EuGH pfeift BGH in Sachen Einordnung Stromverteiler­netze zurück – Quod vadis Kundenanlage?

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 2. Dezember 2024 | Lesedauer ca. 2 Minuten
Die Entscheidung des EuGH vom 28. November 2024 war mit Spannung erwartet worden und bringt viele Betreiber von dezentralen Versorgungslösungen wohl in die Bredouille. Der BGH hatte dem EuGH die Frage vorgelegt, ob die Betreiber einer Energieanlage keine Pflichten eines Verteilernetzbetreibers treffen, wenn sie die Energieanlage anstelle des bisherigen Verteilernetzes betreiben, um mittels in einem BHKW erzeugten Stroms mehrere Wohnblöcke mit bis zu 200 vermieteten Wohnein­heiten und mit einer jährlichen Menge an durchgeleiteter Energie von bis zu 1.000 MWh zu versorgen, wobei die Kosten des Betriebs der Energieanlage von den Letztverbrauchern (Mietern) getragen werden und der Betreiber den erzeugten Strom an die Mieter verkauft.
rote Pfeife auf dem weißen Hintergrund

Der EuGH hat in seiner Entscheidung (C-293/23) nun klargestellt, dass allein die Spannungsebene der weiter­geleiteten Elektrizität, da diese zumindest Niederspannung aufweisen muss, und die Kategorie von Kunden, für die die weitergeleitete Elektrizität bestimmt ist, maßgebliche Kriterien sind, um festzustellen, ob ein Netz ein Verteilernetz im Sinne der Richtlinie 2019/944 ist. Jedenfalls die vom deutschen Gesetzgeber im EnWG geregelte Kundenanlage (§ 3 Nr. 24a EnWG) und damit Ausnahme vom regulierten Verteilernetz widerspricht den europäischen Vorgaben. Zwar sieht die Richtlinie 291/944 die Möglichkeit von Ausnahme vom regulierten Verteilernetz vor. Die Anforderungen für diese Ausnahmen (z.B. Bürgerenergiegemeinschaften, kleines isoliertes Netz) sind durch die Kundenanlage nach § 3 Nr. 24a EnWG allerdings nicht erfüllt.
 
Der EuGH stellt fest, dass eine nationale Regelung wie § 3 Nr. 24a EnWG geeignet ist, eine nicht unerhebliche Anzahl von Einrichtungen vom Anwendungsbereich der den Verteilernetzbetreibern obliegenden Verpflich​­­­­­­­­­tungen auszunehmen, obwohl diese Einrichtungen Anlagen betreiben, die unstreitig dazu dienen, Elektrizität mit Hoch , Mittel oder Niederspannung, die zum Verkauf an Kunden bestimmt ist, weiterzuleiten.
 

Wie geht es nun weiter?

Es stellen sich eine Vielzahl von Fragen, die genau analysiert und beantwortet werden müssen, von Netzbetreibern aber auch Anlagenbetreibern:

  • Der EuGH hatte nur über die „normale“ Kundenanlage zu entscheiden; wie sieht es mit der Kundenanlage zur betrieblichen Eigenversorgung (§ 3 Nr. 24b EnWG) aus? 
  • Der BGH muss nun im konkreten Fall ENGIE ./. Regulierungsbehörde Sachsen die Entscheidung des EuGH berücksichtigen. Was macht der BGH aus der EuGH-Entscheidung?
  • Der EuGH hat klargestellt​, dass die Richtlinie 291/944 durchaus Möglichkeiten zur Befreiung „kleiner Netze“ von Regulierungsvorgaben kennt. Ändert der deutsche Gesetzgeber das EnWG, um bereits umgesetzte Modelle regulatorisch „zu retten“?
  • Das EnWG sieht bereits Erleichterungen für die Regulierung vor, das geschlossene Verteilernetz nach § 110 EnWG. Kommt nun die „Flucht“ ins geschlossene Verteilernetz?

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