Ausgleich der EEG-Differenzmengen: Ein unterschätztes Risiko für Stromnetzbetreiber?

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veröffentlicht am 03. November 2023

 

Die Meldung der EEG-Einspeisemengen vom Verteilnetzbetreiber an den Übertragungsnetzbetreiber ist ein seit vielen Jahren etablierter Prozess. Mit der hohen Volatilität der Strompreise hat das Thema Güte der EEG-Einspeisemeldungen und möglichen Abweichungen zu den ex-post festgestellten tatsächlichen Einspeisungen eine hohe Bedeutung erlangt. Hintergrund ist, dass beim Ausgleich der EEG-Differenzmengen eine erhebliche Preisdifferenz auftreten kann, die vom Netzbetreiber zu tragen ist und dieses nicht ausgeglichen wird. Bei einzelnen Netzbetreibern sollen sich dadurch bereits Verluste in sechsstelliger Höhe und darüber ergeben haben.

 

Im Zuge der Strompreiskrise und der hohen Volatilität an den Strommärkten ist es zu zahlreichen Verwerfungen bei Stadtwerken gekommen. Dies betraf vorwiegend die Vertriebssparte, wenn Beschaffung und Vertriebspreiskalkulation nicht eng verzahnt wurden bzw. erhebliche Abweichungen zwischen beschafften Mengen und den verkauften Vertriebsmengen aufgetreten sind und die kalkulierten und die tatsächlich aufgetretenen Beschaffungspreise auseinanderfielen.

Aber die Strompreiskrise hat auch bei Verteilnetzbetreibern zu erheblichen Risiken und Defiziten geführt. Keine adäquate Beschaffung der Verlustenergiemengen hat bei einigen Stromverteilnetzbetreibern zu erheblichen Defiziten geführt. Zum Ausgleich der finanziellen Verluste bereitet Rödl & Partner derzeit eine Reihe von Härtefallanträgen für Stromverteilnetzbetreiber vor.

 

Wenige haben aber bisher das Thema Risiken beim Ausgleich der EEG-Differenzmengen wahrgenommen. Hier können auch erhebliche Defizite auftreten, wenn es an der Güte der EEG-Einspeisemeldungen mangelt und substantielle Abweichungen zwischen tatsächlicher Einspeisung, die im Rahmen der EEG-Prüfung an den Übertragungsnetzbetreiber gemeldet wird, und EEG-Überführungszeitreihen auftreten.

 

Bei stabilen Strompreisen und einer geringen Volatilität der Strommärkte war dies in der Vergangenheit kein bedeutendes Thema. Trotz relevanter EEG-Differenzmengen haben sich allerdings keine wesentlichen Preisabweichungen ergeben. Denn ähnliche Preise der gemeldeten Mengen und der später testierten Mengen haben früher nicht zu bedeutenden preislichen Unterschieden geführt und das wirtschaftliche Risiko war überschaubar.

 

Mit den hohen Volatilitäten an den Strommärkten haben Stromnetzbetreiber allerdings erhebliche finanzielle Verluste erlitten. Die im September des Folgejahres nachzubilanzierenden Mengen mussten zu deutlich höheren Preisen nachgekauft werden. Denn die anzuwendenden Preise für den Betrachtungszeitraum waren niedriger und diese werden für die Abrechnung zugrundegelegt. Dies hat insbesondere Stromverteilnetzbetreiber betroffen, deren Güte der EEG-Einspeisemeldungen verbesserungswürdig war bzw. ist.

 

Aber wie kann es zu Abweichungen zwischen gemeldeten Mengen und den tatsächlichen Einspeisungen kommen?

Einspeiser mit RLM-Messung:

 

Die Einspeisungen von Windkraftanlagen und großen PV-Parks verfügen meist über RLM-Messungen. Es liegen 1/4h-scharfe Einspeiseprofile vor, die ohne Risiken von Abweichungen gemeldet werden können.

 

Einspeiser mit SLP-Messung:

 

SLP-Messungen werden normalerweise nur jährlich abgelesen. Unterjährige Werte liegen nicht vor. Grundlage bilden üblicherweise Referenzmessungen. Diese können systematisch von der zu bilanzierenden Anlage abweichen, z.B. aufgrund von Ausrichtung, Verschattung, Verfügbarkeit.

 

Eigenverbrauch:

 

Für Einspeiser ist es von zunehmendem Interesse, den erzeugten Strom möglichst selbst zu verbrauchen, weil der bezogene Strom teurer als der selbst produzierte Strom ist. Da der Netzbetreiber über die Details der angeschlossenen Systeme hinter dem Zähler (z.B. Batteriespeicher, Wallbox, Power-to-Heat-Anlage) regelmäßig nicht umfassend informiert ist, können sich mit der Zeit substantielle Abweichungen zwischen den tatsächlichen Einspeisemengen und den Vergleichswerten aus der Vergangenheit bzw. aufgrund der Leistung der Anlage antizipierten Einspeisung ergeben.

 

Weitere Effekte können sich bei den Meldungen in den EEG-Überführungszeitreihen durch verspätete Berücksichtigung von neuen Einspeisern oder Wechsel von Anlagen aus dem EEG-Bilanzkreis heraus bzw. hinein ergeben.

 

Im Zeitraum mit steigenden Preisen ist das Szenario besonders risikobehaftet, wenn zu niedrige Mengen gemeldet wurden. Denn diese Mengen müssen im September des Folgejahres zu den dann gültigen Preisen in den Bilanzkreis des ÜNB eingestellt werden.

 

Aber auch in Zeiten sinkender Strompreise können erhebliche finanzielle Verluste auftreten. Hier ist das Szenario relevant, wenn die Meldung über den tatsächlich eingespeisten Mengen liegt und die zu viel gemeldeten Mengen im September des Folgejahres zu den dann gültigen niedrigeren Strompreisen rückerstattet werden.

 

Ziel sollte daher sein, dass der Prozess der Ermittlung der EEG-Einspeisemengen zur Meldung an den ÜNB verbessert wird und mögliche Abweichungen mit den später festgestellten tatsächlichen Einspeisungen minimiert werden. Falls erhebliche finanzielle Verluste aufgetreten sein sollten, sollte darüber nachgedacht werden, einen Härtefallantrag gemäß § 4 Abs. 4 Nr. 2 ARegV zustellen.

Wir unterstützen Sie gerne dabei, die Risiken der EEG-Differenzmengen zu reduzieren und/oder dass aufgetretene finanzielle Verluste regulatorisch anerkannt werden.

 

Fazit

Der Ausgleich der EEG-Differenzmengen ist für Stromverteilnetzbetreiber in Zeiten hoher Volitilitäten an den Strommärkten mit erheblichen Risiken verbunden. Der Prozess der Ermittlung der EEG-Einspeisemengen zur Meldung an den ÜNB sollte überprüft und verbessert werden, um Abweichungen zwischen gemeldeten und tatsächlich eingespeisten Mengen zu minimieren. Falls erhebliche finanzielle Verluste bereits eingetreten sind, sollte die Beantragung eines Härtefalls gem. § 4 Abs. 4 Nr. 2 ARegV ins Auge gefasst werden.

 

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