Windkraft – Vorsicht bei der Wahl des technischen Betriebsführers

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Stadtwerke betreiben bereits oder investieren immer noch in eigene Erzeugungskapazitäten im Bereich der Erneuerbaren Energien. Besonders Windparks (auch Bestandsanlagen) sind schon seit Längerem interessante Investitionsmöglichkeiten, da sie gute Renditen bei abwägbaren Risiken aufbieten. Viele Stadtwerke bekommen regelmäßig Angebote über baureife oder schon bestehende Windparks oder haben bereits in Projekte investiert. Nach dem Investitionsentschluss müssen die Anlagen allerdings auch technisch betreut werden. Worauf bei der Wahl des technischen Überwachungspersonals zu achten ist, wird im Folgenden erläutert.

 

​Immer mehr Projektierer erschließen für sich neue Geschäftsfelder auch außerhalb der originären Betätigung in der Entwicklung und dem Verkauf von Projekten. Dies ist das natürliche Resultat aus verschiedenen Entwicklungen am Markt:
  • Gestiegenes Fachwissen im Windenergieanlagengeschäft, insbesondere aus Verhandlungen von Kauf- und Vollwartungsverträgen, wie sie in Deutschland üblich sind
  • Aufnahme von Windparks ins eigene IPP-Portfolio  
  • Die zunehmende Komplexität an rechtlichen, technischen und umweltbezogenen Anforderungen in den Kernmärkten bekräftigt den Wunsch nach Diversifizierung und Risikostreuung  
  • Die mittlerweile bereits deutlich fortgeschrittene Erschließung von Standorten, an denen Windräder im Einklang mit zügigen Genehmigungsverfahren errichtet werden können 
  • Neue Aspekte wie die kommende Ausschreibung von Windenergieanlagen (WEA) im EEG 2016 verunsichern die Investoren zusätzlich und üben somit Druck auf Projektierer aus

  
Es befinden sich im Markt folglich zahlreiche Unternehmen, die Dienstleistungen im Bereich der technischen Betriebsführung von Windparks anbieten. Neben den originären Betriebsführungsunternehmen bietet mittlerweile fast jedes größere Projektierungsbüro ebenso diese Dienstleistung an, oftmals für selbstprojektierte und zu veräußernde Parks. Hieraus resultieren zwei zentrale Fragen:

 

  1. Wie ist für den potenziellen Investor zu entscheiden, welcher der zahlreichen Anbieter für ihn der Passendste ist?
  2. Welche Chancen und Risiken bringt es für den Investor/Anlagenbetreiber mit sich, wenn das projektierende Unternehmen, das oftmals auch gleichzeitig als Generalunternehmer auftritt, sich sozusagen „selbst” in der eigenen Gewährleistungszeit als technischer Betriebsführer überwacht?

  

Wahl des richtigen Betriebsführers

Die Rolle des technischen Betriebsführers (TBF) wird oft unterschätzt. Ein reibungsloser, perfekt abgestimmter Parkbetrieb verbessert die Verfügbarkeit und trägt damit wesentlich zur Optimierung bei. Längst geht das Anforderungsprofil über die tägliche Überwachung der Anlagen, der Betriebszustände sowie die Kontrolle und Einhaltung von Wartungs- und Instandhaltungsintervallen hinaus. So ist der TBF heute auch verantwortlich für die Aushebung künftiger Potenziale, bspw. durch Optimierung in der Anlagentechnik und Senkung der Betriebskosten. Eine ganzheitliche Auswertung aller verfügbaren Daten der Anlagen durch erweitertes Condition Monitoring (detaillierte Bauteileüberwachung) ist dafür ebenso Grundlage wie für die Erstellung ausführlicher Reports an die Anlagenbetreiber. Ebenso sollte es zu seinen Leistungen zählen, in Schadensfällen maßgeblich zur optimalen Regulierung und Anspruchserhebung gegenüber der Versicherung beizutragen.
 
Da viele Anbieter zum Teil sehr unterschiedliche Preise für sehr stark differierende Leistungspakete anbieten, ist eine Bewertung und Einordnung von vorliegenden Angeboten zur technischen Betriebsführung alles andere als einfach. Oft unterscheiden sich Leistungsumfänge erst auf den zweiten Blick und nach einer kritischen fachlichen und rechtlichen Betrachtung signifikant voneinander. Schlüsselwörter wie „vollumfänglich” und „umgehend”
oder „Unterstützung” vs. „Übernahme” können hier den entscheidenden Unterschied ausmachen, ob eine Anlage bei einem Defekt schnell und reibungslos wieder in Betrieb genommen werden kann. Speziell für Investoren und potenzielle neue Betreiber von Erneuerbare-Energien-Anlagen, wie z.B. Kommunen oder Stadtwerke, ist es mitunter schwierig, in dieser doch sensiblen Entscheidung ohne entsprechende Vorkenntnisse die wirtschaftlich beste Wahl zu treffen. Oftmals kann die Auswahl eines qualifizierten Betriebsführers einen signifikanten Unterschied in der Anlagenverfügbarkeit und damit in der Ertragsgestaltung ausmachen. So kann zum Beispiel bei einem zum 31. Dezember 2015 in Betrieb genommenen kleinen Windpark mit 5 WEA aktueller Baureihe (Leistungsklasse: 3,3 MW) ein Tag Ausfall entgangene Stromerlöse von 12.000 Euro bis zu 36.000 Euro ausmachen.
 

Projektierer/GU als technischer Betriebsführer

Es mag sich anbieten, beim Kauf von Windparks auch die oftmals angebotene technische Betriebsführung durch den Projektierer in Anspruch zu nehmen. Kennt dieser doch den Park am besten und weiß um die „Eigenheiten”, die das Projekt mit sich bringt. Manch ein Projektierer zeigt sich sogar nur dann zum Verkauf des Parks bereit, wenn die Übernahme der Betriebsführungstätigkeiten mit im Kaufvertrag verankert ist.
  
Dies ist jedoch differenziert zu betrachten. So tritt der Projektierer oft auch als Generalunternehmer (GU) auf und hat damit in den ersten zwei Jahren (für die Fundamente etc. sogar noch länger) für den Park die Gewährleistungspflicht. Bei Übernahme der technischen Betriebsführung durch den Generalunternehmer besteht damit für den Investor das Risiko, dass Mängel, die im Rahmen der Gewährleistung durch den GU zu beheben wären, durch die Betriebsführung in die nachfolgende Periode geschoben werden, um Mängelansprüchen zu entgehen. Es bleibt kritisch zu hinterfragen, ob ein Unternehmen Interesse daran hat, im Rahmen der TBF seinen vertraglichen Pflichten nachzukommen und andererseits Mängel in der (als GU) „eigenen” Bauausführung festzustellen.
 

Strukturiertes Vorgehen

Um all diesen Punkten Rechnung zu tragen, soll bei der Wahl des TBF kritisch hinterfragt und die Chancen und Risiken dediziert abgewägt werden. Eine strukturierte Auswertung von Kriterien, sowohl nach quantitativer als auch nach qualitativer Hinsicht, ist anspruchsvoll und erfordert gute Marktkenntnisse, welche Leistungen in welchem Umfang unbedingt erforderlich sind für die bestmögliche Überwachung des Parks.
 
Eine spezielle Entscheidungsmatrix kann hier Abhilfe verschaffen. Im Vorfeld wird eine Liste mit der geforderten Leistungsbeschreibung und den Wünschen des Investors/Betreibers aufgestellt, die als Leistungspaket ausgeschrieben wird. Welche Leistungen sind dem Investor wichtig, welche erscheinen ihm ggf. weniger wichtig, sind aber aus fachlicher Sicht durchaus gefordert und welche Leistungen sollte man nur auf Wunsch optional abrufen können?! Schließlich werden die Angebote hinsichtlich dieses Leistungskataloges wirtschaftlich und technisch bewertet. Diese Leistungsangebote werden dann ggf. nachverhandelt oder angepasst und durch Fachjuristen noch einmal kritisch geprüft, damit im Schadensfall auch wirklich alle Verantwortungen und Zuständigkeiten nach dem Wunsch des Investors klar verteilt sind.
 
In der Natur der Sache liegt, dass jedes Projekt anders ist und jeder Investor andere Prioritäten setzt und sich die Entwicklungen am Markt letztendlich durch die Verhandlungen auch in ein Vertragspapier bringen lassen.
 

Auszug aus einer exemplarischen Bewertungsmatrix

 

Abbildung 1: Auszug aus einer exemplarischen Bewertungsmatrix

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Kai Imolauer

Diplom-Wirtschaftsingenieur (FH)

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