Employer of Record in den Niederlanden

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 26​. April 2024 | Lesedauer ca. 5 Minuten
von Annelinde Janssen und René Sueters

  

​In den Niederlanden wurde zum 1. Januar 2020 eine Gesetzgebung zum Modell des „Employer of Record“ gemäß Artikel 7:692 des niederländischen Bürgerlichen Gesetzbuches eingeführt. Ziel ist es, eine klare Regulierung für diese Form der Beschäftigung zu schaffen und eine präzise Definition von EoR festzulegen.​
  

In den Niederlanden wurde zum 1. Januar 2020 eine Gesetzgebung zum Modell des „Employer of Record“ (EoR) gemäß Artikel 7:692 des niederländischen Bürgerlichen Gesetzbuches eingeführt. Ziel ist es, eine klare Regulierung für diese Form der Beschäftigung zu schaffen und eine präzise Definition von EoR festzulegen. Dabei überträgt ein ausländisches Unternehmen (Entleiher) sämtliche administrative Aufgaben und Risiken, die mit der Arbeitgeberrolle verbunden sind, an eine unabhängige Partei, die Organisation des EoR (Verleiher). Diese ist darauf spezialisiert, Arbeitnehmer korrekt zu entlohnen und sämtliche formale Arbeit​­geberverpflichtungen zu managen. Die EoR-Regelungen wurden insbesondere eingeführt, um eine klare Abgrenzung zwischen EoR und Zeitarbeit zu schaffen.
  
Derzeit nimmt die Nachfrage nach EoR-Dienstleistungen wieder zu, da die grenzüberschreitende Arbeit an Bedeutung gewonnen hat. EoR wird hauptsächlich von Unternehmen mit Sitz im Ausland genutzt, die inter­nationale Arbeitskräfte einstellen möchten, ohne eine rechtliche Präsenz in den Niederlanden zu haben oder sich der rechtlichen Verpflichtungen in den Niederlanden bewusst zu sein. Dies betrifft Unternehmen, die international oder projektbasiert tätig sind. Arbeitgeber, die es ihren Mitarbeitern gestatten, von zu Hause aus im Ausland zu arbeiten, könnten dieses Modell ebenfalls nutzen, um ihre Verwaltungslast zu verringern. Lokal arbeiten vor allem kleine Unternehmen (Start-ups) oder Unternehmen mit unregelmäßiger Arbeitsbelastung auf Basis einer EoR-Konstruktion.
  
Es gibt zahlreiche Rechtsprechungsfälle zur EoR-Konstruktion, insbesondere basierend auf der früheren Gesetzgebung. Vor Inkrafttreten dieser Gesetze war es wahrscheinlich, dass der Arbeitnehmer von einer Zeitarbeitsfirma beschäftigt wurde. Diese Firma suchte nach Beschäftigungsmöglichkeiten für den Arbeit​­nehmer und setzte ihn dann beim Unternehmen ein. Dies führte zu Diskussionen darüber, ob diese Struktur eher auf EoR oder reguläre Zeitarbeit zurückzuführen war. Im EoR-Modell wird der Arbeitnehmer vom faktischen Arbeitgeber​ rekrutiert und ausgewählt, wobei der Rekrutierungsprozess ohne Beteiligung des EoR stattfindet. Das Unternehmen lagert dann als Entleiher die formale Organisation der Arbeit an den EoR als Verleiher aus, bei dem der Arbeitnehmer beschäftigt sein wird. Der EoR übernimmt Aufgaben wie die Gehalts­zahlung, Lohnabrechnung, Steuer- und Beitragszahlungen sowie die Überwachung von Abwesenheiten im Krankheitsfall und so weiter.
 
Da die Unterscheidung zwischen Zeitarbeit und EoR nicht eindeutig war, nutzten EoR-Anbieter oft die für sie günstigere Zeitarbeitsregelung. Dies führte zu Missbrauchsfällen. Die Gesetzgebung wurde daher entsprechend angepasst, um eine klare Unterscheidung zwischen Zeitarbeit und EoR zu schaffen.
  
Es ist wichtig zu beachten, dass ein EoR-Verhältnis in den Niederlanden bedeutet, dass der EoR formell als Arbeitgeber auftritt und Vertragspartei im Arbeitsvertrag mit dem Arbeitnehmer ist. Der faktische bzw. tat­sächliche Arbeitgeber, der die Anleitung und Kontrolle über die Arbeit des Mitarbeiters ausübt, wird als materieller Arbeitgeber betrachtet.
  

​Registrierung​

Gemäß dem niederländischen Gesetz über die Zuweisung von Arbeitnehmern durch Vermittler ist eine Registrierung als EoR-Anbieter verpflichtend. Dies bedeutet, dass die Überlassung von Arbeit im Handels­register der Handelskammer registriert werden muss. Dies ist lediglich eine Registrierungspflicht, es gelten keine weiteren inhaltlichen Anforderungen, um ein EoR zu werden.

Bei Verstoß gegen diese Verpflichtung kann in den meisten Fällen eine Geldstrafe durch die öffentliche Behörde verhängt werden. Es ist auch verboten, Mitarbeiter einzusetzen, die bei einem nicht registrierten EoR-Anbieter arbeiten. Dies könnte daher ebenfalls ein Grund für eine Geldstrafe gegen den wirtschaftlichen Arbeitgeber sein.
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​Arbeitsbedingungen

Da der EoR keine Zeitarbeitsfirma ist, fällt der EoR-Arbeitnehmer nicht unter den Tarifvertrag für Zeitarbeits­kräfte. Stattdessen hat der Arbeitnehmer Anspruch auf die gleichen Arbeitsbedingungen wie diejenigen, die für Arbeitnehmer mit gleichwertigen oder ähnlichen Positionen direkt beim faktischen Arbeitgeber gelten (wie in Artikel 8a des niederländischen Gesetzes über die Zuweisung von Arbeitnehmern durch Vermittler festgelegt). Der EoR sollte auch eine angemessene Altersvorsorge bereitstellen (eine ähnliche Regelung wie die des aus­ländischen Unternehmens oder eine angemessene eigene Altersvorsorge). Wenn beim tatsächlichen Arbeit­geber keine Arbeitnehmer in gleichwertigen oder ähnlichen Positionen beschäftigt sind, muss der EoR die gleichen Arbeitsbedingungen anwenden wie diejenigen, die für Arbeitnehmer in gleichwertigen oder ähnlichen Positionen im beruflichen oder geschäftlichen Sektor des ausländischen Unternehmens gelten. Dies könnte dazu führen, dass die Bedingungen eines Tarifvertrags nach niederländischem Recht angewendet werden oder eine Untersuchung durchgeführt wird, welche Arbeitsbedingungen in einem bestimmten Geschäftsbereich nach niederländischem Recht üblich sind. Aufgrund dieser Gleichbehandlungspflicht sind EoR-Konstruktionen nicht günstiger. Darüber hinaus genießt der Arbeitnehmer beim EoR im Falle einer Kündigung aufgrund einer Umstrukturierung denselben Schutz wie der Arbeitnehmer des tatsächlichen Arbeitgebers.
  
Grundsätzlich gibt es keine gesetzliche Begrenzung für die Dauer, über die ein Arbeitnehmer über einen EoR beim gleichen tatsächlichen Arbeitgeber arbeiten kann. Das bedeutet, dass ein Arbeitnehmer unbefristet über einen EoR beim gleichen ausländischen Unternehmen arbeiten kann, solange dieses und der EoR weiterhin alle gesetzlichen Verpflichtungen erfüllen. Allerdings kann der Vertrag automatisch in einen unbefristeten Vertrag mit dem EoR umgewandelt werden, wenn der Vertrag mehr als dreimal verlängert wurde oder die Dauer von 36 Monaten überschritten hat.
  

​Steuerliche Aspekte

Ein EoR muss alle administrativen Anforderungen erfüllen, die für alle Arbeitgeber gelten. Beispielsweise müssen Lohnunterlagen geführt und eine monatliche Lohnsteueranmeldung beim Finanzamt eingereicht werden. Auf dieser Anmeldung müssen Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge erklärt und dann vom EoR gezahlt werden.
  
Falls der EoR seinen Verpflichtungen bezüglich der Lohnsteueranmeldung und der Zahlung von Lohnsteuer und/oder Sozialversicherungsbeiträgen nicht nachkommt, kann das ausländische Unternehmen haftbar gemacht werden.
  
Das staatliche Konjunkturprogramm enthält eine besondere Haftung im Falle der Einstellung von Personal. Wenn das Personal unter der Leitung oder Aufsicht des Entleihers arbeitet, kann der Entleiher für die nicht gezahlte Lohnsteuer und die Sozialversicherungsbeiträge haftbar gemacht werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Entleiher in den Niederlanden ansässig ist. Auch ein im Ausland ansässiger Entleiher kann dieser Haftung unterliegen. Natürlich besteht diese Haftung nur, wenn niederländische Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge fällig sind.
  
Um die Haftung zu reduzieren, kann der Entleiher das Sperrkonto (G-Konto) nutzen. Er zahlt einen Teil der Rechnung auf das G-Konto des EoR. Vom G-Konto kann der EoR nur Lohnsteuer und Sozialversicherungs­beiträge an die Steuerbehörden zahlen. Der Betrag, für den der Entleiher haftbar gemacht wird, wird um den auf das G-Konto eingezahlten Betrag reduziert.
  
Wenn ein im Ausland ansässiger wirtschaftlicher Arbeitgeber über einen EoR Aktivitäten in den Niederlanden durchführt, kann dies eine Betriebsstätte oder einen ständigen Vertreter des ausländischen wirtschaftlichen Arbeitgebers in den Niederlanden begründen. Ein EoR ist keine Absicherung dagegen. Wenn der Arbeitnehmer des EoR ausschließlich im Namen des ausländischen wirtschaftlichen Arbeitgebers handelt und Verträge in dessen Namen abschließt, kann dieser Arbeitnehmer als ständiger Vertreter des ausländischen wirtschaft­lichen Arbeitgebers angesehen werden. Dasselbe gilt zum Beispiel bei Bauaktivitäten, die länger als zwölf Monate dauern. In einem solchen Fall hat der wirtschaftliche Arbeitgeber eine Betriebsstätte in den Niederlanden.
  
Das Steuerabkommen zwischen Deutschland und den Niederlanden enthält keine speziellen Bestimmungen in Bezug auf den EoR.
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​Zukunftsaussichten

Die EoR könnte Beschäftigungsprobleme in den Niederlanden lösen, insbesondere bei grenzüberschreitenden Sachverhalten. Da das niederländische Arbeitsrecht viele zwingende Bestimmungen enthält, die in anderen EU-Ländern weniger üblich sind, ist es für ausländische Unternehmen einfacher, Dienstleistungen in den Niederlanden anzubieten, indem sie einen EoR nutzen. Obwohl es eine Gleichbehandlungspflicht gibt, die nicht zu einem niedrigeren Lohn für den EoR-Mitarbeiter führt, übernimmt der EoR alle formellen Verpflichtungen. Dies ist vorteilhaft für das ausländische Unternehmen, das sich nicht bewusst ist über die lokale Gesetzgebung und nicht die Absicht hat, einen lokalen Personalmanager einzustellen. Es ist daher eher zu einem Risiko­minderungsdienst geworden, anstatt einer „billigeren“​ Möglichkeit, Mitarbeiter einzustellen. Allerdings werden Steuerrisiken für eine Betriebsstätte oder einen ständigen Vertreter durch die Beschäftigung über einen EoR nicht verhindert. Da immer noch viele Unternehmen nach dem sichersten Weg der Beschäftigung suchen, hat der EoR unter der aktuellen Gesetzgebung eine Zukunft​
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