Wie der Phönix – Wie sich Kommunen in der Krise durch Erneuerbare Energien vorteilhaft positionieren können

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veröffentlicht am 01. Juli 2020

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Es ist nichts Neues, dass Krisen auch dazu dienen gestärkt daraus hervorzugehen. Doch wie schafft man es, vielleicht auch als nicht wohl-situierte Kommune, kommunales Unternehmen oder Stadtwerk in Zeiten verringerter Liquidität, Haushaltssperren und Konsolidierungen die richtigen Entscheidungen zu treffen?

 

 

Die Krise als Anlass zur Veränderung

Die Corona-Krise hat durch vielfältige Entwicklungen dazu geführt, dass viele öffentliche Einrichtungen bzw. Unternehmungen (auch Städte gehören in diesem Kontext zu Unternehmungen) in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sind. Wenn Mittel knapp sind, die Lage angespannt ist und das Tagesgeschäft schon viel abverlangt, scheinen strategische Fragen fehl am Platz. Genau in solchen Situationen zeigt sich jedoch unternehmerische Kompetenz durch das Ableiten der richtigen Schlussfolgerungen. Grundlegend stellt sich die Frage, wie man das Unternehmen langfristig krisensicher, also nachhaltiger ausrichten kann.

 

Die Pole-Position kommunaler Unternehmen

Trotz der aktuellen Corona-Krise und der immer unausweichlicheren Klimakrise können und sollten sich Kommunen auf ihre Stärken und der damit verbundenen Potenziale besinnen. Ein möglicher Weg hierfür sind Erneuerbare Energien (EE):

  • Wer kennt das Gemeindegebiet besser als jeder andere?
  • Wer besitzt, verwaltet oder hat Zugriff auf viele Liegenschaften?
  • Wer kennt die Bedürfnisse der Bürger, bzw. Nutzer und Verbraucher der Liegenschaften und genießt das Vertrauen?

Wohl keiner ist auch in der Kommune so gut vernetzt wie die kommunalen Unternehmen selbst und hat gleichzeitig die klare Aufgabe sich zu 100 Prozent für das Wohle der Kommune einzusetzen.

 

Insbesondere Stadtverwaltungen müssen daher lokal aktiv werden und Stadtwerke können ihre Position sogar regional als Versorger ausbauen. Städte müssen verstehen, dass eine nachhaltige Ausrichtung in diversen Feldern einerseits die Kommune krisensicherer macht, anderseits aber auch attraktiver für Ansiedlung von Gewerbe und natürlich für die Bürger. Grundlegend erhöhen EE-Projekte die wirtschaftliche Stabilität durch stabile Renditen und Verbesserung der Liquidität. Durch die gesetzliche Absicherung von Renditen oder entsprechenden Stromverkaufsstrukturen können sie daher im besonderen Maße in Krisenzeiten stabile Einnahmen für die Stadtkasse darstellen.

 

Rückenwind für Erneuerbare Energien

Neben den eben genannten Voraussetzungen auf kommunaler Ebene stehen auch auf nationaler und europäischer Ebene die Zeichen auf Rückenwind für EE. Die Europäische Union will mit dem „Green Deal” den Ausbau der EE mit erheblichen Mitteln fördern. Das Konjunkturpaket als Antwort auf die Corona-Krise hat auch einige Anreize sowohl im Mobilitäts- als auch im Storm- und Wärmesektor zu bieten1. Der deutsche CO2 – Preis ist beschlossen und wird ab 2021 mit einem Preis von 25 €/t – CO2 äqui starten und sich schrittweise auf ein Minimalpreis von 55 €/t – CO2 äqui erhöhen2.

 

Es herrscht Aufbruchsstimmung bei den EE und gleichzeitig wird die Nutzung jeglicher fossiler Energieträger gebremst. Kurzzeitige, bisher nicht denkbare Energie-Marktzerwürfnisse, wie wir jetzt während der Corona-Krise erlebten, zeigen, dass auch fossile Energieträger sehr volatil sind. Dies jedoch ohne den Vorteil der langfristigen Planbarkeit, der regionalen Wertschöpfung und der ökologischen Vorteile.

 

Dekarbonisierung und die Auswirkungen

Vor diesem Hintergrund ist es in jedem Fall empfehlenswert jede Möglichkeit der EE-Gewinnung im Gemeindegebiet in Betracht zu ziehen und so die Kommune für die kommenden Dekade der Dekarbonisierung mit allen Auswirkungen vorzubereiten. Bei Energieversorgern führt der immer transparenter werdende Markt zu sinkenden Margen. Die Eigenerzeugung der immer effizienter werdenden Prosumer (die Themen sind hier: Eigenverbrauch optimiertes Smart-Home, effiziente Dämmung, bidirektionales Laden von E-Mobilen) führt zudem zu rückläufigen Marktvolumina und Absatzzahlen im Strom und Gas. Auch wenn Teuerungsraten von effizienten Erzeugungsanlagen wie Blockheizkraftwerken durch gute Preisgleitungen an die Kunden weitergereicht werden können, werden diese mittelfristig einen Wechsel in Betracht ziehen, da auf Grund der CO2 – Besteuerung ein steter Preisanstieg zu erwarten ist. In der Folge sinkt zunehmend die Ertragskraft und langfristig ist eine Gefährdung des Unternehmens nicht auszuschließen.

 

Stromsektor

Jedwede Investition in EE bietet hingegen langfristige Kostensicherheit und zum Teil staatlich abgesicherte Erlöse und somit Renditemöglichkeiten. Neuartige Finanzierungs- und Absicherungsinstrumente im Stromsektor, sog. Power-Purchase-Agreements (PPA, Stromabnahmeverträge) ermöglichen bereits heute bei gewissen Projekten einen wirtschaftlichen Anlagenbetrieb auch außerhalb der durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) festgelegten Flächenkulisse. Da diese mit Marktpreisen konkurrieren, werden diese Konstrukte durch die immer weiter sinkenden Produktionskosten und der Nachfrage nach nachhaltiger Energieerzeugung der Konsumenten immer attraktiver. Gleichzeitig birgt aber der Spotmarkt ein dem Marktmodell geschuldetes Risiko durch den Kannibalisierungseffekt3. Neue Anlagenkonzepte wie vertikale bifaziale PV (als Agro-PV im Agrarsektor) können diesen Effekt zumindest teilweise durch geändertes Anlagenlayout vermindern und auch den Nutzflächenverbrauch minimieren (wie auch bei Realisierung von schwimmender Photovoltaik sog. Floating PV).

 

Wärmesektor

Im Wärmesektor sind im industriellen Maßstab, neben Solarthermie-Freiflächenanlagen Wärmepumpen ein zukunftsweisendes Konzept zur flexiblen und nachhaltigen Wärmeerzeugung aus Umweltenergie im Sinne der Energiewende mit den selben wirtschaftlichen Vorteilen wie Stromerzeuger.

 

Die Kombination von hocheffizienter Nutzung von Umweltenergie (Luft, Geothermie, Gewässer, Solar) durch die Wärmepumpe in Verbindung mit einer PV-Anlage zur Betriebsstrombereitstellung und einem Wärmespeicher stellt erneuerbare Wärme zu konstanten Preisen bereit. Lässt das Konzept ein Wärmenetz in Kombination mit der Nutzung der geothermischen Ressource zu, ist nachhaltige, brennstofffreie Wärmeerzeugung (teilweise sogar in Kombination mit Kälte- oder Stromerzeugung) in großem Stil kein Fragezeichen mehr.

 

Prüfung des Flächenpotentials als erster Schritt

EE bieten sowohl für Kommunen als auch für kommunale Energieversorger eine breite Palette an Möglichkeiten auch in Zukunft noch erfolgreich zu sein. In den Sektoren Strom, Wärme und Mobilität bieten sich Möglichkeiten zu Projekten der Eigenstromerzeugung, bis hin zum Regionalstromverkauf oder für Stadtwerke die Entwicklung zu einem Autarkieanbieter für Liegenschaften und Gewerbe durch intensiven Aufbau von dezentraler Energieerzeugung. Die lokale bzw. regionale Pole-Position bietet viel Handlungsspielraum und sollte in allen Facetten strategisch durchdacht werden, um eine nachhaltige und alle Sphären umfassende Strategie zu erarbeiten und sich gegen Zugriff nationaler Vertriebe und privater Contractingunternehmen zu wehren. Aus kommunaler Sicht ist sozusagen Hand anzulegen an die Potenziale, die sich vor Ort ergeben. Hierfür sehen wir folgende Schritte als essentiell an:

 

Flächenpotenzial

 

 

Die Marktbedingungen haben sich in den letzten Jahren entscheidend verändert und es sind sowohl technisch als auch wirtschaftlich neue Projektkonstellationen realisierbar geworden. Viele Flächen, die vorher als nicht relevant oder wirtschaftlich angesehen wurden, können heute genutzt werden. Daher lohnt sich auch eine Aktualisierung von älteren Analysen: selbst 3-4 Jahre alte Überlegungen sollten auf die aktuellen Bedingungen geprüft werden.

 

Im Photovoltaikbereich sollte schon bei der Flächenanalyse nach dem jeweiligen Business-Case (Eigenversorgung, Pachtmodell, Volleinspeisung, PPA) unterschieden werden, da sich hieraus die grundlegenden Rahmenparameter, wie z.B. die gesellschaftsrechtliche Konstruktion (Eigentümer, Betreiber, Verpächter), die nötige Größe und der Entwicklungsaufwand ergeben. Interessant sind hier im Stromsektor neben den bekannten Flächen im 110 m Bereich um Autobahnen wie auch Schienenwegen und auf Konversionsflächen nun vor allem auch Flächen in der Nähe von Großverbrauchern, bei denen eine lokale Direktlieferung in Frage kommt bzw. große Flächen in der Nähe eines Netzanschlusses für PPAs. Nicht zu vernachlässigen sind auch Potentiale der schwimmenden und Agro-PV-Anlagen.

 

Im Bezug auf Wärmeerzeugungsanlagen sind neben geothermisch nutzbaren Arealen vor allem (Ab-)Wärmequellen für Wärmepumpen zu identifizieren. Ebenso können bei Großprojekten große Flächen für Wärmespeicher und Solarthermieanlagen relevant sein, welche sich in direkter Umgebung des Wärmenetzes befinden sollten. Solche Konzepte werden auch intensiv durch das Förderprogramm Wärmenetze 4.0 gefördert.

 

Ist es nicht möglich auf die Flächen selbst zuzugreifen (z.B. bei Gewerbegebieten, Privathaushalten), können Informationsveranstaltungen durchgeführt werden, um so Bewusstsein für die Investitionspotentiale zu schaffen.

 

Die Umsetzung – wer wirklich profitieren will, macht es selbst!

Nach Identifikation geeigneter Flächen und einer groben Wirtschaftlichkeitsanalyse ist in jedem Fall eine Finanzierungsplanung und hierbei eine Prüfung von Fördermitteln vorzunehmen. Da im Stromsektor die Förderung oft klar durch das EEG vorgegeben ist, lohnt sich der Aufwand im Wärmebereich europäische, Bundes- und Landesförderprogramme auf Förderfähigkeit des Projektes zu prüfen. Aber Achtung: die meisten Fördermittel müssen vor der ersten Beauftragung beantragt werden. Ebenso der Beschaffungsprozess (ggfs. mit Beratern), sowie die Finanzierungsplanung und Investition sind selbst vorzunehmen, da so die Marge der Zwischenhändler umgangen wird. Heutzutage ist es im Bereich der EE üblich schlüsselfertige Anlagen zu kaufen. Somit ist das Risiko einer eigenen Umsetzung auch gut abschätzbar, allerdings liegt somit natürlich mehr Gewicht auf dem konkreten Beschaffungsprozess und der vertraglichen Ausgestaltung.

 

Ist es geplant, z.B. auf mehreren kommunalen Gebäuden PV-Anlagen zu beschaffen, kann durch eine gesammelte, strukturierte Beschaffung eine hohe Qualität bei gleichzeitig erheblichen Kosteneinsparungen ermöglicht werden. Es ist normal, dass nicht alle Projekte gleichzeitig umgesetzt werden können. Daher ist nach erfolgter Priorisierung der Projekte eine den Liquiditäts- und Finanzierungsvoraussetzungen entsprechende Investitionsplanung vorzunehmen. Projektfinanzierungen können dabei unabhängig von den aktuellen Haushaltsbedingungen erlangt werden und stehen somit auch – neben Krediten von Förderbanken – finanzschwächeren Unternehmen bzw. Kommunen zur Verfügung.

 

… keine Asche – oder doch?

Die Corona-Krise hat uns gezeigt, wie verletzlich unsere Wirtschaft ist. Zur Stabilität der regionalen Wirtschaft und der eigenen Betriebe ist gerade im kommunalen Umfeld eine strategische und langfristige Ausrichtung zum Klimaschutz mit Fokus auf die EE-Erzeugung entscheidend. Dabei sind Kommunen in der einzigartigen Lage Flächen bzw. Dachflächen, Wissen und Regionalität als wertvolles Asset nutzen zu können. Sie können entweder direkt selbst profitieren oder indirekt über Einnahmen der Gewerbesteuer, selbst erbrachten Dienstleistungen und auch Kommunaldarlehen. Stabile Renditen, vorhersehbare Erlöse bei gut abschätzbaren Risiken von EE-Anlagen können die entscheidende Rolle in einer Krise spielen.

 

Nutzen Sie ihr Potenzial – wir unterstützen Sie gerne dabei in allen Bereichen!



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1 https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Schlaglichter/Konjunkturpaket/2020-06-03-eckpunktepapier.pdf

2 https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/klimaschutz/co2-bepreisung-1673008

3 Bei gleichzeitiger hoher Produktion von z.B. ansteigenden Mengen Solarstrom sinkt der Börsenstrompreis; dies macht Finanzierungen schwieriger, da die Erlöse schwieriger zu kalkulieren sind.

 

Kontakt

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Kai Imolauer

Diplom-Wirtschaftsingenieur (FH)

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M.Sc. Engineering

Manager

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