Kehrtwende des BGH: Keine Schadensbemessung anhand fiktiver Mängelbeseitigungskosten mehr

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veröffentlicht am 15. Mai 2018

 

Begehrte der Besteller eines Werkes bisher Schadensersatz wegen eines Mangels, so konnte er nach Ansicht der Rechtsprechung die fiktiven Mängelbeseitigungskosten als Schadensposition geltend machen. Dies galt auch dann, wenn er sich mit dem Mangel bereits abgefunden hatte. An dieser Auffassung hält der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes in seiner neuesten Entscheidung vom 22. Februar 2018 (Az.: VII ZR 46/17) nicht mehr fest. Der Werkmangel selbst, als ein bloßes Zurückbleiben hinter dem geschuldeten Leistungsprogramm, stellt nunmehr keinen Schaden dar. Ein Eingriff in die Vermögensposition des Bestellers erfolge erst mit der Begleichung der Mängelbeseitigungskosten und nicht schon bei einem (bloßen) Leistungsdefizit.

 

Wichtige Hinweise für die Praxis

  • Für ab dem 1. Januar 2002 geschlossene Werkverträge hat der Besteller, der keine Aufwendungen zur Mängelbeseitigung tätigt, keinen Vermögensschaden in Form und Höhe der nur fiktiven Aufwendungen.

 

  • Dem Besteller entsteht erst dann ein Vermögensschaden, wenn er den Mangel beseitigen lässt und die Kosten dafür begleicht.

 

  • Vor Begleichung der Kosten zur Mängelbeseitigung kann der Besteller jedoch Befreiung von den erforderlichen Aufwendungen in Form eines Vorschusses verlangen. Der Vorschussanspruch entsteht mit erfolglosem Verstreichen der angemessenen Nacherfüllungsfrist gegenüber dem Unternehmer. Er besteht auch dann noch, wenn der Besteller bereits Schadensersatz statt der Leistung verlangt hat.

 

  • Grund für den Rechtsprechungswandel ist insbesondere die häufige Überkompensation und damit einhergehende ungerechtfertigte Bereicherung des Bestellers bei einer Abrechnung nach allgemeinen schadensrechtlichen Grundsätzen auf Gutachterbasis.

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Dr. Julia Müller

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Vergaberecht

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