Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie: Neuer Referentenentwurf liegt vor

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veröffentlicht am 1. Juni 2022 | Lesedauer ca. 5 Minuten

 

Das BMJ legte einen Referentenentwurf zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie vor, die grenzüberschreitende Umwandlungen europaweit harmonisieren soll. Das deutsche Umwandlungsrecht soll unter Wahrung der bewährten Grundsätze und der Systematik des deutschen Umwandlungsrechts im Hinblick auf grenzüberschreitende Umstrukturierungen zusammengefasst und erweitert werden. Novelliert werden sollen vereinzelt auch Regelungen, die rein nationale Sachverhalte betreffen.
  

Anders als in anderen internationalen Projekten läuft die Abstimmung der rechtlichen Dokumentation bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen innerhalb der EU meist reibungslos, da die Mitgliedsstaaten auf­grund der bereits umgesetzten Richtlinie mit wenigen Ausnahmen inhaltlich gleiche Regelungen implementiert haben. Aufgrund der oft gleichlautenden gesetzlichen Vorgaben ist es so beispielsweise möglich einen gemein­samen Verschmelzungsplan und einen gemeinsame Verschmelzungsbericht zu erstellen, welche ohne viele Abstimmungsrunden den Regelungen in beiden Mitgliedstaaten gerecht werden. Wenn es aber dann um die Umsetzung geht, stößt man bislang dann teilweise doch auf Kommunikations- und Abstimmungsprobleme zwischen den Registergerichten, die zu erheblichen Zeitverzögerungen führen können. Weiterhin ist aufgrund der Rechtsprechung des EuGH zwar schon lange bestätigt, dass ein grenzüberschreitender Formwechsel möglich ist, allerdings fehlte es bislang an einer gesetzlichen Regelung.
 

Die Umwandlungsrichtlinie (EU) 2019/2121 greift unter anderem genau diese Themenkomplexe auf und soll europaweite Umstrukturierungen rechtssicherer und effizienter machen. Die Änderungen der Um­wandlungs­richtlinie sind bis zum 31. Januar 2023 in nationales Recht umzusetzen. Daher legte das BMJ am 20. April 2022 einen Referentenentwurf zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie vor. Die vorgesehenen Regelungen er­gänzen überwiegend die im deutschen Umwandlungsrecht bereits bestehenden Regeln für grenz­über­schrei­tende Umwandlungen. Die materiellen Vorschriften über grenzüberschreitende Verschmelzungen (derzeit §§ 122a ff. UmwG) sollen künftig in den §§ 305 – 319 UmwG-E zu finden sein. Über die bereits bestehenden Rege­lungen hinaus werden im Referentenentwurf auch grenzüberschreitende Spaltungen (§§ 320 – 332 UmwG-E) und Formwechsel (§§ 333 – 345 UmwG-E) auf Grundlage des Umwandlungsgesetzes erstmals gesetzlich geregelt. Teilweise erfassen die Regelungen auch Umwandlungen mit rein nationalen Sachverhalten.
 

Daher sollen nachfolgend die wichtigsten Neuerungen des Referentenentwurfs kurz dargestellt werden. Dabei beschränken sich die Ausführungen im Wesentlichen auf die in dem Entwurf angedachten Änderungen des Umwandlungsgesetzes.

 

 

Regelung zum Abfindungsangebot und Umtauschverhältnis

Das Umwandlungsgesetz sieht bereits Regelungen zum Austrittsrecht eines Gesellschafters gegen eine ange­messene Barabfindung vor. Der Referentenentwurf sieht eine Umgestaltung dieser Regelungen vor, wonach nunmehr eine Frist für die Annahme des im Verschmelzungsplan abzugebenden Abfindungsangebot vorge­sehen wird. Ein Anteilsinhaber, der die Annahme eines Abfindungsangebots beabsichtigt, hat dies innerhalb von einem Monat nach dem Verschmelzungsbeschluss der Gesellschaft mitzuteilen. Bei Beachtung dieser Ausschlussfrist kann der Anteilsinhaber das Abfindungsangebot bis spätestens zwei Monate nach dem Ver­schmelzungsbeschluss annehmen. Diese Regelung soll dazu dienen die Summe der anstehenden Abfindungs­zahlungen besser planbar zu machen.
 

Zudem sollen bei einer Verschmelzung unter Beteiligung von Aktiengesellschaften unterschiedliche Wert­verhältnisse der Gesellschaften leichter angepasst werden können. Ist das im Verschmelzungsvertrag zugrunde gelegte Umtauschverhältnis nicht angemessen, können Minderheitsaktionäre einen Ausgleich durch bare Zuzahlung verlangen. Um Gesellschaften vor dem Risiko eines Liquiditätsabflusses in ungewisser Höhe zu bewahren, sieht der Referentenentwurf die Möglichkeit vor anstelle der baren Zuzahlung, zusätzliche Aktien der übernehmenden Gesellschaft zu gewähren. Dies soll auch bei rein nationalen Umwandlungen gelten.

 
Weiterhin soll es Änderungen im Hinblick auf das Spruchverfahren geben. Aktuell steht das Spruchverfahren zur Bestimmung einer angemessenen baren Zuzahlung nur den Minderheitsgesellschaftern der übertragenden Gesellschaft offen. Die Anteilseigner der übernehmenden Gesellschaft dagegen haben derzeit nur die Möglichkeit mit einer Klage die Wirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses vorzugehen. Diese Ungleich­behandlung soll dadurch beseitigt werden, indem das Spruchverfahren künftig beiden Gruppen von Minder­heitsgesellschaftern zur Verfügung gestellt wird.
 

Regelung zum Anspruch auf Sicherheitsleistung

Auch Regelungen, die die Gesellschaftsgläubiger schützen sollen, finden sich in dem Referentenentwurf. Der bereits im Umwandlungsgesetz festgelegte Anspruch auf Sicherheitsleistung soll umgestaltet werden und um die Möglichkeit einer Registersperre ergänzt werden. Künftig soll der betroffene Gläubiger über die Sicher­heits­leistung hinaus beantragen können, dass eine Verschmelzung nicht eingetragen wird, bevor Sicherheit geleistet wurde. Dieser Anspruch soll vor dem für die Ausstellung der Verschmelzungsbescheinigung zuständigen Register­gericht prozessual durchgesetzt werden können. Dies führt dazu, dass dasselbe Gericht sowohl für die Entscheidung über den Anspruch des Gläubigers auf Sicherheitsleistung als auch für die Ausstellung der Verschmelzungsbescheinigung zuständig ist.
 

Informationspflichten der Arbeitnehmer

Die Arbeitnehmer sollen in Zukunft noch früher über die geplante Umwandlung informiert werden. Die Neufassung bestimmt, dass der Verschmelzungsbericht dem zuständigen Betriebsrat beziehungsweise, sofern es keinen Betriebsrat gibt den Arbeitnehmern der Gesellschaft, nunmehr spätestens sechs Wochen vor der den Zustimmungsbeschluss fassenden Versammlung der Anteilsinhaber zugänglich zu machen ist. Die derzeit noch geltende Vorschrift sieht eine Frist von einem Monat vor.
 

Regelungen zum Austausch der Registergerichte

Ferner soll der grenzüberschreitende Registervollzug bei Umwandlungen rechtssicherer und effizienter werden, was insbesondere durch einen besseren Austausch der Registergerichte geschehen soll.
 

Die Kommunikation der Register ist gegenwärtig nur sehr unzulänglich, was insofern ein Problem dargestellt, als dass die Verschmelzungsbescheinigung über die Verschmelzung durch ein Registergericht des über­tragenden Rechtsträgers vorliegen muss, um eine Verschmelzung im Registergericht des übernehmenden Rechtsträgers eintragen zu lassen. In der Vergangenheit führte dies oft zu Missverständnissen mangels Kommunikation zwischen den Gerichten und schließlich dazu, dass die Eintragung einer Verschmelzung unnötig lange verzögert wurde.
 

Es besteht zwar aktuell bereits ein Informationsaustausch über das Europäische System der Register­ver­netzung (BRIS), die Verpflichtung zur Informationsübermittelung beschränkt sich aber derzeit noch auf die Übermittlung des Wirksamwerdens einer Verschmelzung. Die Verschmelzungsbescheinigung hingegen muss direkt von Registergericht zu Registergericht übermittelt werden. Dies hat oftmals zu Verzögerungen geführt und eine Kommunikation zwischen den Gerichten fand oftmals nicht statt. Verschärft wird diese Problematik durch die derzeit im deutschen Recht geltende Fiktionslösung für die Verschmelzungsbescheinigung. Die Nachricht über die Eintragung der Umwandlung im Register gilt gem. § 122k Abs. 2 Satz 2 UmwG als Ver­schmel­zungsbescheinigung. Es besteht daher die Gefahr, dass Register des übernehmenden Rechtsträgers in anderen Mitgliedsstaaten die Eintragungsnachricht nicht als ausreichend akzeptieren. Umgekehrt ist man bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen mit Mitgliedsstaaten ohne oder mit einem kürzeren steuerlichen Rückwirkungszeitraum darauf angewiesen, dass die angemeldete Verschmelzung auch zeitnah eingetragen wird, so dass Kommunikationsprobleme und unterschiedliche Ansichten zwischen den Registergerichten im Hinblick auf die Eintragung zu weitreichenden Problemen führen können.
 
Der Referentenentwurf sieht nun vor, dass die nationalen Handelsregister in Zukunft umfangreicher digital miteinander kommunizieren müssen. Das Registergericht soll nunmehr von Amts wegen eine Verschmelzungs-, Spaltungs- oder Formwechselbescheinigung ausstellen, die den Inhalt der Eintragung wiedergibt. Diese Verschmelzungsbescheinigung soll dann über das Europäische System der Registervernetzung (BRIS) übermittelt werden, sodass sie für andere Register über das Europäische Justizportal abrufbar ist. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass das Registergericht des übernehmenden Rechtsträgers den aktuellen Stand jederzeit einsehen und die (wirksamkeitsbegründende) Eintragung auf Grundlage einer formal und inhaltlich eindeutigen Verschmelzungsbescheinigung vornehmen kann.
 

In Hinblick auf die durch das DiRUG beschlossene Abschaffung von Gebühren für die Einsichtnahme in das Handelsregister könnte sich damit nunmehr jedermann kostenlos über den aktuellen Verfahrensstand informieren und die Verschmelzungsbescheinigung abrufen. (Lesen Sie dazu mehr in unserem Beitrag „Digitalisierung im Gesellschaftsrecht”)
 

Über die digitale Vernetzung hinaus sollen die Registergerichte aber auch in die Pflicht genommen werden zu kontrollieren, ob grenzüberschreitende Umwandlungen einem missbräuchlichen Zweck dienen.
 

Regelungen zum grenzüberschreitenden Formwechsel und der grenzüberschreitenden Spaltung

Über die bereits bestehenden Regelungen zur Verschmelzung hinaus werden durch den Referentenentwurf grenzüberschreitende Spaltungen und der grenzüberschreitende Formwechsel auf Grundlage des Umwand­lungsgesetzes erstmals gesetzlich geregelt. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist der grenzüberschreitende Formwechsel vom Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit erfasst. Ein grenzüberschreitender Formwechsel ist daher an sich nichts Neues, allerdings stellte die fehlende gesetzliche Grundlage dahingehend eine besondere Herausforderung dar zwei nationalen Rechtsordnungen in Einklang zu bringen. In der Praxis dienten die Bestimmungen der grenzüberschreitenden Verschmelzung bereits als Muster, der vorliegende Entwurf nimmt ebenso die Vorschriften über die grenzüberschreitende Verschmelzung als Regelungsvorbild und verspricht damit aber nunmehr Klarheit und Einheitlichkeit bei der internationalen Umsetzung.
 

Der Referentenentwurf wurde den Ländern und verschiedenen Verbänden zugeleitet, die teilweise bereits Stellungnahmen abgegeben haben. Das weitere Gesetzgebungsverfahren bleibt abzuwarten.

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