Buchführungspflichten ausländischer Gesellschaften im Inland

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veröffentlicht am 17. Mai 2019 | Lesedauer ca. 3 Minuten
von Malte Geils und Philip Nürnberg, Rödl & Partner Hamburg

 

​Mit Urteil vom 14. November 2018 (I R 81/16) hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass es für das inländische Steuerverfahren ausreichend ist, wenn der beschränkt Steuerpflichtige nach ausländischem Recht einer Buchführungspflicht unterliegt. Im Streitfall hatte eine Aktien­gesell­schaft nach liechtensteinischen Recht inländische Vermietungseinkünfte, welche im Inland zur Buch­führungspflicht führten. Bereits nach liechtensteinischem Recht war die Aktiengesell­schaft buchführungspflichtig. Trotz der ausländischen Buchführungspflicht wollte das Finanzamt die Gesellschaft zu einer (weiteren) Buchführung nach deutschem Steuerrecht verpflichten.

 

Nach Ansicht des BFH ist eine solche Buchführungsverpflichtung jedoch nicht erforderlich, da gemäß § 140 AO bereits eine Buchführungspflicht der Gesellschaft nach „anderen Gesetzen” besteht, welche vorliegend ausreichend ist.

 

 

Buchführungspflichten in bestimmten Fällen

In bestimmten Fällen können sich Buchführungspflichten ergeben, welche nur für steuerliche Belange gelten. Bspw. gelten diese Buchführungspflichten nach § 141 AO, sofern der Gewinn aus Gewerbebetrieb oder Land- und Forstwirtschaft höher als 60.000 Euro im Wirtschaftsjahr bzw. Kalenderjahr ist. Dann müssen trotz fehlender Buchführungspflicht bspw. aus handelsrechtlichen Regelungen für steuerliche Zwecke Bücher geführt werden.

 
Damit im Zusammenhang sieht § 140 AO vor, dass Aufzeichnungs- und Buchführungspflichten aus anderen Gesetzen als den Steuergesetzen auch für steuerliche Zwecke zu erfüllen sind. Sodann ist die Anwendung der besonderen Buchführungspflichten nach § 141 AO nicht mehr erforderlich. Durch diese gesetzliche An­weisung werden die handelsrechtlichen Buchführungspflichten auch für das deutsche Steuerrecht anwend­bar gemacht. Der Vorteil ist, dass der Gesetzgeber weniger spezifische steuerrechtliche Buch­führungs­pflichten schaffen musste. Zudem kann der Steuerpflichtige die bereits nach anderen Gesetzen anzu­fertigen­den Buchführungs­unterlagen auch für Zwecke der Besteuerung heranziehen.

 
Bisher konnte der BFH in diesem Kontext jedoch die Frage offenlassen, ob auch ausländische Buch­führungs­pflichten durch Anwendung des § 140 AO in eine deutsche steuerliche Buchführungs­pflicht gewandelt werden kann. Nur wenn das möglich ist, können sie für deutsche steuerliche Zwecke herangezogen werden.

 

BFH-Urteil vom 14. November 2018

Mit Urteil vom 14. November 2018 hat der BFH sich nunmehr erstmal zu dieser Frage geäußert. Da eine höchstrichterliche Entscheidung dazu, ob die ausländischen Buchführungspflichten auch für inländische steuerliche Zwecke herangezogen werden können, bisher nicht vorlag und die finanzgerichtliche Recht­sprechung zumindest uneinheitlich war, ist die Entscheidung des BFH bereits aus Erwägungen der Rechts­sicherheit zu begrüßen. Seit geraumer Zeit kam es diesbezüglich nämlich immer wieder zu Streitigkeiten zwischen Finanzverwaltung und Steuerpflichtigem.

 
Unter Abwägung des Wortlautes des § 140 AO und des Zwecks dieser Norm als Vereinfachungsregelung, sowohl für den Gesetzgeber als auch den Steuerpflichtigen, kommt der BFH dazu, dass es gerechtfertigt sei auch die liechtensteinische Buchführungspflicht im Streitfall für deutsche steuerliche Zwecke heranzuziehen. Die Norm des § 140 AO sei nach Ansicht des BFH nicht ohne Grund so offen gestaltet, dass eine Be­schrän­kung auf rein nationale Gesetze sich daraus nicht ergäbe. Zudem stellen auch ausländische Gesetze die fraglichen „anderen” Gesetze in Sinne des § 140 AO dar.

 

Folgen für die Praxis

Während bisher die Ungewissheit bestand, ob beschränkt Steuerpflichtige, die nicht bereits aufgrund andere nationaler Vorschriften in Deutschland buchführungspflichtig sind, durch ihre ausländische Buchführungs­pflicht auch die inländischen steuerlichen Mitwirkungspflichten erfüllen, schafft der BFH jetzt Klarheit. Damit wird der Mehraufwand einer zusätzlichen Buchführung für steuerliche Zwecke in Deutschland vermieden, wenn im Sitz- und Geschäftsleitungsstaat bereits eine Buchführungspflicht besteht. In der Diskussion mit dem Finanzamt kann somit nunmehr rechtssicher auf die bereits bestehende ausländische Buchführung verwiesen werden. Nicht unbeachtet bleiben darf jedoch, dass etwaige Anpassungen für deutsche steuer­liche Zwecke dennoch vorgenommen werden müssen. Insoweit ist es vorteilhaft, wenn die ausländischen Buchführungs­regelungen den innerstaatlichen deutschen Regelungen ähnlich sind, um erhöhten Aufwand zu vermeiden. Bei starken Abweichungen ist jedoch dennoch über eine eigenständige steuerliche Buchführung in Deutschland nachzudenken.

 

Zudem gilt es zu beachten, dass abhängig davon, in welcher Weise das Engagement des beschränkt Steuer­pflichtigen im Inland erfolgt, auch eine Betriebsstätte vorliegen kann. Ist dies der Fall, können sich im In­land weitere Buchführungspflichten ergeben. So ist es nach dem in § 1 Abs. 5 und Abs. 6 AStG umge­setzten Autho­rized OECD Approach (AOA) erforderlich, dass für steuerliche Zwecke der Betriebsstätte eine geson­derte Ge­winn­er­mittlung erstellt wird. Da die Regelungen speziell für Fälle von Betriebsstätten durch eine gesetzliche Fiktion gelten, kann die zusätzliche Gewinnermittlung auch mit Argumentation auf das Ur­teil des BFH vom 14. November 2018 nicht vermieden werden. 

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