BilRUG – Erstanwendungszeitpunkt und Übergangsregelungen

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zuletzt aktualisiert am 21. Mai 2015 | Lesedauer ca. 3 Minuten
 
Der Erstanwendungszeitpunkt soll gem. Art. 2 BilRUG-RegE im Einführungs­gesetz zum HGB (EGHGB) geregelt werden. Demnach ist vorgesehen, dass die geänderten Vorschriften des HGB erstmals verpflichtend für nach dem 31. Dezember 2015 beginnende Geschäftsjahre anzuwenden sind. Es besteht allerdings die Möglich­keit einer vorzeitigen Anwendung sämtlicher Änderungen (kein „cherry picking”!) für das nach dem 31. Dezember 2014 beginnende Geschäftsjahr (mit Ausnahme einiger Anpassungen in den Straf- und Bußgeldregelungen).
 
 

Vorgezogene Anwendung der erhöhten Schwellenwerte

Abweichend von der allgemeinen Regelung ist vorgesehen, dass die Änderungen bezüglich der Größen­klassen (§§ 267, 293 HGB-E) und die damit einhergehenden höheren Schwellenwerte bereits vorzeitig für Geschäfts­jahre, die nach dem 31. Dezember 2013 beginnen, angewendet werden dürfen. Bei Inan­­spruchnahme dieses Wahlrechts ist aber gleichzeitig auch die neue Umsatzerlösdefinition (§ 277 Abs. 1 HGB-E) zugrunde zu legen. Eine vorzeitige Anwendung der Größenkriterien allein auf Jahresabschluss- oder Konzernab­schlussebene scheidet aus. Entscheidet sich der Abschluss­­ersteller für die vorzeitige Anwendung der erhöhten Größenkriterien, gilt dies gleichermaßen für den Jahres- und den Konzern­abschluss.
 
Mit dem Wahlrecht für die vorgezogene Erst­an­wendung der erhöhten Schwellenwerte wird den Bilanzierenden faktisch eine zweijährige Übergangs­zeit eingeräumt (bei kalendergleichem Geschäftsjahr freiwillige Erst­anwendung zum 31. Dezember 2014, freiwillige Erstanwendung zum 31. Dezember 2015 oder ver­pflichtende Anwendung zum 31. Dezember 2016). Damit sich eine günstigere Einstufung ergibt, müssen die Schwellenwerte an den Abschlussstichtagen von 2 aufeinander­folgenden Geschäfts­jahren unterschritten werden (näheres siehe „Anpassung der Größenklassen für Kapitalgesellschaften”). Laut Regierungs­begründung werden bei dieser Be­trachtung die neuen Schwellenwerte rückbezogen, d.h. eine Gesellschaft ist zum Abschlussstichtag des 31. Dezembers 2014 auch dann klein, wenn sie zu diesem Stichtag und zum 31. Dezember 2013 oder zum 31. Dezember 2013 und zum 31. Dezember 2012 2 der 3 Merkmale nach An­hebung durch das BilRUG (Bilanz­summe 6 Mio. Euro, Umsatzerlöse 12 Mio. Euro, 50 Beschäftigte im Jahres­durchschnitt) nicht über­schritten hat.
 
Damit ergibt sich bspw. für eine GmbH mit nachstehenden Werten Folgendes:
 
​Jahr​Bilanzsumme in 1.000 EuroUmsatzerlöse in 1.000 Euro​​Ø Arbeitnehmer
​2012​5.100​11.900​70
​2013​5.900​11.50070
​2014​5.700​11.950​70
 
Nach den alten Schwellenwerten ist diese GmbH jedenfalls in den Jahren 2013 und 2014 mittelgroß­verpflichtet, einen Lagebericht aufzustellen, sich prüfen zu lassen und die Gewinn- und Verlustrechnung offenzulegen. Nutzt sie das Wahlrecht und wendet sie bereits für das Geschäftsjahr 2014 die neuen Schwellenwerte an, ist nach der Zwei-Jahres-Regelung auch das Vergleichsvorjahr 2013 nach den neuen Schwellenwerten zu beurteilen. Danach sind sowohl für 2013 als auch für 2014 die Merkmale für eine kleine Kapitalgesellschaft erfüllt, da 2 der 3 einschlä­gigen Kriterien (Bilanzsumme und Umsatzerlöse) nicht überschritten werden. Sie ist 2014 nicht mehr prüfungspflichtig und kann bestimmte Aufstellungs- und Offen­legungserleichterungen in Anspruch nehmen.
 

Rückbezug der geänderten Umsatzdefinition?

Unklar ist, inwieweit sich dieser Rückbezug auch auf die Verklammerung mit der neuen Definition der Umsatzerlöse bezieht, d.h. ob auch die als Merkmal heranzuziehenden Umsatzerlöse für 2013 oder gar 2012 nach der neuen Methode (näheres siehe „​Änderungen in der GuV durch das BilRUG – Alles Umsatzerlöse?”) zu berechnen sind. Unseres Erachtens scheidet dies aus, da das die (nicht im Gesetz vorgesehene) Anwendung des einschlägigen § 277 Abs. 1 HGB auf ein vor dem 31. Dezember 2013 beginnendes Geschäftsjahr erfordern würde. Fraglich ist darüber hinaus, ob bei einer vorgezogenen Erstanwendung der neuen Größenkriterien zum 31. Dezember 2015 im Rahmen des „Rückbezugs” der Schwellenwerte auf den 31. Dezember 2014 auch für diesen Stichtag die geänderte Umsatzdefinition zu verwenden wäre. Nachdem zum Zeitpunkt des Inkrafttretens die meisten Unternehmen ihre Abschlüsse für 2014 unter Anwendung des HGB in der bis­herigen Fassung auf- und festgestellt haben dürften, würde dies erheblichen Aufwand zur Folge haben: der Abschluss müsste geändert oder die Umsatz­erlöse müssten zumindest statis­tisch neu berechnet werden. Im letzteren Fall wäre die Einhaltung der Kriterien nicht unmittelbar aus dem Abschluss ersichtlich; ggf. wären zusätz­liche Angaben im Anhang erforderlich.
 
Allein sinnvoll erscheint es daher, die geänderte Umsatzde­finition nur für das Jahr der freiwilligen vorzeitigen Anwendung der geänderten Größen­kriterien und nicht im Rahmen des „Rückbezugs” anzuwenden, d.h. bei freiwilliger Erstanwendung zum 31. Dezember 2014 nur für das Jahr 2014 und bei freiwilliger Erstanwendung zum 31. Dezember 2015 nur für das Jahr 2015. Eine entsprechende Klarstellung in der Gesetzesbegründung wäre wünschenswert.
 

Konsequenzen einer entfallenden Prüfungspflicht

Kapitalgesellschaften, die nach den alten Schwellenwerten für 2014 noch als mittelgroß einzustufen gewesen wären, haben i.d.R. bereits einen Abschlussprüfer bestellt. Bei Wegfall der Prüfungspflicht aufgrund der Anwendung der neuen Schwellenwerte in 2014 stellt sich dann die Frage, wie mit dem bereits erteilten Prüfungsauftrag zu verfahren ist. Entfällt bei einem bereits erteilten Prüfungsauftrag über die gesetzliche Jahresab­schlussprüfung die Prüfungspflicht nachträglich aufgrund der Anhebung der Schwellenwerte, entfällt damit auch die Geschäftsgrundlage für den Prüfungsvertrag. Der Auftraggeber könnte daher nach § 313 Abs. 3 BGB vom Vertrag zurücktreten. Bei schon begonnenen Prüfungen hat der Abschlussprüfer allerdings Anspruch auf den Honorarteil, der auf die bereits erbrachten Leistungen entfällt. Es ist jedoch auch möglich, dass die Prüfung als freiwillige Prüfung fortgeführt wird. Nicht in Betracht kommt jedoch die nach­trägliche Umqualifi­zierung einer bereits abgeschlossenen Pflicht­­prüfung in eine freiwillige Prüfung.
 

Konsequenzen für die Offenlegung

Wenn das BilRUG in Kraft tritt, werden viele Unter­nehmen noch nicht ihren Offenlegungs­pflichten für den Jahres­abschluss 2014 nachgekommen sein. In diesem Fall können die Unternehmen die neuen Schwellenwerte auch für die Offenlegung nutzen und auf die Offenlegung der Gewinn- und Verlustrechnung sowie der sich hierauf beziehenden Anhangangaben verzichten. Hat eine Gesellschaft ihren Abschluss nach den für mittelgroße Gesellschaften bestehende Regelungen aufgestellt und damit auch einen Lagebericht erstellt, fällt sie nun aber nach Anwendung der neuen Schwellenwerte unter die Vorgaben für kleine Kapitalgesellschaften, so können die Aufstellungserleichterungen für Zwecke der Offenlegung nachgeholt werden. Insbesondere muss der aufgestellte Lage­bericht nicht offengelegt werden.
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