Ist eine Stadt gewerblich tätig und steuerpflichtig, wenn sie Parkplätze gegen Entgelt zur Verfügung stellt?

PrintMailRate-it

Das FG Baden-Württemberg hat mit Urteil 8. April 2016 entschieden, dass entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung die Bewirtschaftung von Parkraum im Einzelfall dem Hoheitsbereich zuordenbar ist und somit nicht zu einer Ertragsteuerbelastung führt. Dies gelte nach Auffassung des FG Stuttgart insbesondere dann, wenn sich die Parkflächen als unselbstständig darstellen lassen und somit dem öffentlichen Verkehr zugeordnet werden können.

 

Die Frage, wann die Bewirtschaftung von Parkraum einen BgA begründet und wann nicht beschäftigt die Finanzverwaltung und die Rechtsprechung schon seit Jahrzehnten. Im Kern steht hierbei stets die Frage, ob die Parkraumbewirtschaftung auf hoheitlicher Basis erfolgt oder ob die Gemeinde hierbei in den Wettbewerb eingreift, so dass ein steuerpflichtiger BgA begründet wird.
  

Unter einem BgA sind sämtliche Einrichtungen zu verstehen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen außerhalb der Land- und Forstwirtschaft dienen und sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person wirtschaftlich herausheben. Zu den BgA gehören nicht hoheitliche Tätigkeiten und auch nicht Betriebe, die überwiegend der Ausübung öffentlicher Gewalt dienen, sofern sich die hoheitliche und die wirtschaftliche Tätigkeit nicht trennen lassen. Unter Ausübung öffentlicher Gewalt sind Tätigkeiten zu verstehen, die der juristischen Person des öffentlichen Rechts eigentümlich und vorbehalten sind. Kennzeichnend dafür ist die Erfüllung spezifischer öffentlich-rechtlicher Aufgaben, die aus der Staatsgewalt abgeleitet sind, staatlichen Zwecken dienen und zu deren Annahme der Leistungsempfänger aufgrund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung verpflichtet ist. Eine Ausübung öffentlicher Gewalt ist allerdings insoweit ausgeschlossen, als sich die Körperschaft durch ihre Einrichtungen in den allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr einschaltet und eine Tätigkeit ausübt, die sich ihrem Inhalt nach von der Tätigkeit eines privaten gewerblichen Unternehmens nicht wesentlich unterscheidet. Dann bewegt sich auch die juristische Person des öffentlichen Rechts in Bereichen der unternehmerischen Berufs- und Gewerbeausübung, in denen private Unternehmen durch den Wettbewerb mit (grundsätzlich nicht steuerpflichtigen) Körperschaften des öffentlichen Rechts ihrerseits nicht benachteiligt werden dürfen (vgl. BFH, Urteil vom 03. April 2012 – I R 22/11, BFH/NV 2012, 1334).
  

Die Finanzverwaltung hat versucht die zuvor beschriebene Gemengelage in den KStR zu regeln. Hiernach soll stets dann ein BgA begründet werden, wenn sich die bewirtschafteten Parkflächen außerhalb von öffentlichen Straßen befinden, R 10 Abs. 4 KStR. An dieser Einschätzung soll sich auch dann nichts ändern, wenn die zuzahlenden Parkgebühren aufgrund einer öffentlich rechtlichen Gebührensatzung festgesetzt wurden.
  

Dieser Abgrenzung ist nunmehr das FG Stuttgart entgegentreten (vgl. FG Stuttgart, Urteil vom 08. April 2016 – 10 K 1439/14). In dem vom FG Stuttgart zu entscheidenden Fall hatte die Gemeinde die in ihrem Eigentum befindlichen Flächen zum Teil als Straße im Sinne des Straßengesetzes gewidmet und zum anderen als öffentlich zugänglichen Parkraum. Die für die Nutzung des Parkraumes zu entrichtenden Gebühren richteten sich nach einer aufgrund des Straßengesetzes i.V.m. dem Kommunalabgabengesetz erlassenen Parkgebührensatzung. Während das Finanzamt auf der Grundlage der KStR hierin einen BgA sah und entsprechende Körperschaft- und Gewerbesteuerbescheide erließ, hat die Gemeinde dies angefochten und zurecht gerichtlich überprüfen lassen.
  

Das FG Stuttgart ging hierbei davon aus, dass die Gemeinde das Gros der Flächen – zumindest konkludent – gemäß dem baden-württembergischen Straßengesetz dem öffentlichen Verkehr widmete. Eine solche Widmung könne jedoch nur aufgrund einer hoheitlichen Handlung erfolgen, so dass es sich bei den Parkflächen nicht um Flächen außerhalb einer Straße handle. Die Flächen unterliegen daher weiterhin dem hoheitlichen Bereich. Hinsichtlich der Parkflächen, die nicht unmittelbar den öffentlichen Straßen zuordenbar sind, entschied das FG Stuttgart, dass diese dennoch der hoheitlichen Sphäre der Gemeinde zugerechnet werden müssten. Dies folge daraus, da diese in den Straßenkörper der öffentlichen Verkehrsflächen derart einbezogen sind, dass sie mit diesem eine Einheit bilden. Eine Einbeziehung könne beispielsweise durch eine Markierung mit weißen Linien oder durch Längsstreifen erfolgen. Da sich Parkflächen zumeist regelmäßig an die Straßen anschließen, seien diese stets als unselbständig zu betrachten, so dass die Zuordnung in einem solchen Fall zum hoheitlichen Bereich zu erfolgen habe. Der Charakter der hoheitlichen Tätigkeit folgt insbesondere daraus, dass die Überlassung aus Gründen der Sicherheit und Ordnung erfolge. Dies gilt vorliegend für alle Parkflächen.
  

Hieran ist auch der Umstand zu berücksichtigen, dass die Parkgebühren mittels Parkuhren zu entrichten sind. Ein privater Unternehmer kann weder öffentlich-rechtliche Parkscheinautomaten aufstellen, noch kann er aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Satzung handeln und Verstöße hiergegen als Ordnungswidrigkeiten verfolgen lassen. Des Weiteren ist die Zurverfügungstellung von Kurzzeitparkplätzen durch die Straßenverkehrsbehörde nicht dem wettbewerbsrelevanten Markt der gewerblichen Parkraumbewirtschaftung zuzurechnen, so dass die Gemeinde mit ihrer Tätigkeit auch nicht in den direkten Wettbewerb zu Betreibern von Parkhäusern oder Tiefgaragen getreten ist.
 

Zwar hat der BFH in einer Entscheidung vom 01. Dezember 2011 ausgeführt, dass aus unionsrechtlichen Gründen die Parkraumbewirtschaftung dann eine umsatzsteuerpflichtige Tätigkeit darstelle, wenn diese zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führe. Jedoch gilt dies gerade nur für das Umsatzsteuerrecht und nicht auch für das Ertragsteuerrecht. Dies gilt umso mehr, als das der Gesetzgeber im Zuge der Einführung des § 2b im Umsatzsteuergesetz eine eigene umsatzsteuerliche Definition für den BgA vorgenommen hat und sich damit von der ertragsteuerlichen Sichtweise gelöst hat.
 

Im Ergebnis sollte überprüft werden inwieweit die bisherige steuerliche Erfassung der Parkraumbewirtschaftung aufrechterhalten werden kann. Die Entscheidung des FG Stuttgart zeigt, dass die aktuelle Sichtweise der Finanzverwaltung häufig zu kurz geht. 

Bleiben Sie informiert

Kontakt

Contact Person Picture

Marcel Reinke

Rechtsanwalt, Steuerberater

Associate Partner

+49 911 9193 - 3685

Anfrage senden

Profil

Contact Person Picture

Thomas Wust

Steuerberater

Partner

+49 911 9193 3629

Anfrage senden

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu