veräußerung der Immobilie

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In seinem Urteil vom 8. April 2014 (IX R 45/13) nimmt der Bundesfinanzhof (BFH) zu der Frage Stellung, ob bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung auch nachträgliche Schuldzinsen abgezogen werden dürfen, wenn die Immobilie nach Ablauf der Veräußerungsfrist gemäß § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG steuerfrei veräußert wird.
 
Der Kläger war zusammen mit zwei weiteren Gesellschaftern an einer GbR beteiligt, die im Jahr 1996 ein Mehrfamilienhaus errichtete und nach Fertigstellung zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung vermietet wurde. Nach Ablauf der Veräußerungsfrist von zehn Jahren gemäß § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG verkaufte die GbR das Mehrfamilienhaus. Der Veräußerungserlös reichte jedoch nicht aus, um die bestehenden Darlehensverbindlichkeiten sowie Kontokorrentschuld der GbR auszugleichen. Der Kläger übernahm die anteilige Darlehensverbindlichkeit und Kontokorrentschuld, so dass danach die GbR aufgelöst werden konnte. Für die Finanzierung der übernommenen Schulden nahm der Kläger ein neues Darlehen auf. Die Schuldzinsen hierfür machte der Kläger in der Einkommensteuererklärung als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Das Finanzamt berücksichtigte die geltend gemachten Schuldzinsen im Rahmen der Einkommensteuererklärung nicht.
 
Der BFH legt bei seiner Entscheidung das Urteil vom 20. Juni 2012 (IX R 67/10, BStBl. II 2013, 275) zugrunde, im Rahmen dessen er entschieden hatte, dass ein nachträglicher Schuldzinsenabzug auch im Falle einer steuerbaren Veräußerung innerhalb der 10-jährigen Veräußerungsfrist möglich ist. Der BFH begründet sein Urteil damit, dass Schuldzinsen bei Vorliegen eines steuerlich anzuerkennenden wirtschaftlichen Zusammenhangs Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sind. So ist ein steuerrechtlich anzuerkennender wirtschaftlicher Zusammenhang von Schuldzinsen mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gegeben, wenn das Darlehen erstmalig (das heißt tatsächlich) zur Anschaffung eines Vermietungsobjektes verwendet wird. 
 
Der BFH überträgt seine ständige Rechtsprechung zur Surrogationsbetrachtung, die bereits von der Finanzverwaltung anerkannt wird, auf die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und geht davon aus, dass bei Veräußerung eines durch ein Darlehen finanziertes Wirtschaftsgutes weiterhin zu zahlende Zinsen weiter als Werbungskosten oder Betriebsausgaben berücksichtigt werden können, wenn der Veräußerungserlös wieder zum Zwecke der Einkunftserzielung verwendet wird. Dies führt dazu, dass ein einmal begründeter Veranlassungszusammenhang eines Darlehens mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht allein deshalb entfällt, weil die mit den Darlehensmitteln angeschaffte Immobilie veräußert wird. Schuldzinsen eines solchen Darlehens können somit weiter als Werbungskosten berücksichtigt werden, wenn die Verbindlichkeiten durch den Veräußerungserlös nicht getilgt werden können. 
 
Maßgeblich für den nachträglichen Schuldzinsenabzug ist, was mit dem Veräußerungspreis geschieht. Soweit der Steuerpflichtige zum Beispiel ein neues, zur Vermietung bestimmtes Immobilienobjekt anschafft, besteht der wirtschaftliche Zusammenhang des Darlehens mit dem neuen Objekt fort. Wenn keine andere Einkunftsquelle angeschafft wird, kommt es darauf an, ob der Verkaufserlös zur Darlehensablösung ausreicht. Ist dies der Fall, endet der wirtschaftliche Zusammenhang mit der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung, und zwar unabhängig davon, ob der Steuerpflichtige tatsächlich das Darlehen ablöst, oder ob er den Veräußerungserlös anderweitig (privat) verwendet und das Darlehen bestehen lässt. Entsprechend dem Grundsatz des Vorrangs der Schuldentilgung sind die Schulden der Gesellschaft im Zuge ihrer Auflösung – mittels des dem Gesellschafter zur Verfügung stehenden (Betriebs-)Vermögens – vorrangig vor der Befriedung privater Bedürfnisse der Gesellschafter oder ihrer Ansprüche gegenüber der Gesellschaft zu tilgen. Bestimmte Verwertungshindernisse rechtfertigen im Einzelfall eine Ausnahme von dem Grundsatz des Vorrangs der Schuldentilgung. Das bedeutet für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, dass der Steuerpflichtige den Erlös aus der Veräußerung der vermieteten Immobilie – soweit keine Tilgungshindernisse entgegenstehen – stets und im vollen Umfang zur Ablösung des aufgenommenen Darlehens verwenden muss.
 
Im Rahmen seiner Rechtsprechung stellt der BFH bei der Anerkennung von Schuldzinsen als Werbungskosten nicht allein auf den ursprünglichen, mit der Schuldübernahme verfolgten Zweck und damit auf die erstmalige Verwendung der Darlehensmittel ab, so dass auch auf ein Refinanzierungs- oder Umschuldungsdarlehen gezahlte Schuldzinsen dem Grund nach durch die (frühere) Einkünfteerzielung veranlasst sein können. So kann unter Umständen auch ein Darlehen, das zur Umschuldung eines Anschaffungsdarlehens für eine inzwischen veräußerte Immobilie aufgenommen wurde, noch in mittelbaren – und damit hinreichenden – wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung stehen. Die Valuta des Umschuldungsdarlehens darf aber nicht über den abzulösenden Restbetrag hinausgehen. Auch muss die Umschuldung sich im Rahmen einer marktüblichen Finanzierung bewegen, wozu regelmäßig auch eine vertraglich fixierte Tilgungsvereinbarung gehört. 
 
Soweit der Steuerpflichtige als Gesellschafter einer vermögensverwaltenden Gesellschaft Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt hat, ist es für die Berücksichtigung von nachträglichen Schuldzinsen nach der Veräußerung der Immobilie von Bedeutung, in welchem Umfang dem Steuerpflichtigen seinerseits die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zuzurechnen waren. Die Zurechnung von Wirtschaftsgütern und der hierfür aufgenommene Darlehen erfolgt in der Regel nach Bruchteilen; das heißt, dass dem Gesellschafter im gleichen Umfang das zur Anschaffung einer Immobilie und somit zur Einkunftserzielung aufgenommene Darlehen nach Beendigung der Gesellschaft zuzurechnen ist, wie ihm vormals auch die Einkünfte anteilig zugerechnet wurden. 
 
Somit lässt sich zusammenfassend festhalten, dass aufgrund von nachträglichen Schuldzinsen entstehende negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung trotz einer steuerfreien Veräußerung der Immobilie anzuerkennen sind, wenn der Erlös aus der Veräußerung der Immobilie nicht zur Darlehenstilgung reicht und zwischen dem Darlehen und der veräußerten Immobilie ein wirtschaftlicher Veranlassungszusammenhang besteht.

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Christina König

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