Szenarien der Energieversorgung für die Ermittlung von Scope 2-Emissionen

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​​veröffentlicht am 18. Februar 2025 I Lesedauer ca. 5 Min.


Die Treibhausgasbilanzierung (THG-Bilanzierung) bildet die Grundlage vieler Berichts­pflichten im ESRS (European Sustainability Reporting Standards). Im Rahmen der CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) sollen Treibhausgasemissionen gemäß des Greenhouse Gas Protocols (GHG-Protokoll) – dem weltweit anerkannten Standard zur Erstellung von Treibhausgasbilanzen – ermittelt werden. ​Unter der Angabepflicht E1-6 erfordern die ESRS u.a., dass berichtspflichtige Unternehmen ihre Scope 2-Emissionen offenlegen müssen. Ziel der Angabepflicht ist, ein Verständnis dafür zu schaffen, wie die vom berichtenden Unternehmen genutzte, extern bezogene oder erhaltene Energie indirekt zum Klimawandel beiträgt. In unserem Artikel erläutern wir, worauf Unternehmen bei der Ermittlung ihrer Scope 2-Emissionen achten müssen.
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​Scope 2-Kategorie im GHG-Protokoll 

Das GHG-Protokoll unterteilt Emissionen in drei Bereiche: Scope 1 umfasst alle direkten Emissionen (z.B. durch eigene Energieerzeugung am Standort), Scope 2 alle indirekten Emissionen, die durch Energienutzung entstehen (z.B. eingekaufte Energie) und Scope 3 alle weiteren indirekten Emissionen entlang der Wert­​schöp­fungs­kette des Unternehmens.

  
In die Scope 2-Kategorie fallen Emissionen, die bei der Erzeugung von erworbener oder anderweitig in die organisatorischen Grenzen des Unternehmens eingebrachter Elektrizität, Dampf, Wärme oder Kälte entstehen. Wichtig ist dabei der Bezug zur Erzeugung – andere Emissionen, die bei der vorgelagerten Produktion und Verarbeitung von Brennstoffen oder bei der Übertragung und Verteilung von Energie entstehen, werden unter Scope 3 erfasst. 

Grundsätzlich wird der Energieverbrauch, der nicht durch eigene Erzeugungseinheiten gedeckt wird, als aus dem Netz bezogene Energie in Scope 2 erfasst. Dabei wird gemäß dem GHG-Protokoll nach der standort­basier­ten sowie nach der marktbasierten Methode für die Berechnung der Emissionen unterschieden. 

Die standortbezogene Methode quantifiziert die Scope-2-THG-Emissionen auf der Grundlage durchschnittlicher Emissionsfaktoren der Energieerzeugung für bestimmte Gebiete, die z.B. lokale, subnationale oder nationale Grenzen umfassen. Die marktbasierte Methode hingegen bezieht sich auf die THG-Emissionen der Energie­erzeu­ger, von denen das berichtende Unternehmen tatsächlich Strom erwirbt und mit denen eine vertragliche Beziehung besteht.

Zuordnung von Emissionen nach Stromerzeugungs- und Verteilungsmethode 

Erzeugter Strom wird entweder vor Ort verbraucht, direkt übertragen oder über das Stromnetz verteilt. Diese Möglichkeiten bestimmen, ob Emissionen aus der Energieerzeugung von Unternehmen in den Scopes 1 und 2 erfasst werden. Die folgenden Szenarien sollen die Möglichkeiten der Zuordnung in die jeweiligen Scopes veranschaulichen. 

Szenario 1: Strom aus eigenen Anlagen  

Wird der Strom innerhalb derselben Einheit erzeugt und verbraucht, fallen für diese Energie keine Scope-2-Emissionen an. Die bei der Stromerzeugung, beispielsweise durch ein Blockheizkraftwerk, entstehenden Emissionen werden in diesem Fall unter Scope 1 erfasst. Damit eine Technologie unter Scope 1 berücksichtigt wird, muss sie selbst Emissionen verursachen. Eine Unterscheidung nach der markt- und standortbasierten Methodik ist bei diesem Szenario nicht notwendig. 

Szenario 2: Strom aus direkter Energieübertragung 

Wenn ein Unternehmen die Energie erzeugt und diese direkt – ohne das öffentliche Stromnetz zu nutzen – an ein anderes Unternehmen liefert, werden die dabei entstehenden Emissionen vom Erzeuger im Rahmen von Scope 1 erfasst. Das Unternehmen, das die Energie erhält, berücksichtigt die Emissionen in seiner THG-Bilanz unter Scope 2. Dabei kann die Energieerzeugung auch in den Räumlichkeiten des belieferten Unternehmens erfolgen, während ein anderes Unternehmen die finanzielle und betriebliche Kontrolle über die Erzeugung ausübt, wie z.B. bei On-Site PPAs (power purchase agreements) oder Contracting-Anlagen. Eine Unterscheidung nach der markt- und standortbasierten Methodik ist bei diesem Szenario nicht notwendig. 

Szenario 3: Strom aus dem öffentlichen Netz 

Unternehmen decken üblicherweise ihren Stromverbrauch über das öffentliche Stromnetz ab. Dabei bilanzieren Stromerzeuger alle Emissionen aus der Erzeugung in Scope 1. Beim Einsatz von erneuerbaren Technologien werden jedoch in den meisten Fällen keine Emissionen aus der Stromerzeugung gemeldet. Deshalb kommt es bei unterschiedlichen Stromanbietern – abhängig vom Erzeugungsportfolio – zu unterschiedlichen Emissions­faktoren auf regionaler Ebene, welche an die jeweiligen Stromkunden weitergegeben werden. 

Da es sich beim Strombezug aus dem öffentlichen Netz um ein gemeinsames Netz handelt, in das alle Erzeuger einspeisen, können die jeweiligen Verbraucher nicht feststellen, welches Kraftwerk bzw. welcher Erzeuger, die von ihnen tatsächlich verbrauchte Energie zu einem bestimmten Zeitpunkt hergestellt hat. So kann z.B. ein regionaler Anbieter angeben, dass seine Stromerzeugung ausschließlich aus erneuerbaren Energien stammt, und somit einen Emissionsfaktor von „0“ aufweist, während die Kunden ihren Strom weiterhin aus dem öffent​­lichen Netz beziehen, in dem alle Erzeuger ihren Strom einspeisen – also auch Stromerzeuger, die fossile Brennstoffe zur Stromproduktion nutzen.  

Um diese Situation angemessen zu berücksichtigen, sollte der Strombezug aus dem öffentlichen Netz einerseits mit dem marktbasierten Emissionsfaktor, der das Erzeugungsportfolio des jeweiligen Vertragspartners abbildet, und andererseits mit einem standortbasierten Emissionsfaktor, der das gesamte öffentliche Netz, zum Beispiel auf nationaler Ebene, einbezieht, bilanziert werden. Die Angabe beider Werte ist gemäß ESRS verpflichtend und entsprechend im CSRD-Bericht anzugeben. 

Szenario 4: Strom aus eigenen Anlagen und aus dem Netz 

Es gibt viele Unternehmen, die durch eigene Anlagen an ihren Standorten Strom erzeugen, z.B. durch Photovol­taik- oder KWK-Anlagen. Dabei kann das Unternehmen, die von seinen Erzeugungsanlagen erzeugte Energie, ganz oder teilweise selbst verbrauchen, überschüssige Energie in das Netz einspeisen und zur Deckung des verbleibenden Energiebedarfs zusätzlichen Strom aus dem Netz beziehen​. 

In diesem Fall müssen sowohl Scope 1-Emissionen aus der Energieerzeugung als auch Scope 2-Emissionen für die aus dem Netz bezogene Energie quantifiziert werden.​ Dabei umfasst der Gesamtenergieverbrauch des Unternehmens die selbst erzeugte Energie (alle Emissionen, die sich in Scope 1 widerspiegeln) und den gesam­ten aus dem Netz bezogenen Strom.​ 

Hier neigen Unternehmen dazu, die Strommenge, die sie in das öffentliche Netz einspeisen mit der eingekauf­ten Menge gegenzurechnen, um ihre CO2-Bilanz zu verbessern. Diese Art des bilanziellen Ausgleichs ist im Rahmen der THG-Bilanzierung gemäß dem GHG-Protokoll nicht zulässig.  

In der CSRD-Berichterstattung, die sich auf die Vorgaben aus dem GHG-Protokoll bezieht, zählt der tatsächlich vom Unternehmen verbrauchte Strom für die Berechnung der Emissionen. Daher kann die in das öffentliche Netz eingespeiste Strommenge (z.B. aus firmeneigenen PV-Anlage) nicht berücksichtigt werden, da der erzeugte Strom nicht als "genutzte" Energie im Sinne der Scope-2-Emissionsberechnung gilt. Nur bei Eigenverbrauch des erzeugten Stroms fließt dieser unter Scope 1 in die CO2 -Bilanz ein, wie unter Szenario 1 beschrieben.  

Für die Bilanzierung gilt: Da der erzeugte Strom nicht direkt vom Unternehmen verbraucht wird, kann er nicht zur Reduktion der Scope-2-Emissionen des Unternehmens beitragen. Jeglicher Energieverbrauch, der nicht mit eigenen Erzeugungseinheiten abgedeckt ist oder über eine direkte Leitung (siehe Szenario 2) bezogen wird, sollte als aus dem Netz bezogene Energie in Scope 2 behandelt und gemäß dem GHG-Protokoll sowohl nach der standortbasierten als auch nach der marktbasierten Methode berechnet werden. 

Fazit 

Bei der Bestimmung der Scope 2-Emissionen müssen Unternehmen berücksichtigen, wer die Energie erzeugt und wie diese verteilt wird. Grundsätzlich sind Emissionen, die bei der eigenen Energieerzeugung anfallen und vom Unternehmen direkt genutzt werden, unter Scope 1 zu erfassen. Hingegen werden Emissionen aus extern bezogener Energie unter Scope 2 bilanziert. Erzeugt ein Unternehmen erneuerbare Energie, die jedoch nicht vor Ort verbraucht, sondern ins öffentliche Netz eingespeist wird, kann diese nicht zur Reduzierung der eigenen Scope 2-Emissionen verwendet werden. 

Rödl & Partner unterstützt Sie umfassend bei allen Schritten der Nachhaltigkeitsberichtserstattung, der THG-Bilanzierung und bei der Entwicklung Ihrer Klimastrategie. Kommen Sie bei Rückfragen gerne auf uns zu!

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Hidir Altinok

M.Sc. Renewable Energy Systems, Dipl.-Ing. (FH) Versorgungstechnik

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