Die neuen Netzzugangsbedingungen Strom 2022

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​veröffentlicht am 16. März 2021

 

Die von der Bundesnetzagentur Ende 2020 erlassene Festlegung zur Weiterentwicklung der Netzzugangsbedingungen Strom nimmt auf zahlreiche Teilbereiche der Stromwirtschaft Einfluss. Die meisten Vorgaben sind zwar erst ab dem 01.04.2022 oder sogar noch später anzuwenden, gleichwohl lohnt sich ein Jahr vor der Umsetzung ein Blick auf die Pflichten, um entsprechende Vorbereitungshandlungen rechtzeitig anzustoßen. 
 

Was ist der Hintergrund?

Nachdem in den vergangenen Jahren vor allem Vorgaben aus dem MsBG zur Vorbereitung des Rollouts von modernen Messeinrichtungen und intelligenten Messsystemen umgesetzt wurden, beabsichtigt die Bundesnetzagentur, mit der Festlegung verschiedene – bisher aufgeschobene – Optimierungen im Rahmen der Netzzugangsabwicklung voranzutreiben. 

 

Was regelt die Festlegung? 

Der Beschluss im Festlegungsverfahren zur Weiterentwicklung der Netzzugangsbedingungen Strom (Az. BK6-20-160) vom 21.12.2020 sieht Änderungen in verschiedenen Festlegungsdokumenten vor. Daneben wurden veröffentlichte Umsetzungsfragen und ergänzende Mitteilungen eingearbeitet, redaktionelle Anpassungen sowie Textkonkretisierungen zur Verbesserung der Verständlichkeit vorgenommen. Die meisten Regelungen, insbesondere in den Prozessbeschreibungen und dem Netznutzung-/Lieferantenrahmenvertrag gelten dabei ab dem 01.04.2022

 

Eine Auswahl möchten wir Ihnen nachfolgend kurz vorstellen: 

In der GPKE wurde beispielsweise klargestellt, dass ein begründeter Einzelfall, nach dem im elektronischen Kündigungsprozess eine Vollmachtsurkunde gefordert werden kann, auch sämtliche Kündigungen eines einzelnen Lieferanten sein können, wenn konkrete Anhaltspunkte bestehen, dass diesen mindestens teilweise keine wirksame Vollmacht zugrunde liegt.


Der Prozess „Lieferende” wurde in zwei Prozesse aufgespalten. Der Prozess „Lieferende von LF an NB” entspricht dabei dem bisherigen Prozess. Neu hinzugekommen ist der Prozess „Lieferende von NB an LF”, der z.B. bei Stilllegung der Marktlokation zur Anwendung kommt.


Neu sind auch Vorgaben für den Fall einer Neuinbetriebnahme einer Marktlokation: innerhalb von 60 Werktagen nach Anmeldung muss der Netzbetreiber fortlaufend prüfend, ob die Anmeldung mittlerweile einer Marktlokation zugeordnet werden kann.


Für die Unterbrechung und Wiederherstellung der Anschlussnutzung auf Anweisung des Lieferanten wird es zukünftig Prozesse geben.

Eine zentrale Neuerung ist die Einführung des elektronischen Preisblattes für die Netznutzungsabrechnung. Es sind ausschließlich die in den Vorgaben der Bundesnetzagentur enthaltenen Preisbestandteile zulässig.
Das Preisblatt 1 enthält die Netznutzungsentgelte, Messstellenbetriebsentgelte, Entgelte für Stromspeicher gemäß § 19 Abs. 4 StromNEV, Netzreservekapazität, Entgelte für den konventionellen Messstellenbetrieb, individuelle Netzentgelte, Konzessionsabgabe sowie netzbezogene Umlagen.


Das Preisblatt 2 enthält Entgelte für die Unterbrechung und Wiederherstellung der Anschlussnutzung und Verzugskosten.


Mit dem Preisblatt 3 für die freiwillige Abrechnung sonstiger Leistungen kann Blindstrom zwischen dem Netzbetreiber und dem Lieferanten massengeschäftstauglich abgerechnet werden. Diese Position ist zukünftig grundsätzlich zwischen dem Netzbetreiber und dem Anschlussnetzbetreiber abzurechnen. Sofern der Netzbetreiber jedoch offen für eine Abrechnung über den Lieferanten ist, kann er dies über eine Angabe im Preisblatt 3 anzeigen. Der Lieferant kann dann freiwillig die Abrechnung gegenüber dem Anschlussnutzer übernehmen.


Die elektronischen Preisblätter 1 und 2 sind verpflichtend ab Januar 2023 zur Anwendung zu bringen. Um eine reibungslose Einführung zu ermöglichen, delegiert die Bundesnetzagentur die Aufgabenerfüllung an die Betreiber von Elektrizitätsversorgungsnetzen. Diese sollen der Bundesnetzagentur bis zum 01.08.2021 ein geeignetes Konzept für die Abwicklung vorlegen. Ziel soll sein, dass eine integrierte Referenzierung des elektronischen Preisblattes mit der INVOIC-Netznutzungsrechnung möglich ist. Eine Abbildung von elektronischen Preisblättern für den Gasnetzbereich ist zumindest aktuell noch nicht vorgesehen.
 
Nach der WiM sind die Messwerte zukünftig täglich – nicht mehr bloß werktäglich – zu übermitteln. Für die Anfrage und Übermittlung durch und an Energieserviceanbieter werden standardisierte Prozesse eingeführt. Berechnungsformeln für die Marktlokation sind standardmäßig zu übermitteln.

In der MaBiS wurden neben redaktionellen Änderungen vor allem Aktivitätsdiagramme herausgenommen, um diese in BDEW-Anwendungshilfen zu bündeln.

Zahlreiche Änderungen gibt es im Netznutzungs- und Lieferantenrahmenvertrag Strom. So wurde z.B. der Vertrag an die elektronische Netznutzungsabrechnung auf Basis der elektronischen Preisblätter angepasst. Nachberechnungen aufgrund einer höheren Leistungsspitze, geänderter Benutzungsstundenzahl oder geänderter Höhe der Konzessionsabgabe erfolgen immer direkt in dem betroffenen Abrechnungsmonat.


Blindleistungsentgelte sind zukünftig im Verhältnis zum Netznutzer, der nicht zugleich Anschlussnutzer ist, unzulässig. Die Kostentragung für die Wiederherstellung der Anschlussnutzung ist dem die Sperrung beauftragenden Lieferanten zuzuweisen.


Zum Abschluss des Vertrages ist der Austausch von Erklärungen in Textform und Übersendung des Vertrages als Anlage durch den Antragenssteller ausreichend. Zur Vereinfachung erfolgt die Überleitung auf eine jeweils neue Vertragsversion zukünftig unmittelbar durch die jeweilige Änderungsfestlegung; eine Änderungskündigung oder zusätzliche ausdrückliche Vereinbarung zur Übernahme in den bestehenden Vertrag ist dann nicht mehr notwendig.

Neu ist auch die Einführung von Netzzugangsregelungen Elektromobilität, die bereits ab dem 01.06.2021 die Vorteile des Bilanzkreissystems auch den Anbietern auf dem Markt für Elektromobilität erschließen sollen. Auf Verlangen des Betreibers von Ladepunkten (bezeichnet als CPO – charge point operator) werden die Übergabestellen zwischen dem öffentlichen Netz und den daran angeschlossenen Ladepunkten in bilanzieller Hinsicht wie Übergabestellen zwischen zwei physikalischen Bilanzierungsgebieten behandelt. Der Übertragungsnetzbetreiber muss dem CPO ein regelzonenweites Bilanzierungsgebiet einrichten. Die Kommunikation erfolgt hier zunächst formlos per E-Mail.

 

Ab wann gelten die neuen Regelungen?

Es ist eine gestaffelte Umsetzung vorgesehen, die letztlich mit dem Beginn der elektronischen Netznutzung auf Basis der elektronischen Preisblätter zum 01.01.2023 abgeschlossen sein wird.

 

 

 Grafik Zeitachse Netznutzung

 

 

 

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