Home
Intern
Die Begründung einer (ertragsteuerlichen) Organschaft setzt das Vorliegen zweier Unternehmen voraus. Als Spitzenunternehmen (Organträger) kommt rechtsformunabhängig jedes gewerbliche Unternehmen in Betracht. Die untergeordnete Einheit (Organgesellschaft) muss zwingend als Kapitalgesellschaft (AG bzw. GmbH) firmiert und „beherrscht” werden. Letzteres bedingt, dass der Organträger un-/mittelbar die Mehrheit der Stimmrechte an der Organgesellschaft inne hat. Um die dergestalt umrissene Unternehmensgruppe steuerlich als Einheit behandeln zu können, bedarf es zuletzt der Implementierung eines auf mind. 5 Jahre abgeschlossenen Gewinn-/Ergebnisabführungsvertrags i.S.d. § 291 Abs. 1 AktG. Er bewirkt zivilrechtlich, dass sämtliche Gewinne an den Organträger abzuführen sind. Gegenläufig sind im Verlustfall sämtliche Verluste der Untereinheit tatsächlich auszugleichen.
Liegen die vorgenannten Voraussetzungen der Organschaft vor, so werden die tatsächlich geschaffenen Verhältnisse auch steuerlich nachvollzogen. Der Gewinn/Verlust der Untergesellschaft wird dem Organträger so zugerechnet, als hätte er das Ergebnis selbst erzielt – veranschaulicht in Abbildung 1. Stellt man insofern die steuerliche Behandlung unter Einzelveranlagung einer organschaftlichen Veranlagung gegenüber, so zeigt sich in Abhängigkeit von der Ergebnissituation, dass mittels Organschaft regelmäßig positive Zins- und Liquiditätseffekte generiert werden können.
Erzielt die Organgesellschaft Verluste, wird durch die Zurechnung ein sofortiger Verlustausgleich auf Ebene des Organträgers ermöglicht. Da unter Einzelveranlagung eine Ergebnissaldierung nicht möglich ist, sind die insoweit erzielbaren (temporären) Liquiditäts- und Zinseffekte aus einer vorgelagerten Verlustverrechnung als wichtigster organschaftlicher Vorteil zu quantifizieren. Befindet sich die Organgesellschaft dauerhaft in einer Verlustsituation, kann eine (einmalige) Verlustnutzung überhaupt nur durch das Bestehen einer Organschaft ermöglicht werden. Selbiges gilt, wenn Verluste der Untergesellschaft bei Verkäufen o.Ä. untergehen würden (gem. § 8c KStG). Aufgrund der organschaftlichen Zurechnung sind sie vor einem Untergang „geschützt” und können beim Organträger weitergenutzt werden. Die nur temporären Liquiditätsvorteile durch die Organschaft werden in den beschriebenen Fällen zu endgültigen (Positiv-)Effekten.
Erzielt die Organgesellschaft Gewinne, so hat sie diese bei Einzelveranlagung zunächst selbst zu versteuern und einzubehalten. Auf Ebene der Spitzeneinheit unterliegt die Dividende gesondert in Abhängigkeit der Rechtsform der Einkommen- (zu 60 Prozent) bzw. Körperschaftsteuer (zu 5 Prozent). Besteht demgegenüber eine Organschaft, obliegt alleinig dem Organträger die Versteuerung des Einkommens der Organgesellschaft. Die tatsächliche Gewinnabführung – als Dividendenäquivalent – ist analog einer Entnahme nicht steuerbar (kein Kapitalertragsteuereinbehalt). Ist der Organträger eine Kapitalgesellschaft, kann damit die Belastung von 5 Prozent der Dividende mit Körperschaftsteuer vermieden werden. Bei einem Steuerniveau von 30 Prozent bedeutet das einen rechnerischen Steuervorteil in Höhe von 1,5 Prozent gegenüber Einzelveranlagung. Fungiert eine Personengesellschaft als Organträger, wird die 60 prozentige Besteuerung der (Bruttobar-)Dividende durch eine Besteuerung der Gewinne des Tochterunternehmens mit Einkommensteuer ersetzt. Diese organschaftliche Folge ist im Regelfall günstiger, wobei die Vorteile umso höher ausfallen, je niedriger der persönliche Einkommensteuersatz des Einzelunterunternehmers bzw. der Gesellschafter der Personengesellschaft ist.
Erzielt die Spitzeneinheit Verluste, weist die Organschaft einen weiteren entscheidenden Vorteil auf: Bei Einzelveranlagung kann kein Verlustausgleich mit den originären Gewinnen der Tochter erfolgen. Denkbar wäre lediglich eine Saldierung mit dem steuerpflichtigen Anteil der Dividende i.H.v. 5 bzw. 60 Prozent. Ebenso sind mit der Beteiligung in Zusammenhang stehende Aufwendungen bei Spitzeneinheiten in der Rechtsform Personengesellschaft nur mit 60 Prozent abzugsfähig (§ 3c Abs. 2 EStG). Besteht demgegenüber eine Organschaft, können die Einschränkungen der Verlust- und Aufwandsverrechnung vollständig vermieden und Verluste des Organträgers (vollständig) mit den originären Gewinnen der Organgesellschaft saldiert werden. Ebenso sind sämtliche Aufwendungen uneingeschränkt abzugsfähig. Daraus resultiert ein positiver Zeiteffekt (vorübergehende Verluste des Organträgers) oder ein positiver Bemessungsgrundlageneffekt (dauerhafte Verluste des Organträgers).
Die Organschaft stellt damit (auch bereits) für mittelständisch geprägte „kleine” Unternehmensgruppen ein interessantes Gestaltungsmittel dar. Die erzielbaren Vorteile erstrecken sich über die Effekte der Ergebniszurechnung hinaus gleichermaßen auf die vorgelagerte Ebene der Gewinnermittlung. So können schon an der Stelle zahlreiche weitere Vorteile generiert werden, bspw. im Bereich der Zinsschranke oder der gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen. Da die Organschaft aber eine weitreichende Aufgabe der zivilrechtlichen Haftungsabschirmung erfordert und in bestimmten (Einzelfall-)Konstellationen steuerliche Nachteile bedingen kann, bedarf es in jedem Fall einer ganzheitlichen Abwägung der Pro- und Contra-Gesichtspunkte.
Konzernstrukturen im Mittelstand – Bestmögliche Steuerung durch Strukturierung
Auf dem Weg zum Global Player – Ein Erfahrungsbericht
Weitergabe von Beschäftigtendaten im Konzern – Eine bisher unentdeckte Baustelle
Verantwortlichkeit in internationalen Konzernstrukturen – Herausforderungen für die Compliance
Die Organschaft – Gestaltungsinstrument (auch) im Mittelstand
Mythos Holdinggesellschaft – Wann sie sich für Familienunternehmen lohnt
Konsolidierung bei Konzernstrukturen – Wie ERP-Lösungen helfen können
Agile und strukturierte Datenanalyse in Konzernstrukturen – Kein Widerspruch
Pflicht zur Aufstellung eines Jahresabschlusses – Erleichterungen für konzernangehörige Unternehmen
Dr. Heiner Schöpfel
Steuerberater, Diplom-Kaufmann (Univ.)
Associate Partner
Anfrage senden
Steuerberatung