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veröffentlicht am 8. Januar 2020
Seit mehreren Jahren befinden wir uns in einer Niedrigzinsphase. Gerade Stiftungen mit einem kleinen Grundstockvermögen fällt es zunehmend schwer, ausreichend Erträge zu erwirtschaften, um ihren bisherigen Projektumfang weiterhin realisieren zu können. Das führt bei vielen Stiftungsorganen zu der Erkenntnis, dass die bisherige Anlageform des Vermögens überdacht werden muss. Die Vermögensanlage einer Stiftung ist oft historisch gewachsen. D.h., nachfolgende Organe – typischerweise der Vorstand – haben Neuanlagen organisch weiterentwickelt. Meist wurde sehr konservativ angelegt, teilweise immer noch nach dem mittlerweile überholten Standard der mündelsicheren Anlage.
Die Stiftungsorgane sind bei der Umsetzung an die Satzungsvorgaben, den Stifterwillen, die interne Beschlusslage der Organe und gesetzliche Vorgaben gebunden. Am Anfang steht bei jeder Stiftung eine Bestandsermittlung der Vorgaben. Auch sollten die Stiftungsorgane die Veränderungen der Anlagepolitik durch Beschlüsse dokumentieren und die spätere Umsetzung durch den Vermögensverwalter oder die Bank überwachen. Wir empfehlen, Stiftungen mit einem größeren Anlagevolumen, sog. Anlagerichtlinien, festzulegen. Dabei werden Art und Umfang von Assetklassen und Risikoneigungen definiert. Anlageentscheidungen können anhand der Richtlinien laufend überprüft werden. Stiftungen investieren auch zunehmend in Immobilien. Dabei ist zu beachten, dass langfristig gehaltene Immobilien zwar grundsätzlich in der ertragsteuerbefreiten Sphäre der Vermögensverwaltung gehalten werden. Durch bestimmte Vorgänge kann jedoch ein sog. gewerblicher Grundstückshandel begründet werden. Der unterliegt als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb einer erheblichen ertragsteuerlichen Belastung. Insbesondere der zeitnahe An- und Verkauf von mehreren Objekten kann einen Grundstückshandel begründen. Stiftungen sollten vor einem Verkauf von Immobilien immer eine steuerliche Untersuchung der Auswirkungen vornehmen lassen, da auch bereits bei einem einzigen Objektverkauf ein gewerblicher Grundstückshandel drohen kann. Das Risiko ist nach unserer Erfahrung vielen Stiftungsvorständen nicht bewusst. Das gleiche gilt bei Anlagen in geschlossene Immobilienfonds mit einem bestimmten Anlagevolumen.
Wir empfehlen, sich verstärkt mit dem Fundraising zu beschäftigen. Das umfasst das Einwerben von Grundstockvermögen aus Erbschaften und die Erhöhung des Spendenaufkommens durch eine höhere Sichtbarkeit der Stiftung in der Öffentlichkeit. Soweit sie versuchen, einen Mehrwert für ihre Förderer zu bieten, sollte bei jeder Maßnahme untersucht werden, ob bereits ein „Sponsoring” mit allen ertrag- und umsatzsteuerlichen Folgen vorliegt oder nur ein bloßer Hinweis auf die Unterstützung durch den Spender. Werden Veranstaltungen durchgeführt, sollten die Finanzierung, die Frage, für welche „Spenden” Zuwendungsbestätigungen ausgestellt werden dürfen, und die Zuordnung der Veranstaltung zu den steuerlichen Sphären vorab mit einem steuerlichen Berater abgestimmt werden. In der Praxis erfolgt das meist erst nachdem die Veranstaltung bereits durchgeführt wurde. Um starke Schwankungen in der Projektfinanzierung auszugleichen, können Stiftungen auch ein Verbrauchsvermögen einrichten.
Das Verbrauchsvermögen stellt eine in der Satzung verankerte dritte Vermögenssphäre neben dem Grundstockvermögen und den zeitnah zu verwendenden Mitteln dar. Das Verbrauchsvermögen wird durch gesondert gewidmete Spenden aufgefüllt und kann in Krisenzeiten angegriffen werden. Ziel ist die Schaffung einer langfristigen Liquiditätsreserve, die nicht der Verpflichtung zur zeitnahen Mittelverwendung unterliegt. Gerade für Stiftungen, die auf stark schwankende Erträge aus Unternehmensbeteiligungen angewiesen sind, kann das Verbrauchsvermögen bei mehreren ertragsschwachen Jahren eine Fortführung der Stiftungsarbeit ermöglichen. Unserer Erfahrung nach sind die Stiftungsaufsichtsbehörden dabei kooperativ; wir empfehlen daher, Regelungen zu einem Verbrauchsvermögen in eine Stiftungssatzung auch nachträglich mit aufzunehmen.
Viele Stiftungsorgane sind anpackende Pragmatiker, die ihre Ideen und Projekte umsetzen wollen. Die Dokumentation von Entscheidungen und Überwachung von Fristen werden dabei oft als lästige Formalie betrachtet. Wenn die Finanzverwaltung Jahre später eine korrekte Mittelverwendung überprüfen will und Dokumente anfordert, zeigt sich, dass Unterlagen nicht oder nur teilweise aufbewahrt wurden und die handelnden Personen nicht mehr für die Stiftung tätig sind. Der Eindruck einer Mittelfehlverwendung ist dann oft nur mit großen Mühen zu entkräften. Auch die rechtzeitige Organisation und Besetzung der Wahlen oder Bestellungen von Stiftungsorganen bereitet in der Praxis oft Schwierigkeiten. Sieht die Satzung nicht vor, dass die Organe bis zur Neubesetzung im Amt bleiben, so kann das zu einer handlungsunfähigen Stiftung führen. Wir unterstützen unsere Mandanten dabei, diese Problemfelder frühzeitig zu erkennen und sich auf Entscheidungen und Organbesetzungen vorzubereiten.
Sowohl gemeinnützige Stiftungen als auch Familienstiftungen spielen eine große Rolle für Unternehmer, die keinen geeigneten Nachfolger haben oder eine Zersplitterung der Unternehmensanteile verhindern wollen. Gerade gemeinnützige Stiftungen stellen den Stifter vor große Herausforderungen in der Unternehmensnachfolge. Die Stiftungssatzung sollte dabei mit dem Gesellschaftsvertrag des Unternehmens verzahnt werden, um einen reibungslosen Ablauf nach dem Ableben des Stifters zu ermöglichen. Auch erleben wir immer wieder, dass steuerliche Anforderungen der für die Stiftungen geltenden Begünstigungsvorschriften nicht beachtet werden und das später zu unliebsamen Überraschungen bei der Erbschaftsteuer führen kann. Das betrifft insbesondere Anteile an Personengesellschaften. Sollen Stiftungen in der Unternehmensnachfolge eingesetzt werden, ist eine enge Begleitung und Überwachung durch einen aktiven steuerlichen Berater notwendig.
Familienstiftungen werden aufgrund der neuen erbschaftsteuerlichen Begünstigungsvorschriften künftig eine größere Rolle spielen. Aufgrund der eingeführten Verschonungsbedarfsprüfung kann eine Übertragung von Vermögen auf eine Familienstiftung steuerlich attraktiv sein. Eine mit einem geringen Grundstockvermögen errichtete Familienstiftung hat kaum eigenes Vermögen, das sie zur Begleichung der Erbschaftsteuer einsetzen kann und muss. Verfügen die Abkömmlinge des Stifters bereits über erhebliches eigenes Vermögen, kann eine Übertragung des Unternehmens auf eine Familienstiftung daher vorteilhaft sein. Großerwerbe können durch den Einsatz von Familienstiftungen in mehrere Einheiten gesplittet werden.
Elke Volland
Rechtsanwältin, Fachanwältin für Steuerrecht
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Jan Jungclaussen
Rechtsanwalt, Steuerberater
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