EE-Gemeinschaften und Eigenverbrauch: Welche Besonderheiten gibt es bei der Planung zu beachten?

PrintMailRate-it
​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 25. April 2024​
​​​​​​

Mit diesem Beitrag gehen wir auf einige spezifischen Aspekte der Regelungen zu den Eigenverbrauchssystemen ein die aus unserer Sicht bei der entsprechenden Planung und Umsetzung zu beachten sind. Für die verschiedenen vom Förderdekret vorgesehenen Konfigurationen (EE-Gemeinschaften, kollektiver Eigenverbrauch und Einzel-Eigenverbrauch) werden wir den Sammelbegriff „Eigenverbrauchsmodelle” verwenden. Welche unterschiedlichen Konfigurationen unter die Eigenverbrauchsmodelle  fallen und welche Förderung beansprucht werden kann, ist bereits in einem Artikel der Kolleginnen Svenja Bartels und Agata Trivellato zusammengefasst worden.​ 


Mit der Veröffentlichung des Dekrets des Umwelt- und Energieministeriums zur Förderung von Eigenverbrauchsystemen vom 23. Januar 2024 sowie, einen Monat später, der entsprechenden operativen Regeln des GSE, liegen nun – nach einer langen Umsetzungsphase der RED II-Richtlinie (2018/2001/EU) – die operativen Voraussetzungen vor, in Italien kollektive Eigenverbrauchsmodelle zu entwickeln und umzusetzen sowie die entsprechenden Fördermittel zu beanspruchen.

Wie auch bei traditionellen EE-Projekten (man denke, insbesondere, an PV-Anlagen oder Windparks), spielt auch bei den Eigenverbrauchsmodellen der lokale Projektentwickler eine äußerst wichtige Rolle. Zusätzlich zur klassischen Ermittlung der geeigneten Flächen muss dieser insbesondere die Teilnehmer identifizieren, die interessiert sind am Eigenverbrauchsmodell teilzunehmen. Ist dies getan müssen ein Energieaudit durchgeführt und ein Business Plan erstellt werden um zu ermitteln, wann und wieviel Strom die geplante Konfiguration vom Stromnetz bezieht und, über die eingegliederte EE-Anlage, in das Stromnetz einspeist und ob das Vorhaben per se wirtschaftlich ist. 

Warum dies so wichtig ist ergibt sich aus einem einfachen Umstand: Die Bemessungsgrundlage für die Förderung ist die Menge des innerhalb des EE-Kollektivs „geteilten” Stroms (auf Italienisch „energie condivisa”). Die Ermittlung des geteilten Stroms erfolgt auf Stundenbasis. Es wird somit nachvollzogen, wieviel Strom das Eigenverbrauchsmodell Stunde pro Stunde über die eingegliederte EE-Anlage in das Stromnetz einspeist und wieviel Strom alle Teilnehmer der Konfiguration gemeinschaftlich Stunde pro Stunde aus dem Stromnetz entnehmen. Der jeweils kleinere Betrag zwischen diesen zwei Werten entspricht der geteilten Strommenge die vom GSE gefördert wird. 
 
Aus dem obigen ergibt sich, dass der Eigenverbrauch des Stroms innerhalb der genannten Eigenverbrauchsmodelle auf virtueller Basis erfolgt. Die EE-Anlage speist somit die gesamte produzierte Strommenge in das öffentliche Netz ein während die jeweiligen Teilnehmer weiterhin ihren Strombedarf über ihren individuell ausgewählten Stromanbieter befriedigen. Eine physischer Eigenverbrauch des EE-Stroms innerhalb des Eigenverbrauchmodells – über eine direkte Anbindung der EE-Anlage an die Teilnehmer – findet somit nicht statt wenngleich es natürlich zugelassen, ja sogar gewünscht ist, dass ein Teilnehmer, der eventuell seine eigene EE-Anlage dem Kollektiv zur Verfügung stellt, einen direkten Eigenverbrauch vollzieht. Diese physisch von einem der Teilnehmer eigenverbrauchte Strommenge wird aber für die Förderung nicht berücksichtigt. 

Die Einsparung an Stromkosten, auf die schlussendlich die Eigenverbrauchsmodelle zielen sollen, wird somit nicht über einen physischen Eigenverbrauch erzielt, sondern dadurch, dass die vom GSE ausbezahlten Fördertarife an die Teilnehmer verteilt werden. Die Einsparung ergibt sich somit aus der Differenz, zwischen den vom einzelnen Teilnehmer getragenen Stromkosten und den Betrag der anteilig erhaltenen Förderung.

Die Wirtschaftlichkeit eines geplanten Eigenverbrauchsystems hängt maßgeblich davon ab, wie sehr sich die Einspeise- und die Entnahmekurve des Stroms decken. Je näher die beiden Werte zusammenliegen, desto höher ist die Menge des eigenverbrauchten Stroms und der entsprechenden Förderung. Klaffen hingegen die beiden Kurven stark auseinander, weil zum Beispiel die EE-Anlage nur tagsüber produziert (man denke an eine PV-Anlage) während die Teilnehmer den Strom mehrheitlich abends und nachts beziehen, dann wird man nur eine geringe Menge an geteilten Strom haben mit entsprechend geringer Förderung. 

Um die Einspeise- und Entnahmekurven so weit wie möglich anzunähern, ist die Möglichkeit vorgesehen, Speichersysteme in die Eigenverbrauchsmodelle zu integrieren. Hiermit kann man die Einspeisung des Stroms der EE-Anlage steuern und an die Entnahmekurve anpassen, mit entsprechender Erhöhung der Förderung und somit der Wirtschaftlichkeit.

Insbesondere bei Eigenverbrauchssysteme die im Kollektiv funktionieren (EE-Gemeinschaften und kollektiver Eigenverbrauch) spielt die Planung eine wichtige Rolle. Aus diesem Grunde ist es für diese Systeme möglich
für die entsprechenden Kosten eine gesonderte Kapitalförderung zu beantragen. Das Förderdekret definiert hierzu die sogenannten förderfähigen Kosten – die unter anderem die Kosten für Vorstudien, Planungskosten, aber auch Baukosten, Anschaffungskosten für Speichersysteme etc. beinhalten – und die bis zu einem Betrag von 40 Prozent direkt gefördert werden können. Dies, wohlgemerkt, nur unter der Voraussetzung, dass es sich um kollektive Eigenverbrauchssysteme handelt, die in Gemeinden realisiert werden mit weniger als 5.000 Einwohnern. Wird diese Kapitalförderung beansprucht, wird aber der Betrag des anwendbaren Fördertarifs progressive reduziert, bis maximal 50 Prozent bei einer vollen Ausschöpfung des Kapitalzuschusses der förderfähigen Kosten.

Hat man die planerischen Hürden genommen, sind auch rechtliche Themen zu vertiefen. Insbesondere bei denjenigen Modellen, die ein Kollektiv voraussetzen – EE-Gemeinschaft und kollektiver Eigenverbrauch – wird 
es nämlich notwendig sein, Vertragswerke aufzusetzen, die die Rechte und Pflichten der einzelnen Teilnehmer regeln.

Dies betrifft primär natürlich die Verteilung der vom GSE ausbezahlten Fördertarife unter die verschiedenen Teilnehmer. Da jeder einzelne Teilnehmer mit seinem Stromverbrauch zur Höhe des Fördertarifs beiträgt (je mehr Strom der einzelne passgleich zur Stromeinspeisung durch die EE-Anlage verbraucht, desto höher die innerhalb des Kollektivs virtuell geteilte Strommenge und desto höher somit die Förderung), liegt es nahe, die erhaltene Förderung proportional zum jeweiligen Beitrag eines jeden Teilnehmers zu verteilen. Diesen Schlüssel kann man natürlich auch mit weiteren Faktoren kombinieren, wie zum Beispiel einen Mindestbetrag, den jeder Teilnehmer erhalten muss (da sonst die Motivation zur Teilnahme entfallen könnte) oder besondere Beträge für diejenigen Teilnehmer, die eine EE-Anlage zur Verfügung stellen. Denkbar ist auch – wie bereits in einigen Pilotprojekten geschehen – die Fördertarife unter die Belegschaft aufzuteilen im Zuge einer Beteiligung der Mitarbeiter.

Bei der Verteilung der Fördertarife muss man aber beachten, dass ab einer Schwelle von 45 Prozent oder 55 Prozent des Fördertarifs – je nachdem, ob die gesonderte Kapitalförderung beantragt wird oder nicht – der überschüssige Betrag nur an körperliche Personen verteilt oder für die Finanzierung von Projekten verwendet werden darf, die zu Gunsten der Territorien gehen, in welchen sich die Stromanlagen des Eigenverbrauchsmodell befinden. Im Falle einer Konfiguratin, an welcher Unternehmen beteiligt sind ist diese Vorgabe bei der Erstellung des Business Plans und der Bewertung der Vorteile, die der einzelne Teilnehmer erzielen kann, unbedingt zu berücksichtigen.

In der aktualisierten Fassung der Durchführungsvorschriften hat die GSE klargestellt, dass die Forderungen über die Fördertarife sowie der weiteren Beträge, die der GSE an das Eigenverbrauchsmodell auszahlt, an einen Dritten abgetreten werden können. Die Forderungsabtretung muss sich auf die gesamten Forderungen gegenüber dem GSE beziehen und dürfen nur an eine einzige Rechtsperson abgetreten werden. Je nachdem wie das Eigenverbrauchsmodell strukturiert ist kann man somit mit der Forderungsabtretung die Ansprüche derjenigen dritten Partei absichern, die die EE-Anlage realisiert und/oder finanziert. 

Wie bereits ausgeführt, findet im EE-Kollektiv nur ein virtueller Eigenverbrauch des Stroms statt, was zur Folge hat, dass jeder Teilnehmer seinen Status als normaler Stromverbraucher beibehält und seinen Stromanbieter frei auswählen darf. Entsprechende Regelungen, die dies beschränken – indem man zum Beispiel die Teilnahme daran verknüpft, den Strom von einer bestimmten Utility abzunehmen – wären somit nicht zulässig. 

Zu berücksichtigen ist auch, dass die Teilnahme sowie der Austritt aus einem EE-Kollektiv prinzipiell frei sein müssen. Während der freie Eintritt keine größeren Probleme bereiten sollte, kann der Austritt mehrerer Teilnehmer die Wirtschaftlichkeit des EE-Kollektivs negativ beeinflussen, da eine kleinere Anzahl an Teilnehmer zu einer Verringerung des geteilten Stroms und somit zu einer geringeren Förderung führt. Die anwendbaren Regelungen sehen zwar vor, dass man für den vorzeitigen Austritt von den austretenden Teilnehmern einen Beitrag für die getätigten Investitionen vorsehen kann, der aber – so die gesetzliche Formulierung – gerecht und angemessen sein muss. Was hierunter zu verstehen ist und wie man diesen Spielraum ausnutzen kann, um zu verhindern, dass die (wirtschaftliche) Stabilität eines EE-Kollektivs beeinträchtigt wird, muss man fallbezogen prüfen. 

Sowohl im Falle des kollektiven Eigenverbrauchsystems (autoconsumo collettivo) als auch bei den EE-Gemeinschaften (Comunità Energetiche) ist es notwendig, einen sogenannten Referenten zu ernennen, der per gesondertem Vertrag beauftragt wird, das EE-Kollektiv technisch und administrativ zu verwalten, dies insbesondere was den Bezug sowie die Verteilung der vom GSE ausbezahlten Fördertarife betrifft. 

Unter rechtlicher Perspektive unterscheidet sich die EE-Gemeinschaft von den kollektiven Eigenverbrauchssystemen dadurch, dass diese als eigenständige Rechtsperson auftritt und es somit notwendig ist, eine spezifische Gesellschaft oder Vereinigung zu gründen. Hierfür muss somit eine entsprechende (notarielle) Gründungsurkunde unterzeichnet werden mit gleichzeitiger Verabschiedung einer Satzung, die die Position der einzelnen Teilnehmer innerhalb der Gesellschaft oder Vereinigung regelt. Dieses Rechtssubjekt darf nur gemeinnütziger Natur sein, womit die Verfolgung gewinnorientierter Zwecke ausgeschlossen ist. Welche Rechtsform hierfür am besten geeignet ist, wie zum Beispiel die Genossenschaft, das Konsortium oder eine Vereinigung, muss fallbezogen geprüft werden.

Abschließend ist festzuhalten, dass für Investoren und EE-Unternehmen die Eigenverbrauchsmodelle
– mit der entsprechenden Förderung – unter vielfältiger Hinsicht eine unternehmerische Chance darstellen. Damit ein solches Modell zustande kommt, ist es in erster Linie notwendig, eine EE-Anlage einzubeziehen, dessen Realisierung entsprechend finanziert werden muss. 

Hierzu kann der Investor die EE-Anlage sowie weitere Komponenten (Speichersysteme, Meßsysteme etc.) an das EE-Kollektiv verkaufen oder diese per Nutzungsvertrag zur Verfügung stellen. Darüber hinaus sind sowohl für die Einrichtung als auch für den Betrieb und die Verwaltung des Eigenverbrauchsmodell​ Dienstleistungen notwendig, die nur durch Unternehmen erbracht werden können, die über die entsprechende Erfahrung und Professionalität verfügen.


Wir zeigen Ihnen, welche Vermarktungsmodelle in Italien​ funktionieren! 


Vermarktungsmodelle Erneuerbare Energien weltweit​​​​​​

 

Sie haben eine Frage zum Thema?

 

Dann nehmen Sie jetzt Kontakt auf und unsere Experten melden sich umgehend bei Ihnen!


Anrede
Titel
Vorname
Nachname
Branche
Firma
Straße/Hausnummer
PLZ
Ort
Land
Telefon
E-Mail *
Frage *
Datenschutzerklärung *

Einwilligung

Helfen Sie uns, Spam zu bekämpfen.


Captcha image
Show another codeAnderen Code generieren



FOLGEN SIE UNS

Linkedin Banner

AUS DEM NEWSLETTER

Kontakt

Contact Person Picture

Gennaro Sposato

Avvocato

Partner

+39 06 9670 1270

Anfrage senden

Contact Person Picture

Alice Fiorillo

+39 06 9670 1270

Anfrage senden

WIR BERATEN SIE GERN!

E-BOOK CORPORATE PPA

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu