GEG-Novelle vom Bundesrat verabschiedet - Neue Weichenstellung für Erdgas- und Fernwärmeversorger

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veröffentlicht am 05. Oktober 2023

 

Mit dem Beschluss des Bundesrats vom 29.09.2023 ist das Gesetzgebungsverfahren des sog. „Heizungsgesetzes“ inhaltlich abgeschlossen. Das Inkrafttreten zum 01.01.2024 ist danach nur noch von formalen Schritten abhängig. Auch wenn das Gesetz vor allem an Immobilieneigentümer adressiert ist, wird durch die Nachfragesteuerung der Markt für Energieversorgungsunternehmen neu ausgerichtet. Damit wird der teilweise polemisch zu Unrecht als „Heizungsverbotsgesetz“ bezeichneten GEG-Novelle eine der weitreichendsten Weichenstellungen für die Zukunft der Erdgas- und Fernwärmeversorgung vorgenommen. Energieversorgungsunternehmen sollten sich deshalb frühzeitig auf die Erstellung von Wärme- und Erdgastransformationsplänen, den Auf- und Ausbau der Fernwärmeversorgung und neuer Geschäftsfelder, wie das Wärmepumpencontracting, vorbereiten.

 

Materielles Gesetzgebungsverfahren beendet – Inkrafttreten nur noch formeller Akt

 

Der Bundesrat hat in seiner 1036. Sitzung am 29. September 2023 beschlossen, zu dem vom Deutschen Bundestag am 8. September 2023 nach einem bisher einmalig verschlungenen Gesetzgebungsverfahren verabschiedeten Gesetz keinen Antrag auf Einberufung eines Vermittlungsausschusses (Artikel 77 Absatz 2 des Grundgesetzes) zu stellen. Damit hat er einen entsprechenden Antrag des Bundeslands Bayern nicht angenommen und dem ohnehin schon an ungewöhnlichen, verzögernden Verfahrensschleifen reichen Gesetzgebungsverfahren eine weitere Gesetzgebungsschleife erspart. Die Ankündigung der Opposition, das Gesetzesvorhaben zu verhindern, ist damit im noch laufenden Gesetzgebungsverfahren unwahrscheinlich geworden.

 

 Das Gesetzgebungsverfahren sieht nunmehr nur noch die Ausfertigung und Verkündung des Gesetzes durch den Bundespräsidenten vor. Dabei ist umstritten, ob dieser auch ein inhaltliches Prüfungsrecht hat. In der Praxis kommt es praktisch nicht vor, dass der Bundespräsident – zum Beispiel aus verfassungsrechtlichen Gründen – sich inhaltlich mit den von ihm auszufertigenden Gesetzen befasst. Danach ist damit zu rechnen, dass die Novelle in den nächsten vier bis sechs Wochen im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wird und damit wie geplant zum 01.01.2024 in Kraft treten wird. Damit ist jetzt die Fassung des zukünftig geltenden Gebäudenergiegesetzes (nachfolgend „GEG 2024“) bekannt, der die Vorgaben für die Entwicklung des Wärmemarktes bis 2045 prägen soll. Lediglich aus der engen Verzahnung mit dem Wärmeplanungsgesetz, welches sich noch in einem weniger fortgeschrittenen Stadium des Gesetzgebungsverfahrens befindet, besteht noch eine Unsicherheit, ob, wann und mit welchen weiteren Inhalten Wärmemarktakteure rechnen können.


Ein neuer Rahmen für den Wärmemarkt


Damit liegt ein neuer gesetzlicher Rahmen für die Dekarbonisierung des Wärmemarkts vor.

Kernstück der Novelle ist die als sog. „Ölheizungsverbot“ diskutierte Erhöhung der bisher technologiespezifisch geregelten Erneuerbare-Energien-Quoten (vgl. §§ 38 ff. GEG) durch eine einheitliche EE-Quote von mindestens 65 Prozent (§ 71 GEG 2024). Dabei werden bestimmte Heizungssysteme als sog. „Erfüllungsfiktion“ bevorzugt (§ 71 Abs. 3 GEG 2024 i.V.m. § 71b – 71h GEG 2024). Erfüllungsfiktion bedeutet, dass die 65%-Quote als erfüllt gilt, obwohl mit dem Heizungssystem tatsächlich ein geringerer Anteil regenerativer Primärenergieträger eingesetzt wird oder der tatsächliche Anteil regenerativer Primärenergieträger nicht nachgewiesen werden muss. Insofern werden die in § 71 Abs. 3 GEG 2024 abschließend aufgezählten Heizungssysteme gegenüber sonstigen Heizungssystemen bessergestellt. Dabei bestehen aber auch zwischen den privilegierten Heizungssystemen sowohl in zeitlicher Hinsicht als auch in Bezug auf den Umfang des Einsatzes regenerativer Betriebsstoffe vollkommen unterschiedliche Anforderungen.


Insofern erscheint die Regelungssystematik eher Folge des Ringens, um politisch bevorzugte Heizungssyteme, als Folge eines sachlich begründeten Regelungsansatzes zu sein. Danach scheinen vor allem Wärmepumpen oder den Anschluss an emissionsarme Wärmenetze als vordringliche Erfüllungsoptionen geplant zu sein, obwohl das Gesetz unter Geltendmachung eines technologieoffenen Regelungsansatzes auch den Erhalt der Erdgasinfrastruktur unter Einbeziehung von Wasserstoff und Biogas verfolgen soll.

 

Fernwärmeversorgung als bevorzugtes Heizungssystem des GEG?

 

Entsprechend den energiepolitischen Präferenzen des BMWK enthält das GEG 2024 insbesondere die Hausübergabestation zum Anschluss an ein Wärmenetz (§ 71 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 71b und § 71j GEG 2024) als Möglichkeit zur Erfüllung der EE-Quote. Dabei müssen neue Wärmenetze die 65%-EE-Quote ab dem 1. Januar 2024 von Anfang an (§ 30 Abs. 1 WPlG-RegE), während bestehende Netze erst nach Ablauf einer Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2029 eine Mindest-EE-Quote erfüllen müssen (§ 29 Abs. 1 WPlG-RegE). Danach müssen Bestandsnetze ab dem 01.01.2030 mindestens 30 % und ab dem 01.01.2040 mindestens 80 % mit Wärme aus erneuerbaren Energien, aus unvermeidbarer Abwärme oder aus einer Kombination aus beidem gespeist werden.

 

Darüber hinaus sind verschiedene Möglichkeiten zur individuellen Flexibilisierung dieses Dekarbonisierungspfads für Fernwärme-Bestandsnetze

 

So ist eine Fristverlängerung bis zum 31.12.2034/31.12.2044 möglich, soweit ein sog. „Transformations- und Wärmenetzausbauplan“ vorliegt und Härtefall besteht (§ 29 Abs. 2 WPlG-RegE). Ebenso müssen Bestandsnetze nur eine verringerte EE-Wärmequote von nur 30% bis zum 31.12.2034 erfüllen, soweit eines sog. „komplexe Maßnahme“ zur Dekarbonisierung bis 31.12.2027 begonnen wurde (§ 29 Abs. 3 WPlG-RegE).

 

Spätestens ab dem 1. Januar 2045 müssen dagegen alle Wärmenetze, unabhängig davon, ob es sich um Bestandsnetze oder neue Netze im Sinne des GEG/WPlG handelt, mit 100 % Erneuerbare-Energien-Wärme betrieben werden (§ 31 WPlG-RegE).

 

Darüber hinaus eröffnet das GEG 2024 einen weiten Planungshorizont von bis zu zehn Jahren für den Wärmenetzauf- oder -ausbau (und nimmt damit der „Heizungsverbots-Polemik“ den Wind aus den Segeln), da Immobilieneigentümer bei Abschluss einer Fernwärmeversorgungsoption mit bis zu 10-jähriger Laufzeit ihre fossilen Heizungsanlagen bis zur Ausübung der Option weiter betreiben dürfen (§ 71j Abs. 1 GEG 2024). Voraussetzung ist hierfür zunächst nur, dass der Immobilieneigentümer den Abschluss eines Fernwärmeversorgungsvertrags nachweist, der einen Anspruch auf Anschluss an ein Fernwärmenetz innerhalb von 10 Jahren gewährt. Insofern bietet das GEG erhebliche Chancen für Fernwärmeversorgungsunternehmen, neue Fernwärmenetze in Versorgungsgebieten, die bisher mit Erdgas oder Heizöl versorgt wurden, aufzubauen. Gleichzeitig schafft das Gesetz eine Übergangsphase, in der Immobilieneigentümer noch ihre bisherige fossile Heizungsanlage weiterbetreiben können, bis diese abgeschrieben oder an das Ende ihrer technischen Nutzungsdauer gelangt ist. Ein frühzeitiger Fernwärmevertrieb mit einer langfristigen Bindung der Fernwärmeanschlussnehmer, insbesondere durch Fernwärme-Vorverträge, Anschlussoptionsvereinbarungen oder aufschiebende und auflösende Bedingungen in Fernwärmeverträgen werden deshalb an Bedeutung gewinnen.

 

Dabei sieht das GEG 2024 auch eine Ausstiegsoption vor, soweit der Wärmenetzbetreiber seine Planung nicht realisieren kann: Hat die den Wärmenetzausbau- und -dekarbonisierungsfahrplan überwachende Behörde festgestellt, dass die Umsetzung der Maßnahmen des Wärmenetzausbau- und -dekarbonisierungsfahrplans zum Wärmenetzausbau vollständig oder für bestimmte Gebiete nicht weiterverfolgt wird, muss in den von der Festellung betroffenen Gebieten jede danach neue eingebaute Heizungsanlage die 65% Erneuerbare-Energien-Wärmequote spätestens bis zum Ablauf einer Übergangsfrist von drei Jahren erfüllen (§ 71j Abs. 2 GEG 2024). Gleiches gilt, wenn der Immobilieneigentümer aus anderen Gründen, also z.B. weil er selber seine Fernwärme-Option nicht ausübt, nach Ablauf der Übergangsfristen nicht an das EE-Fernwärmenetz angeschlossen wird (§ 71j Abs. 3 GEG 2024).

 

Verstößt der Wärmenetzbetreiber aber schuldhaft gegen seine Pflicht, den Wärmenetzauf- oder -ausbau ordnungsgemäß voranzutreiben, kann er die Anschlussoption oder die EE-Mindestquote von 65% in seinem Wärmenetz nicht erfüllen, so wird der Wärmenetzbetreiber durch einen Schadensersatzanspruch des Immobilieneigentümers sanktioniert (§ 71j Abs. 5 GEG 2024). Dabei sieht das Gesetz eine Beweislastumkehr vor, das heißt der Fernwärmenetzbetreiber muss zur Abwehr von Schadensersatzansprüchen von Immobilieneigentümern nachweisen, dass er die Verstöße gegen die GEG-Vorgaben nicht zu vertreten hat.

 

Insofern fehlt im GEG-Regierungsentwurf noch eine Verzahnung mit dem Fernwärmevertragsrecht, welches bisher noch keine Lösungsrechte des Fernwärmekunden zur Erfüllung seiner GEG-Pflichten enthält. Es ist davon auszugehen, dass die ohnehin angestoßene AVBFernwärme-Novelle eine entsprechende Neuregelung des § 3 AVBFernwärmeV enthalten wird. Darüber hinaus steht der durch das GEG ausgelöste Investitionsdruck mit langfristigen Transformationspflichten im Widerspruch zur Senkung der Laufzeit und Refinanzierungssicherheit im bisherigen Referentenentwurf zur AVBFernwärmeV-Novelle (vgl. Große AVBFernwärmeV-Novelle: Investitionsgrundlage für Wärmewende mit mehr Verbraucherschutz? | Rödl & Partner (roedl.de) auf 5 Jahre. Da das BMWK die AVBFernwärmeV ohne Zustimmung des Bundestags ändern kann, ist davon auszugehen, dass eine entsprechende Folgeänderung parallel oder unmittelbar nach Verabschiedung der GEG-Novelle erfolgen wird.

 

Das GEG 2024 bietet damit für Fernwärmeversorger mehr Chancen als Risiken. Durch das Regelungssystem des GEG 2024 wird der Anschluss an Fernwärmenetze für Neukunden attraktiv und erschließt gegebenenfalls bisher technisch und wirtschaftlich nicht sinnvoll anschließbare Kunden. Gleichzeitig müssen Fernwärmeversorger jetzt agieren, um die aus dem GEG 2024 entstehenden Vertriebsoptionen auch nutzen zu können. Machbarkeitsstudien und Transformationspläne sollten jetzt angestoßen und beantragt werden. Dazu dient das Bundesförderprogramm Effiziente Wärmenetze (BEW), mit dem die Erstellung von Machbarkeitsstudien und Transformationsplänen mit bis zu 50 % der ansatzfähigen Kosten gefördert werden. Die Transformationspläne sind zur Vermeidung von Haftungsrisiken aus dem GEG 2024 so zu gestalten, sodass diese auch realistisch einzuhalten sind, zur Gesamtstrategie der Stadtwerke und Versorger passen und bei einer fehlenden Realisierbarkeit als Grundlage für einen Enthaftungsnachweis herangezogen werden können.

 

Wärmepumpencontracting – ein neues Geschäftsfeld für Stadtwerke

 

Nach der bisherigen Konzeption des GEG 2024 werden überall dort, wo Fernwärmenetze (z.B. aufgrund einer zu geringen Abnahmedichte, z.B. im ländlichen Raum) nicht wirtschaftlich betrieben werden können, vor allem elektrisch angetriebene Wärmepumpen als dezentrale Erfüllungsfiktion für die Einhaltung der 65%-Quote (§ 71 Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. 71c GEG 2024) bisher mit fossilen Brennstoffen betriebene Heizkesseltechnologie (z.B. Erd-, Flüssiggas- und Heizöl) verdrängen. Im Rahmen der kommunalen Wärmeplanung werden voraussichtlich vor allem im dünner besiedelten ländlichen Raum Flächen identifiziert, in denen dezentrale Versorgungssysteme sinnvoll und Wärmenetze keine effiziente Versorgungsalternative sind. In Abhängigkeit von Dämmstandards und klimawandelbedingt abnehmendem Heizungsbedarf ist noch schwer abschätzbar, ob mit dem GEG überwiegend dezentrale oder zentrale Heizungssystem Verbreitung finden werden.

 

Die mit der Umstellung verbundenen Investitionspflichten für Wärmeverbraucher werden den Bedarf an Finanzierungslösungen erhöhen. Für Stadtwerke könnte eine Ausweitung oder der Einstieg in das Geschäftsfeld des Wärmepumpencontractings deshalb eine Möglichkeit sein, den Umsatzverlust in der Gasversorgung durch Wärmedienstleistungen zu kompensieren. Weiterhin sollte analysiert werden, ob die Fern- bzw. Nahwärmeversorgung oder das Wärmepumpencontracting eine höhere Rendite (bei geringeren Risiken) erzielen kann.

 

Zwar werden Wärmepumpen durch das GEG 2024 unabhängig vom Einsatz fossilen oder regenerativen Betriebsstroms gegenüber anderen dezentralen Heizungssystemen bevorzugt (§ 71c GEG 2024). Dennoch dürfte die Kombination mit einer Photovoltaikanlage in der aktuellen stromwirtschaftlichen Situation ökonomisch vorteilhaft sein und die energiepolitischen Präferenzen des Gesetzgebers für Wärmepumpen auch in ökologischer Hinsicht rechtfertigen.

 

Ende der Erdgasversorgung?

 

Der Regierungsentwurf lässt zwar auch den Einsatz von Gas-Heizungssystemen zu (§ 71 Abs. 1 Nr. 5, Nr. 6 und Nr. 7 GEG 2024), soweit in diesen 65 % Biogas, also insbesondere Biomethan, und sog. „grüner“ oder „blauer“ Wasserstoff (nachfolgend „GEG-Gas“) (§ 71f Abs. 1 und Abs. 3 GEG 2024) oder eine Kombination von Solarthermie oder Wärmepumpen mit GEG-Gasen eingesetzt wird. Dabei ist die Lieferung des nach dem GEG 2024 als Erneuerbare Energie geltenden Erdgases aus dem allgemeinen Erdgasnetz wie bisher schon bei der Biomethan-Belieferung durch ein Massenbilanzsystem nachzuweisen (§ 71f Abs. 3 GEG 2024). Insofern lässt das GEG grundsätzlich auch zukünftig den Betrieb von Erdgasversorgungsnetzen unter der Prämisse einer wirtschaftlichen Verfügbarkeit von Biomethan und Wasserstoff zu.

 

Daneben ist der Einsatz von Erdgas-Brennwertkesseln im fossilen Betrieb als Reserve- und Spitzenlastkomponente in der Kombination mit einer Wärmepumpe oder einer Solarthermieanlage möglich (§ 71h GEG 2024). Danach lässt der GEG 2024 immerhin den Verbleib einer Marktnische der fossilen Erdgas-Reserve- und Spitzenlastversorgung zu.

 

Allerdings sieht der GEG 2024, ähnlich wie für die Fernwärmebranche, Übergangsfristen vor, deren Inanspruchnahme an die Aufstellung und Einhaltung von Transformationsplänen zur Umstellung fossiler Erdgasnetze auf Biogas und Wasserstoff anknüpft (§ 71k GEG 2024). Danach können Gasheizungsbetreiber von sog. „H2-ready“-Kesselanlagen noch bis zum 1. Januar 2029 100% fossiles Erdgas nutzen (§ 71 Abs. 9 GEG 2024). Ab dem 1. Januar 2029 müssen mindestens 15 %, ab dem 1. Januar 2035 mindestens 30 % und ab dem 1. Januar 2040 mindestens 60 % GEG-Gase eingesetzt werden (§ 71 Abs. 9 Satz 1 GEG 2024).

 

Danach können zunächst auch noch neue Erdgas- oder Heizöl-Kessel eingebaut werden, soweit das Gebäude in einem Wasserstoffnetz-Ausbaugebiet nach dem WPlG liegt, der Erdgasnetzbetreiber bis zum Ablauf des 30. Juni 2028 einen Fahrplan für die Umstellung auf Wasserstoff eingereicht und genehmigt bekommen hat und entsprechend diesem Wasserstoff-Fahrplan das Erdgasnetz bis zum 31. Dezember 2044 vollständig auf Wasserstoff umgestellt worden ist (§ 71k Abs. 1 GEG 2024). Dabei sieht das GEG 2024 ein strenges und zeitlich eng getaktete Überwachung durch die Bundesnetzagentur vor (§ 71k Abs. 2 und 3 GEG 2024). Wie bei der Fernwärme-Übergangsregelung sieht das GEG 2024 eine Ausstiegsoption mit einer Heizungsanlagen-Umrüstpflicht innerhalb eines Jahres nach der entsprechenden Verstoß-Feststellung durch die Bundesnetzagentur zuzüglich einer Umrüstfrist von 3 Jahrenfür Immobilieneigentümer vor (§ 71k Abs. 4 GEG 2024). Erdgasnetzbetreiber sind dann wiederum Schadensersatzansprüchen zur Ersetzung der Umrüstschäden der Immobilieneigentümer ausgesetzt, soweit sie den Verstoß gegen den Wasserstoffumstellungs-Fahrplan zu vertreten haben (§ 71k Abs. 6 GEG 2024). Derzeit können die Gasnetzbetreiber aber nicht abschätzen, ob eine Umrüstung des Erdgasnetzes auf Wasserstoff wirtschaftlich und organisatorisch möglich ist. So gehen viele Studien davon aus, dass Wasserstoff als Ersatz für Erdgas in der Gebäudeheizung nicht ausreichend zur Verfügung stehen wird. Die frühzeitige Entscheidung für einen Wasserstoff-Umstellungsfahrplan würde damit zum Risiko-Geschäft für die Gasnetzbetreiber. Umgekehrt benötigen Immobilieneigentümer eine frühzeitige Entscheidung der Gasnetzbetreiber, damit sie Investitionssicherheit für ihre H2-ready-Heizungsanlage haben. Je mehr Immobilieneigentümer sich aber für ein alternatives Heizungssystem entscheiden, umso niedriger wird die Abnahmedichte und sinkt die Wirtschaftlichkeit des Netzes entsprechend. Damit erscheint es wenig wahrscheinlich, dass die Wasserstoff-Transformation auf der gesetzlichen Grundlage des GEG 2024 für den Gebäudeheizungsmarkt gelingt.

 

Immerhin wurde die Belieferung mit biogenen Brennstoffen oder Wasserstoff mit hohen Risiken belastende die Mieterschutzvorschrift des § 71o GEG-RegE, nach der Vermieter die entsprechenden Betriebskosten nur bis zur Höhe der Vergleichskosten einer stromgetriebenen Wärmepumpe umlegen dürfen, sollten (§ 71o Abs. 1 GEG-RegE) im GEG 2024 ersatzlos gestrichen.

 

Da nicht sicher vorhersehbar ist, ob EE-Gase im Sinne des GEG ausreichend verfügbar sein werden und für Gebäudeeigentümer eine wettbewerbsfähige Alternative zu anderen regenerativen Heizungssystemen darstellen, erscheint es eher unwahrscheinlich, dass sich Gebäudeeigentümer für reine Gas-Heizungssysteme entscheiden werden. Hybrid-Systeme lassen immerhin auch bei einem Scheitern der Wasserstoffstrategie des Gasnetzbetreibers einen dauerhaften Betrieb des Reserve- und Spitzenlastkessels auf fossiler Basis und ohne Gas-Transformationsplan zu. Danach ist eher davon auszugehen, dass der Markt für Gasverteilnetze entsprechend dem zu erwartenden Absatzrückgang im Gebäudesektor mit Inkrafttreten des GEG rapide schrumpfen wird. (vgl. Agora, Ein neuer Ordnungsrahmen für Erdgasnetze, Studie 04/2023)

 

Fördermittel vermeiden Überlastung der Immobilieneigentümer

 

Die Erneuerbare-Energien-Quotenpflichten gelten nur für neu eingebaute Heizungsanlagen. Danach können die bis zum Inkrafttreten des GEG eingebauten Heizungsanlagen bis zum Ablauf der Betriebsfrist am 31. Dezember 2044 weiter fossil betrieben werden (§ 72 Abs. 4 GEG 2024). Darüber hinaus ist das Eingreifen der Vorgaben des GEG 2024 nunmehr von der Aufstellung eines kommunalen Wärmeplans für das jeweilige Gebiet abhängig (§ 71 Abs. 8 GEG 2024). Danach entsteht vollkommen unterschiedliche Belastungen und Pflichten für Immoblieneigentümer, je nachdem, ob eine Kommune bereits einen kommunalen Wärmeplan aufgestellt hat, wie dies in einigen Bundesländern auf der Grundlage von landesrechtlichen Klimaschutzgesetzen teilweise schon vorgeschrieben ist, oder ob eine Kommune die Umsetzungsfristen des noch zu erlassenden Wärmeplanungsgesetzes (WPlG) voll ausschöpft. Damit wird unter Umständen auch ein negativer Minimalumsetzungswettbewerb im Kampf um die Attraktivität kommunaler Wohnungsbauflächen ausgelöst. Dabei ist der „Kampf um den Wärmemarkt-Klimaschutz“ der Ampel-Koalition zum Wärmeplanungsgesetz noch nicht ausgekämpft, da das Gesetzgebungsverfahren bisher weder die abschließende Zustimmung des Bundestages noch des Bundesrats erhalten hat. Danach bleibt es weiter spannend, ob das Ziel der Regierungsopposition, das GEG zu verhindern, nicht noch über den Umweg des Wärmeplanungsgesetzes gelingen kann.

 

Immobilieneigentümer müssen jedenfalls entgegen weitverbreiteten Ängsten keine noch funktionsfähige Heizung ersetzen, sondern werden nur in Bezug auf einen aus technischen Gründen ohnehin anstehenden Heizungsaustausch in ihren Wahlmöglichkeiten, welche Art von Heizungssystem einem fossilen Heizungssystem folgen soll, beschränkt. Darüber hinaus gibt es Ausnahmeregelungen für Zwischenlösungen durch den vorübergehenden Einbau einer gebrauchten Heizungsanlage (§ 71i GEG 2024).

 

Da regenerative Heizungssysteme aber gegenüber fossilen Heizungssystemen insbesondere in Bezug auf die Investitionskosten teurer sein können, wird es dennoch vielfach bei einer Mehrbelastung der Immobilieneigentümer und -nutzer bleiben. Deshalb sollen die Gesetzesänderungen durch eine Neufassung des Förderregimes begleitet werden. So wird der Austausch eines Heizungssystems im Rahmen der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) künftig einheitlich über alle Technologien hinweg zu 30 Prozent gefördert. Zusätzlich zur Grundförderung soll es Zuschläge in Form eines Klimabonus geben. Bei Immobilieneigentümern, die ihre Heizung trotz Ausnahme von der Austauschpflicht erneuern, soll der Klimabonus weitere 20 Prozent der Mehrkosten betragen. Wer vor Ablauf der Austauschfrist umsteigt, erhält einen Klimabonus von weiteren 10 Prozent. Darüber hinaus hat das Bundesbauministerium Steuererleichterungen und vergünstigte Kredite zur Finanzierung der Umstellungspflichten angekündigt.

 

Fazit

 

Das GEG setzt vor allem bei Immobilieneigentümern an. Dennoch sind Versorgungsunternehmen unmittelbar davon betroffen, da der Erfolg des Vertriebs der Produkte Gas und Fernwärme direkt mit der Dekarbonisierung der eigenen Versorgung zusammenhängen wird. Wärmepumpen gewinnen aufgrund des Entwurfs an Bedeutung. Hier gilt es neue Geschäftsmodelle zu entwickeln und mit den Transformationsstrategien für Fernwärme- und Gasnetze gegenüberzustellen.

 

Gerne laden wir Sie deshalb zu unserem Kurz-Webinar „Gebäudeenergiegesetz für Erdgas-, Fernwärme- und Contractingversorger“ am 12.10.2023 ein. Melden Sie sich kurzfristig zu einem spannenden Programm an.

 

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