CSRD-Umsetzung in Deutschland: Aktueller Stand und Ausblick

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​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 12. Dezember 2024 | Lesedauer ca. 3 Minuten

 

Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), die Unternehmen im Anwen­derkreis zur Offenlegung umfangreicher Nachhaltigkeitsinformationen verpflichtet, hätte innerhalb von 18 Monaten nach Inkrafttreten, d. h. bis spätestens zum 6. Juli 2024, von den EU-Mitgliedstaaten in nationales Recht transformiert werden müssen. Vor allem für diejenigen Unternehmen, die nach der CSRD bereits ab 2024 zur Erstel­lung eines Nachhaltigkeitsberichts verpflichtet sind (große kapitalmarktorientierte Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern), wirft die Verzögerung zahlreiche Fragen auf. ​ 

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Warum ist die CSRD nicht unmittelbar gültig? 

​Bei der CSRD handelt es sich um eine durch die Europäische Kommission verabschiedete Richtlinie. Eine Richtlinie ist ein rechtliches Instrument der Europäischen Union, das die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Im Gegensatz zu Verordnungen (z.B. EU-Taxonomieverordnung 2020/852), die unmittelbar und ohne Anpassungspflichten in allen Mitgliedstaaten gelten, gibt eine Richtlinie lediglich das angestrebte Ziel vor. Die Mitgliedstaaten entscheiden im Rahmen der Vorgabe der Richtlinie selbst, in welcher Form und mit welchen Mitteln dieses Ziel in nationales Recht überführt wird (Artikel 288 AEUV). 
 
In der Regel haben die Mitgliedstaaten zwei Jahre Zeit, um eine Richtlinie umzusetzen. In Einzelfällen wie der CSRD (18 Monate) kann es auch zu Abweichungen von diesem Zeitrahmen kommen. Wird diese Frist nicht eingehalten, kann die Europäische Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren einleiten. Dabei fordert sie den betroffenen Staat in einer begründeten Stellungnahme zur Nachbesserung auf. Bleibt diese aus, kann der Fall vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH) gebracht werden (Artikel 258 AEUV). 

Fällt ein Urteil gegen den Staat, kann der EuGH finanzielle Sanktionen verhängen, etwa in Form von Pauschal­beträgen oder Zwangsgeldern, um die Umsetzung zu erzwingen (Artikel 260 AEUV). 


Wie ist der aktuelle Stand der CSRD-Umsetzung in der EU? 

​Tatsächlich leitete die Europäische Kommission am 26. September 2024 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland ein, weil die CSRD nicht fristgerecht in nationales Recht umgesetzt wurde. Neben Deutschland sind 16 weitere EU-Staaten betroffen: Belgien, Tschechien, Estland, Griechenland, Spanien, Zypern, Lettland, Luxemburg, Malta, die Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Slowenien und Finnland. 

Wie ist der aktuelle Stand der CSRD-Umsetzung in Deutschland? 

​Im März 2024 veröffentlichte das Bundesministerium der Justiz (BMJ) einen ersten Referentenentwurf für das CSRD-Umsetzungsgesetz. Auf dieser Grundlage verabschiedete die Bundesregierung im Juli 2024 einen Regierungsentwurf (CSRD RegE), der anschließend dem Bundestag und Bundesrat zur Beratung vorgelegt wurde. 

Am 27. September 2024 veröffentlichte der Bundesrat seine offizielle Stellungnahme zum CSRD-RegE. Während der Beratungen, die über die Mediathek des Deutschen Bundestags abrufbar sind, äußerte der Bundesrat unter anderem Bedenken hinsichtlich der zusätzlichen Belastungen durch die umfangreichen Berichtspflichten für Unternehmen. Insbesondere wurde kritisiert, dass der damit verbundene Mehraufwand die wirtschaftliche Transformation in Deutschland gefährden könnte. Der Bundesrat forderte die Bundes­regierung daher auf, bestimmte Aspekte des Gesetzesentwurfs nochmals zu überarbeiten. Die Bundesregierung erklärte daraufhin in ihrer am 9. Oktober veröffentlichten Gegenäußerung, sich auf EU-Ebene für eine Verein­fachung der Berichtspflichten einzusetzen, da die aktuelle Richtlinie für die Mitgliedsstaaten nur wenig Spielraum bei der Umsetzung bietet.  

Angesichts der aktuellen politischen Situation in Deutschland sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass das CSRD-Umsetzungsgesetz noch vor Ende 2024 in Kraft tritt. Um der Richtlinie und den europäischen Anforderungen nachzukommen, müsste das Gesetz dann in 2025 unter einer neuen Bundesregierung verabschiedet werden.  

Was würde eine verzögerte Umsetzung für deutsche Unternehmen bedeuten? 

​Das IDW hat sich in einem Rundschreiben, das auf Grundlage eines in Auftrag gegebenen unabhängigen juristischen Gutachtens erstellt wurde, am 14. November 2024 zu den Unklarheiten geäußert, die im Zusammenhang mit den neuen Berichtspflichten der CSRD insbesondere für das Berichtsjahr 2024 bestehen.  

Grundsätzlich gilt: Solange eine EU-Richtlinie nicht in nationales Recht umgesetzt ist, entstehen Unternehmen keine neuen nationalen rechtlichen Pflichten. Eine rückwirkende Anwendung der CSRD auf abgeschlossene Geschäftsjahre wäre verfassungsrechtlich unzulässig. Falls bis zum 31. Dezember 2024 also kein Umsetzungs­gesetz verabschiedet wird, bleibt die Non-Financial Reporting Directive (NFRD), die 2017 in Deutschland in Form des CSR-RUG umgesetzt wurde, zunächst in Kraft. Große kapitalmarktorientierte Unternehmen, Kredit­institute und Versicherungen mit mehr als 500 Mitarbeitenden müssten weiterhin in einer nichtfinanziellen Erklärung bzw. einem nichtfinanziellen Bericht gemäß §289c HGB über Nachhaltigkeitsbelange berichten. Abschlussprüfer wären nach wie vor lediglich dazu verpflichtet, die formelle Vorlage der Berichte zu prüfen. Eine inhaltliche Prüfpflicht besteht gem. CSR-RUG nicht, der Verzicht hierauf könnte allerdings die Glaubwür­digkeit und Vergleichbarkeit der Berichterstattung beeinträchtigen. Viele Unternehmen entscheiden sich daher für die freiwillige inhaltliche Prüfung des Nachhaltigkeitsberichts. Die Berichtspflicht nach Artikel 8 der EU-Taxonomieverordnung bleibt bestehen.  

Für laufende Geschäftsjahre könnte eine rückwirkende Anwendung laut IDW-Rundschreiben jedoch verhältnis­mäßig und rechtlich zulässig sein. Dies würde bedeuten, dass die CSRD auch bei einer Umsetzung im Jahr 2025 für Geschäftsjahre beginnend ab dem 1. Januar 2025 verbindlich wäre. Für Unternehmen, die ohnehin erst ab diesem Zeitpunkt berichtspflichtig sind, würde eine verzögerte Umsetzung in 2025 daher keine größeren Konsequenzen nach sich ziehen. Durch die bereits im Jahr 2023 verabschiedeten und unmittelbar gültigen European Sustainability Reporting Standards (ESRS) sind durch eine spätere Umsetzung auch keine wesent­lichen Änderungen an den erforderlichen Berichtsinhalten zu erwarten.  

​In Anbetracht der weiterhin bestehenden Rechtsunsicherheit sollten sich insbesondere bereits im Jahr 2024 berichtspflichtige Unternehmen jetzt mit den Optionen, die sich aus einer verzögerten Umsetzung der CSRD ergeben, gemeinsam mit ihrem Wirtschaftsprüfer auseinandersetzen. Die Entscheidung, wie mit der Nachhal­tigkeits­bericht­​erstattung für das Geschäftsjahr 2024 fortgefahren und ob diese geprüft werden soll, hängt von spezifischen Umständen des Unternehmens ab und sollte individuell abgewogen werden.

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Dr. Christian Maier

Diplom-Kaufmann, Wirtschaftsprüfer, CPA (U.S.)

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