Kinderfotos auf Instagram & Co: Eine datenschutzrechtliche Bewertung

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​veröffentlicht am 20. Mai 2021
von Fabian Jeremias, Rödl & Partner Bielefeld, und Bastian Schönnenbeck


Die Bedeutung sozialer Netzwerke (englisch: Social Media) und die Einsatzmöglichkeiten ebendieser, haben zur Folge, dass immer häufiger juristische Fragestellung im Kontext von Facebook, Instagram & Co. aufkommen. Zunehmend lässt sich beobachten, dass – vor allem von jungen Eltern – vermehrt Kinderfotos publiziert und unwiederbringlich ins Netz gestellt werden. Sogenannte Influencer (als Influencer werden Meinungsführer und Multiplikatoren im Social Web bezeichnet. Es handelt sich dabei um einflussreiche Personen im Netz, die aufgrund ihrer Sichtbarkeit einem großen Publikum über Netzwerke wie Facebook, Instagram, YouTube & Co. Produkte erklären, anbieten, vertreiben und bewerben) nutzen Ihre Kinder oft als Werbemultiplikator. Ein schwerwiegender Eingriff in die informelle Selbstbestimmung von Kindern?


Aktuelle Rechtsauffassung

Das Bezirksgericht Gelderland1 hat in einem zivilrechtlichen Prozess eine Geldstrafe gegen die Beklagte ausgesprochen, weil diese ohne rechtliche Grundlage Fotos von ihren Enkeln auf Facebook publizierte und diese auch nicht auf Bitten der Eltern löschen wollte. Begründet wurde das Urteil auch mit dem Verstoß gegen die DSGVO. Die Oma sei nicht sorgeberechtigt und es fehle an der Einwilligung der Kinder (bzw. der sorgeberechtigten Eltern) in die Veröffentlichung und Verbreitung der Fotoaufnahmen. Das Gericht entschied sich gegen die Anwendung des Art. 2 Abs. 2 lit. c) DSGVO, wonach die DSGVO eigentlich keine Anwendung „durch natürliche Personen zur Ausübung ausschließlich persönlicher oder familiärer Tätigkeiten” findet. Wer personenbezogene Daten von Privatpersonen (egal ob Freunde, Familie, Bekannte) auf sozialen Netzwerken publiziert und verbreitet, nimmt in Kauf, dass diese automatisch einer breiten Masse zugänglich gemacht werden und durch Dritte ungewollt weiterverarbeitet werden. Selbst die Einstellung der Privatsphäre der jeweiligen Netzwerke dürften dies nicht verhindern. Ausgeschlossen dürfte ein Gegenargument allerdings bei Influencern sein, deren berufliche Kerntätigkeit im Erreichen einer breiten Masse liegt. Findet die Datenverarbeitung – wie eben das Publizieren von Fotos – nicht mehr im kleinen Familienkreis, sondern in einer breiten Öffentlichkeit statt, findet das Datenschutzrecht Anwendung. Auch der EuGH hatte dies bereits früher in einzelnen Entscheidungen so angenommen.

 

Erziehungsrecht vs. Datenschutz

Dass die Veröffentlichung von Kinderbildern ob der Reichweite dieser Plattformen und eines möglichen Kontrollverlustes des Bildrechtes durch Missbrauch Dritter bedenklich ist, mag Eltern zunächst noch einleuchten. Denn ist ein Bild erst einmal im Netz, lässt sich nicht mehr kontrollieren, was damit passiert. Vor allem, wenn die Accounts der Eltern öffentlich sind, was zumindest für Influencer in der Regel gilt.

Rechtlich wird an dieser Stelle zumeist auf das elterliche Erziehungsrecht verwiesen, wonach das Sorgerecht der Eltern bzw. die Ausübung der elterlichen Sorge durchaus die Abwägung und Entscheidung des Publizierens von Kinderfotos rechtfertigt. Datenschutzrechtlich sind derartige Handlungen allerdings höchst zweifelhaft, denn das Publizieren von Kinderfotos greift derart in das Recht der informellen Selbstbestimmung der Kinder ein, dass eine elterliche Sorge überhaupt nicht mehr zum Tragen kommen kann. „Die Eltern veröffentlichen die Bilder ihrer Kinder unrechtmäßig. Durch die Veröffentlichung wird in erheblichem Maße und ungerechtfertigt in die informationelle Selbstbestimmung von Kindern eingegriffen. Besonders schwer wiegt es, wenn sich die Verantwortlichen dabei auch noch kommerziell an den Bildern ihrer Kinder bereichern. Eltern sind, wenn sie auf einer Plattform wie Instagram Fotos ihrer Kinder veröffentlichen, gemeinsam mit dieser Plattform datenschutzrechtlich Verantwortliche i. S. d. Art. 26 Abs. 1 DS-GVO”, stellt auch Prof. Dr. Benedikt Buchner von der Universität Bremen fest. Ähnlich wie der EuGH sieht auch er keinen gesetzlichen Erlaubnistatbestand in Sicht, welcher die Veröffentlichung von Bildern der eigenen Kinder auf einer Plattform wie Instagram legitimieren würde. „Insbesondere dient ein Teilen der Bilder auf Instagram nicht zur Wahrung der berechtigten Interessen von Eltern, denen gegenüber die schutzwürdigen Interessen gerade von Kindern i. S. d. Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO zurücktreten müssten.”, so Buchner.2

 

Kinderfotos publizieren nur mit Einwilligung ab dem 16. Lebensjahr

Was verrückt klingt, spiegelt die wohl juristisch einzig beständige Alternative wider. Datenschutzkonform können Eltern die Bilder ihrer Kinder nur publizieren, wenn das Kind gem. Art. 8 Abs. 1 DSGVO das sechzehnte Lebensjahr erreicht und der Veröffentlichung zugestimmt hat. Dass dies in der Realität wohl kaum geschehen und wenn dann nicht dokumentiert wird, dürfte die Sache weiter verschärfen.

 

Fazit

Die kommerzielle Verwertung von Kinderfotos durch Influencer stellt ein derzeit ernsthaftes Problem dar und wird aller Voraussicht nach durch die entsprechenden Aufsichtsbehörden bereits wahrgenommen und womöglich ex nunc schärfer auf mögliche Sanktionen untersucht. Es besteht derzeit für (un)kommerziell handelnde Eltern beim Veröffentlichen von Kinderfotos aus datenschutzrechtlicher Sicht keine Rechtsgrundlage zur Veröffentlichung. Das Recht der informellen Selbstbestimmung von Kindern wird bei der Publizierung auf Instagram, Facebook, YouTube und Co. derart verletzt, dass kein Erlaubnistatbestand der DSGVO von den Eltern diese Tatsache überwiegt.
 
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1 Das Urteil ist in holländischer Sprache zu finden unter: https://uitspraken.rechtspraak.nl/inziendocument?id=ECLI:NL:RBGEL:2020:2521.

2 Buchner, in: ZD-Aktuell 2021, 05171.

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