Forderungsdurchsetzung in der EU – Was ist der Europäische Zahlungsbefehl wirklich wert?

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von Katja Conradt
 
Mit dem Europäischen Zahlungsbefehl lassen sich Forderungen in Mitgliedsstaaten der Europäischen Union durchsetzen. Unternehmen erhalten auf Antrag einen Titel gegen den Schuldner, der direkt vollstreckt werden kann.
 
Was tun, wenn der Schuldner nicht in Deutschland sitzt, sondern in einem anderen europäischen Mitgliedsstaat? Um säumigen Zahlern Dampf zu machen, gibt es seit 2008 ein schnelles und wirksames Mittel: den Europäischen Zahlungsbefehl. „Um seinen Forderungen den nötigen Nachdruck zu verleihen, ist der Zahlungsbefehl das perfekte Mittel”, sagt Rechtsanwältin Katja Conradt, Spezialistin für internationales Handels- und Vertriebsrecht bei Rödl & Partner in Stuttgart.
 

Europäisches Mahngericht Deutschland mit eGovernment Award ausgezeichnet

Bei seiner Einführung Ende 2008, wurde das europäische Pendant zum deutschen Mahnverfahren noch als langsam und unnötig belächelt. Doch die Beamten des Amtsgerichts Berlin-Wedding, dem für Deutschland zuständigen Europäischen Mahngericht, lernten schnell. Schon im November 2009 bekamen sie von der Europäischen Kommission einen Preis für ihr elektronisches Mahnverfahren: den European eGovernment Award. Mittlerweile vergehen vom Antrag bis zum Erlass eines Zahlungsbefehls in der Regel zwischen 2 und 4 Wochen, so die Erfahrung von Conradt.
 

Vorteil: Einstufiges Verfahren bis zum vollstreckbaren Titel

Was unterscheidet den Europäischen Zahlungsbefehl gemäß der EU-Verordnung 1896/2006 (EuMahnVO) vom normalen deutschen Mahnverfahren nach der Zivilprozessordnung (ZPO)? Der Hauptvorteil, so Conradt, ist seine Schnelligkeit. Beim deutschen Mahnverfahren muss zunächst der Mahnbescheid beantragt werden, dann der Vollstreckungsbescheid, und dann muss der Titel noch im jeweiligen Land für vollstreckbar erklärt werden.
 
Wer den Europäischen Zahlungsbefehl beantragt, hält hingegen, sofern der Schuldner keinen Einspruch einlegt, sofort einen vollstreckbaren Titel in der Hand. Den kann er im EU-Ausland vollstrecken lassen, ohne dass es einer Anerkennung bedarf. Dafür fallen Gerichtsgebühren beim Mahngericht an. Hinzu kommen Kosten für die Zustellung im europäischen Ausland sowie Kosten für die Übersetzung der Unterlagen, zum Beispiel des Kaufvertrags.
 

Geeignet für Kaufpreisforderungen und Sicherungsforderungen

Das Verfahren eignet sich für kleinere Forderungen ab 2.000 Euro aufwärts bis hin zu Forderungen im Millionenbereich. Eingetrieben werden Außenstände aus Kaufverträgen und aus Dienstleistungs- oder Werkverträgen sowie aus Sicherungsverträgen. Je höher die Forderungssumme, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich der jeweilige Lieferant seine Forderung hat absichern lassen. „Große Forderungen aus Warenlieferungen sind in der Regel durch dingliche oder persönliche Sicherheiten abgesichert”, sagt Rechtsanwältin Conradt. Auch hier hilft der Europäische Zahlungsbefehl. Fällt der ursprüngliche Schuldner wegen Zahlungsunfähigkeit aus, tritt der Sicherungsgeber an seine Stelle. Das kann der Geschäftspartner oder ein Familienangehöriger sein. Weigert sich auch der Sicherungsgeber, die Forderung zu bezahlen, kann er mit dem Europäischen Zahlungsbefehl zur Zahlung aufgefordert werden.
 

Recherche, ob die Forderung durchsetzbar ist

Um einen Europäischen Zahlungsbefehl zu erhalten, müssen Gläubiger dem Mahngericht die Forderung glaubhaft machen. Hier kommt Conradt in Spiel. Die Rechtsanwältin prüft, ob die Forderung tatsächlich durchzusetzen ist. Hat der Schuldner womöglich die Forderung berechtigt bestritten? Hat er ausreichend Vermögen, besitzt er vielleicht verwertbare Immobilien? Wenn nicht, lohnt es sich erst gar nicht, den Aufwand für einen Zahlungsbefehl zu betreiben.
 
Um das herauszufinden, recherchiert Conradt, die auch in Spanien als Abogada zugelassen ist, schon mal in den öffentlichen Registern des jeweiligen Landes. Dazu gehören die Handels- und Insolvenzregister ebenso wie private Auskunfteien, also in Deutschland Schufa oder Kreditreform. Manche Länder, z.B. Spanien, besitzen auch Register, die offenbaren, ob ein Unternehmen Immobilien besitzt.
 
Die Vermögensverhältnisse des Schuldners geprüft zu haben, ist wichtig, falls der Schuldner widerspricht. 30 Tage kann ein Schuldner nach Zustellung gegen einen Zahlungsbefehl Einspruch einlegen. Dann erklärt das Mahngericht den Zahlungsbefehl für vollstreckbar. Legt der Schuldner Einspruch ein, wird aus dem Mahnverfahren ein sogenanntes streitiges Verfahren. Das heißt, der Gläubiger muss die Forderung bei Gericht einklagen. „Spätestens jetzt sollte man wissen, ob es sich lohnt, den Schuldner zu verklagen”, sagt Conradt.
 

Tipp: Gerichtsstand in Deutschland vereinbaren

Und noch einen Tipp hat Conradt: „Vertragspartner sollten wenn möglich, einen deutschen Gerichtsstand vereinbaren.” Zunächst ist nämlich immer das Gericht des Landes zuständig, in dem der Antragsgegner seinen Wohn- oder Firmensitz hat. (Gemäß Art. 6 Abs. 1 EuMahnVO in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 (EuGVVO.) Doch mit einer entsprechenden Vereinbarung wird das Amtsgericht Wedding zuständig. Und das ist ja bekanntlich sehr schnell.

 

zuletzt aktualisiert am 20.02.2014​​

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Ewald Plum

Dipl. Finanzwirt (Zoll), Experte für Zoll-, Verbrauchsteuer- und Außenwirtschaftsrecht

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