Frauenquote: Bei Mitbestimmung auch in kommunalen Unternehmen relevant!

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veröffentlicht am 9. April 2015

 

Am 6. März 2015 beschloss der Bundestag das „Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst” - die „Frauenquote”. Die Medienberichterstattung dazu hat die Aufmerksamkeit vornehmlich auf die ab 2016 als verbindlich geltende Quote von 30 Prozent Frauen in den Aufsichtsräten börsennotierter Großunternehmen gelenkt. Da dies auch nach Einschätzung der Bundesregierung nur für etwa 100 Unternehmen gelten wird, konnte der Eindruck entstehen, dass die übrige Unternehmenswirtschaft, insbesondere die kommunale, davon nicht berührt wird. Der Blick auf die Details zeigt jedoch, dass das Gesetz viel weiter reicht.

 

Der Bundestag beschloss das „Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe…” als Artikelgesetz, d.h. als Gesetz, dessen einzelne Artikel zu Änderungen in einer Mehrzahl von Einzelgesetzen führen, etwa im AktG, HGB, GmbHG, GenG, SGB III usw. So wurde die eingangs benannte Quote mit einem an § 96 AktG neu angefügten Abs. 2 gesetzlich fixiert. Die fixe Mindestquote von 30 Prozent gilt danach für Aufsichtsräte von Unternehmen, die börsennotiert sind und der paritätischen Mitbestimmung nach dem Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer (MitbestG), dem Montan-Mitbestimmungsgesetz (Montan-MitbestG) oder dem Montan-Mitbestimmungsergänzungsgesetz (MitbestErgG) unterliegen. Paritätische Mitbestimmung heißt, dass sich der Aufsichtsrat zur einen Hälfte aus Vertretern der Inhaber (Aktionäre) und zur anderen Hälfte aus Vertretern der Arbeitnehmer zusammensetzt. Die fixe Quote von Frauen im Aufsichtsrat ist damit nur dann zu erfüllen, wenn beide Voraussetzungen – börsennotiert und paritätisch mitbestimmt – zusammen vorliegen. Betroffen sein werden damit die großen Publikumsgesellschaften mit i.d.R. mehr als 2.000 Arbeitnehmern in der Rechtsform der AG und der KGaA - deutschlandweit nur etwa 100 Unternehmen.

 

Keine fixe Quote, aber doch zwingende Handlungsbedarfe zur Förderung des Anteils weiblicher Führungskräfte ergeben sich allerdings auch für Unternehmen „unterhalb” dieser Schwellen, nämlich (schon) für Unternehmen, die börsennotiert sind oder der Mitbestimmung unterliegen, §§ 76 Abs. 4 AktG, 36 GmbHG, 9 Abs. 3 GenG n.F. Dabei ist „Mitbestimmung” im Sinne dieser neuen Normen nicht nur die Mitbestimmung nach den in § 96 Abs. 2 AktG n.F. genannten Mitbestimmungsgesetzen, sondern auch die nach dem Drittelbeteiligungsgesetz (DrittelbG). Das DrittelbG kommt bei Kapitalgesellschaften und Genossenschaften (nicht Personengesellschaften) zur Anwendung, wenn dort i.d.R. mehr als 500 Arbeitnehmer tätig sind, soweit das Unternehmen nicht wegen des sog. „Tendenzschutzes” (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 DrittelbG) – in erster Linie karitative Unternehmen wie Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen - von der Anwendung des DrittelbG wieder ausgenommen ist. In einer Krankenhaus-Gesellschaft mit i.d.R. mehr als 500 Arbeitnehmern kommt damit das DrittelbG – und im Gefolge dessen die neuen Handlungsbedarfe – nicht zur Anwendung, durchaus aber in einer Stadtwerke- oder Nahverkehrs-AG oder -GmbH oder auch einer Wohnungsbau-Genossenschaft mit i.d.R. mehr als 500 Arbeitnehmern.

 

In den börsennotierten oder mitbestimmten Unternehmen wird der Vorstand (AG, Genossenschaft) bzw. die Geschäftsführung (GmbH, KGaA) nach den neuen §§ 76 Abs. 4 AktG, 36 GmbHG, 9 Abs. 3 GenG verpflichtet, verbindliche Zielgrößen zur Erhöhung des Frauenanteils für die beiden Führungsebenen unterhalb des Vorstands/der Geschäftsführung festzulegen. Mit den beiden Führungsebenen unterhalb des Vorstands/der Geschäftsführung  sind die tatsächlich im konkreten Unternehmen eingerichteten Hierarchieebenen gemeint. Mindestzielgrößen für den Frauenanteil in diesen beiden Führungsebenen sind nicht vorgegeben. Liegt hier aber der Frauenanteil bislang unter 30 Prozent, dürfen die festzulegenden Zielgrößen nicht hinter dem schon erreichten Anteil zurückbleiben. Zugleich sind in börsennotierten oder mitbestimmten Unternehmen durch den Aufsichtsrat Zielgrößen für den Frauenanteil im Vorstand selbst (AG, Genossenschaft) und im Aufsichtsrat (AG, GmbH, Genossenschaft) festzulegen, §§ 111 Abs. 5 AktG, 9 Abs. 4 GenG n.F. Auch hier sind keine Mindestgrößen für die Zielgrößen vorgegeben und auch hier darf eine erreichte, unter 30 Prozent liegende Quote nicht mehr unterschritten werden.

 

Zu beachten ist, dass die Zielgrößen für den Frauenanteil im Vorstand (AG, Genossenschaft), beiden Führungsebenen unterhalb Vorstand/Geschäftsführung (AG, GmbH, Genossenschaft) und im Aufsichtsrat (AG, GmbH, Genossenschaft) erstmalig bereits bis zum 15. Juni 2015 festgelegt werden müssen; zugleich müssen mit der Festlegung der Zielgrößen auch Fristen für die Erreichung der Zielgrößen festgelegt werden, die erstmalig nicht länger als zwei Jahre reichen dürfen (vgl. z.B. § 25 Abs. 1 EG AktG n.F., § 5 GmbHG-Einführungsgesetz n.F.). Dies heißt etwa, dass die Geschäftsführung einer drittel-mitbestimmten Stadtwerke-GmbH bis zum 15. Juni 2015 Zielgrößen für den Frauenanteil in den beiden Führungsebenen unterhalb der Geschäftsführung und der Aufsichtsrat der gleichen Gesellschaft Zielgrößen für den Frauenanteil im Aufsichtsrat festlegen muss und beide Organe ebenso festlegen müssen, wie diese Zielgrößen in Führungsebenen und Aufsichtsrat bis zum 30. Juli 2017 umzusetzen sind. Ergänzend dazu sind die festgelegten Zielgrößen und deren Fristen, sowie das Erreichen bzw. Nicht-Erreichen der Zielgrößen in den Fristen, jährlich in den Lageberichten zum Jahresabschluss darzustellen, § 289a Absätze 2 und 4 HGB n.F. Da das Vorstehende jeweils nur dann einschlägig ist, wenn es sich um mitbestimmte Unternehmen handelt, die Mitbestimmungsgesetze (MitbestG, Montan-MitbestG, MitbestErgG, DrittelbG) ihrerseits aber neben der Arbeitnehmerzahl immer auch auf der Unternehmensorganisationsform aufsetzen (vornehmlich Kapitalgesellschaften), bestehen unabhängig von Unternehmensgegenstand und Arbeitnehmerzahl gesetzlich geboten keine Handlungsbedarfe, wenn das Unternehmen in einer anderen Organisationsform geführt wird - die Stadtwerke-GmbH mit i.d.R. mehr als 500 Arbeitnehmern hat den Verpflichtungen nachzukommen, für die Stadtwerke in der Rechtsform eines Kommunalunternehmens/einer AöR mit i.d.R. mehr als 500 Arbeitnehmern ist dies dagegen nicht einschlägig. Damit können Gestaltungsmöglichkeiten – Gestaltungsmöglichkeiten „in beide Richtungen” – eröffnet werden. 

 
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