Die Organschaft – Gestaltungsinstrument (auch) im Mittelstand

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veröffentlicht am 7. August 2018
 
Das Rechtsinstitut der Organschaft wird vielfach lediglich als Gestaltungsinstrument zur Steuer­optimierung von Großkonzernen wahrgenommen. Verkannt wird, dass damit auch in mittelständisch geprägten Unternehmensgruppen ein interessantes Instrument existiert, um die Steuerbelastung ganzheitlich zu optimieren. Das gilt nicht nur bei Verlusten, da die Organschaft nicht als reines „Verlustnutzungsvehikel” zu begreifen ist. Ebenso können im wünschenswerteren Gewinnfall zahlreiche Vorteile dadurch generiert werden, dass selbstständige Unternehmen  –  gleichsam wie Ehegatten  –  zusammenveranlagt werden.
  
            

Die Begründung einer (ertragsteuerlichen) Organschaft setzt das Vorliegen zweier Unternehmen voraus. Als Spitzenunternehmen (Organträger) kommt rechtsformunabhängig jedes gewerbliche Unternehmen in Betracht. Die untergeordnete Einheit (Organgesellschaft) muss zwingend als Kapitalgesellschaft (AG bzw. GmbH) firmiert und „beherrscht” werden. Letzteres bedingt, dass der Organträger un-/mittelbar die Mehrheit der Stimmrechte an der Organgesellschaft inne hat. Um die dergestalt umrissene Unter­neh­mens­gruppe steuerlich als Einheit behandeln zu können, bedarf es zuletzt der Implementierung eines auf mind. 5 Jahre abgeschlossenen Gewinn-/Ergebnisabführungsvertrags i.S.d. § 291 Abs. 1 AktG. Er bewirkt zivilrechtlich, dass sämtliche Gewinne an den Organträger abzuführen sind. Gegenläufig sind im Verlustfall sämtliche Verluste der Untereinheit tatsächlich auszugleichen.

  

Rechtsfolgen und -effekte der Organschaft

Liegen die vorgenannten Voraussetzungen der Organschaft vor, so werden die tatsächlich geschaffenen Verhältnisse auch steuerlich nachvollzogen. Der Gewinn/Verlust der Untergesellschaft wird dem Organ­träger so zugerechnet, als hätte er das Ergebnis selbst erzielt – veranschaulicht in Abbildung 1. Stellt man insofern die steuerliche Behandlung unter Einzelveranlagung einer organschaftlichen Veranlagung gegenüber, so zeigt sich in Abhängigkeit von der Ergebnissituation, dass mittels Organschaft regelmäßig positive Zins- und Liquiditätseffekte generiert werden können.

 

Abbildung 1: Zurechnung von Gewinn und Verlust bei Organschaften

 

  

1. Effekte bei Verlusten der Organgesellschaft

Erzielt die Organgesellschaft Verluste, wird durch die Zurechnung ein sofortiger Verlustausgleich auf Ebene des Organträgers ermöglicht. Da unter Einzelveranlagung eine Ergebnissaldierung nicht möglich ist, sind die insoweit erzielbaren (temporären) Liquiditäts- und Zinseffekte aus einer vorgelagerten Verlustverrechnung als wichtigster organschaftlicher Vorteil zu quantifizieren. Befindet sich die Organgesellschaft dauerhaft in einer Verlustsituation, kann eine (einmalige) Verlustnutzung überhaupt nur durch das Bestehen einer Organschaft ermöglicht werden. Selbiges gilt, wenn Verluste der Unter­gesellschaft bei Verkäufen o.Ä. untergehen würden (gem. § 8c KStG). Aufgrund der organ­schaft­lichen Zurechnung sind sie vor einem Untergang „geschützt” und können beim Organträger weitergenutzt werden. Die nur temporären Liquiditätsvorteile durch die Organschaft werden in den beschriebenen Fällen zu endgültigen (Positiv-)Effekten.
 

2. Effekte bei Gewinnen der Organgesellschaft

Erzielt die Organgesellschaft Gewinne, so hat sie diese bei Einzelveranlagung zunächst selbst zu versteuern und einzubehalten. Auf Ebene der Spitzeneinheit unterliegt die Dividende gesondert in Abhängigkeit der Rechtsform der Einkommen- (zu 60 Prozent) bzw. Körperschaftsteuer (zu 5 Prozent). 
 
Besteht demgegenüber eine Organschaft, obliegt alleinig dem Organträger die Versteuerung des Einkommens der Organgesellschaft. Die tatsächliche Gewinnabführung  –  als Dividendenäquivalent  –  ist analog einer Entnahme nicht steuerbar (kein Kapitalertragsteuereinbehalt). Ist der Organträger eine Kapitalgesellschaft, kann damit die Belastung von 5 Prozent der Dividende mit Körperschaftsteuer vermieden werden. Bei einem Steuerniveau von 30 Prozent bedeutet das einen rechnerischen Steuer­vorteil in Höhe von 1,5 Prozent gegenüber Einzelveranlagung. Fungiert eine Personengesellschaft als Organträger, wird die 60 prozentige Besteuerung der (Bruttobar-)Dividende durch eine Besteuerung der Gewinne des Tochterunternehmens mit Einkommensteuer ersetzt. Diese organschaftliche Folge ist im Regelfall günstiger, wobei die Vorteile umso höher ausfallen, je niedriger der persönliche Einkommen­steuer­satz des Einzelunterunternehmers bzw. der Gesellschafter der Personengesellschaft ist.
 

3. Effekte bei Verlusten des Organträgers

Erzielt die Spitzeneinheit Verluste, weist die Organschaft einen weiteren entscheidenden Vorteil auf: Bei Einzelveranlagung kann kein Verlustausgleich mit den originären Gewinnen der Tochter erfolgen. Denkbar wäre lediglich eine Saldierung mit dem steuerpflichtigen Anteil der Dividende i.H.v. 5 bzw. 60 Prozent. Ebenso sind mit der Beteiligung in Zusammenhang stehende Aufwendungen bei Spitzen­ein­heiten in der Rechtsform Personengesellschaft nur mit 60 Prozent abzugsfähig (§ 3c Abs. 2 EStG).
 
Besteht demgegenüber eine Organschaft, können die Einschränkungen der Verlust- und Aufwands­verrechnung vollständig vermieden und Verluste des Organträgers (vollständig) mit den originären Gewinnen der Organgesellschaft saldiert werden. Ebenso sind sämtliche Aufwendungen uneingeschränkt abzugsfähig. Daraus resultiert ein positiver Zeiteffekt (vorübergehende Verluste des Organträgers) oder ein positiver Bemessungsgrundlageneffekt (dauerhafte Verluste des Organträgers).
 

Fazit

Die Organschaft stellt damit (auch bereits) für mittelständisch geprägte „kleine” Unternehmensgruppen ein interessantes Gestaltungsmittel dar. Die erzielbaren Vorteile erstrecken sich über die Effekte der Ergebniszurechnung hinaus gleichermaßen auf die vorgelagerte Ebene der Gewinnermittlung. So können schon an der Stelle zahlreiche weitere Vorteile generiert werden, bspw. im Bereich der Zinsschranke oder der gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen. Da die Organschaft aber eine weitreichende Aufgabe der zivilrechtlichen Haftungsabschirmung erfordert und in bestimmten (Einzelfall-)Konstellationen steuerliche Nachteile bedingen kann, bedarf es in jedem Fall einer ganzheitlichen Abwägung der Pro- und Contra-Gesichtspunkte.

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Dr. Heiner Schöpfel

Steuerberater, Diplom-Kaufmann (Univ.)

Associate Partner

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