Neues zum einheitlichen Erwerbsgegenstand im Grunderwerbsteuergesetz

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In seinem die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage betreffenden Urteil vom 06.07.2016 (II R 5/15) hat der BFH entschieden, dass die Verpflichtung des Erwerbers, das im Zeitpunkt des Erwerbs noch unbebaute Grundstück alsbald nach den gestalterischen Vorgaben der Veräußererseite zu bebauen, für sich allein nicht für die Annahme ausreicht, dass der Erwerber das Grundstück im bebauten Zustand erwirbt. Nach Ansicht des BFH muss hinzukommen, dass das vom Erwerber mit der Bebauung beauftragte Bauunternehmen in diesem Zeitpunkt zur Veräußererseite gehörte.

 

​Die Rechtsprechung zur Frage, wann ein einheitlicher Erwerbsgegenstand für Zwecke der Grunderwerbsteuer gegeben ist, ist nur noch schwer durchschaubar. Grade vor dem Hintergrund der sogenannten Bauherrenmodelle, bei denen der Erwerber zwar – je nach konkreter Ausgestaltung – nur ein unbebautes Grundstück erwirbt, sich jedoch vertraglich verpflichtet die Bebauung durch den Veräußerer vornehmen zu lassen, haben sich die diversen Fallkonstellationen vervielfacht.

 

Grundsätzlich richtet sich der Gegenstand des Erwerbsvorgangs zunächst nach dem Steuertatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG erfüllenden zivilrechtlichen Verpflichtungsgeschäft. Ergibt sich jedoch aus weiteren Vereinbarungen, die mit diesem Rechtsgeschäft in einem rechtlichen oder zumindest objektiv sachlichen Zusammenhang stehen, dass der Erwerber das beim Abschluss des Kaufvertrags unbebaute Grundstück in bebautem Zustand erhält, bezieht sich der grunderwerbsteuerrechtliche Erwerbsvorgang auf diesen einheitlichen Erwerbsgegenstand (vgl. bspw. BFH, Urteil vom 03.03.2015 – II R 9/14).

 

Gemeint sind damit solche Fälle, in denen sich aus weiteren Vereinbarungen ergibt, dass der Erwerber das beim Abschluss des Kaufvertrags unbebaute Grundstück in bebautem Zustand erhält. Voraussetzung hierbei ist, dass die entsprechenden Vereinbarungen in einem rechtlichen oder zumindest objektiv sachlichen Zusammenhang stehen. Bei dieser Betrachtungsweise ist es aus Sicht der Finanzverwaltung und der Rechtsprechung unbeachtlich, wenn auf Seiten der Veräußerer mehrere Personen handeln. Entscheidend soll sein, dass der Erwerber kein unbebautes, sondern ein bebautes Grundstück erhält.

 

Der BFH hatte nunmehr den Fall zu entscheiden, dass der Erwerber zwar ein unbebautes Grundstück erworben hatte, jedoch aufgrund der weiteren vertraglichen Bestimmungen zur Bebauung in einer vom Veräußerer vorgeschriebenen Art und Weise verpflichtet war. Die Finanzverwaltung sah – ebenso wie das Finanzgericht – hierin die Veräußerung eines bebauten Grundstückes, da der Erwerber beim Abschluss des Kaufvertrags aufgrund rechtlicher und faktischer Zwänge stark eingeschränkt gewesen.

 

Der BFH hat nunmehr entschieden, dass die Verpflichtung des Erwerbers, das im Zeitpunkt des Erwerbs noch unbebaute Grundstück alsbald nach den gestalterischen Vorgaben der Veräußererseite zu bebauen, für sich allein noch nicht ausreicht, um für Zwecke der Grunderwerbsteuer anzunehmen, dass der Erwerber das Grundstück im bebauten Zustand erwirbt. Vielmehr muss hinzukommen, dass das vom Erwerber mit der Bebauung beauftragte Bauunternehmen in diesem Zeitpunkt zur Veräußererseite gehörte.

 

Anhaltspunkte für Abreden der Veräußererseite können z.B. ein gemeinsamer Vermarktungsprospekt oder ein gemeinsamer Internetauftritt des Grundstücksveräußerers und des Bauunternehmens bzw. der für sie handelnden Personen sein. Eine Abrede kann auch anzunehmen sein, wenn der Grundstücksveräußerer dem Erwerber Bauunternehmen benennt, die bereits Interesse an der Bebauung des zu veräußernden Grundstücks oder bei einem größeren Baugebiet der zu veräußernden Grundstücke bekundet haben und/oder den baurechtlichen Vorschriften entsprechende Haustypen für das Grundstück anbieten können. Nicht ausreichend ist insoweit der allgemeine Hinweis auf in der näheren Umgebung tätige Bauunternehmer, die noch nicht mit der möglichen Bebauung der zur Veräußerung bestimmten Grundstücke befasst waren.

 

Zutreffend stellt der BFH fest, dass ein „Delegieren” einer dem Veräußerer obliegenden Herstellungspflicht auf den Erwerber mit der Folge, dass die Herstellung des Gebäudes der Sphäre des Veräußerers zuzurechnen ist, nicht in der Übernahme einer Bauverpflichtung durch den Erwerber nicht gesehen werden kann. Der Erwerber bzw. dessen beauftragter Bauunternehmer kann nicht ohne weiteres dem Veräußerer zugerechnet werden. 

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Marcel Reinke

Rechtsanwalt, Steuerberater

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