Frühwarnsysteme im Risikomanagement – Überwachen oder delegieren?

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Frühwarnsysteme sind in vielen Unternehmen das Herzstück des Risikomanagements. Sie helfen, Risiken frühzeitig zu erkennen und zu beherrschen. Die Unternehmensführung steht dabei in der Verantwortung.
 
Seit den 90er Jahren wird verstärkt diskutiert, inwieweit Leitungsorgane verpflichtet sind, für ein institutionalisiertes Risikomanagement zu sorgen. Man versuchte den Begriff des „Risikos” mathematisch, betriebswirtschaftlich oder finanzwirtschaftlich zu erfassen und daraus Handlungsgrundsätze für die systematische Erkennung und Beherrschung von Risiken zu entwickeln. All dies wurde unter dem Stichwort „Risikomanagement” zusammengefasst.
 
Der Vorstand einer Aktiengesellschaft ist gesetzlich dazu verpflichtet, ein Überwachungssystem einzurichten, damit Entwicklungen, die den Fortbestand der Gesellschaft gefährden, früh erkannt werden. Für den Geschäftsführer einer GmbH ist eine entsprechende Vorgabe zwar nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt. Dennoch wird eine solche Pflicht aus der allgemeinen Sorgfalts- und Organisationspflicht des Geschäftsführers abgeleitet.
 
Die Pflicht zur Errichtung eines Frühwarnsystems bedeutet nicht, dass jedes nur denkbare Risiko abgedeckt werden muss. Als Untergrenze gelten Risiken, die die Existenz des Unternehmens gefährden, mit anderen Worten also bestandsgefährdende Entwicklungen. Da sich ein Leitungsorgan stets um Ergebnisoptimierung zu bemühen hat, sollten darüber hinaus auch Risiken einbezogen werden, die zumindest erhebliche negative Auswirkungen auf die Vermögens-, Ertrags- oder Finanzlage des Unternehmens haben.
 
Hierunter können z.B. Risiken auf dem Absatz- und Beschaffungsmarkt oder technische, rechtliche und umweltbedingte Risiken fallen. Anschließend muss eine individuelle Risikoanalyse erfolgen, bei der die Risiken u.a. nach Schadenshöhe und Eintrittswahrscheinlichkeit zu gewichten sind. Diese individuellen Kriterien bilden die Basis für ein Frühwarnsystem, mit dessen Hilfe das jeweilige Risiko überwacht bzw. beherrscht werden kann.
 
Konkrete gesetzliche Anforderungen an die Ausgestaltung des Risikomanagementsystems existieren nicht. Einzelne Vorgaben finden sich im Deutschen Corporate Governance Kodex wieder. Im Übrigen liegen Art und Umfang im unternehmerischen Ermessen des Leitungsorgans. Dieser Ermessensspielraum ist aber nicht nur Segen, sondern auch Fluch, da ein Leitungsorgan für sich selbst niemals hundertprozentige Rechtssicherheit schaffen kann.
 
Grundsätzlich gilt: Je größer die Gesellschaft und je komplexer ihre Struktur ist, desto höher sind die Organisationspflichten des Leitungsorgans. Der häufige Einwand, ein institutionalisiertes System produziere bei kleineren Unternehmenseinheiten unnötigen Aufwand, greift allerdings zu kurz. Letztlich geht es für Unternehmen aller Größenordnungen, also auch für kleine Einheiten, um nichts Geringeres als die Sicherung der Existenz und die Erkennung und Beherrschung von Gefahren.
 
Ein Leitungsorgan kann selbstverständlich auch Aufgaben an Mitarbeiter delegieren. Durch Delegation wird das Leitungsorgan allerdings nicht von seiner Risikoüberwachungspflicht befreit. Vielmehr wandelt sich seine Aufgabe in eine organisatorische Pflicht zur Auswahl geeigneter Mitarbeiter und deren Kontrolle um. Bei mangelnder Kontrolle trifft das Leitungsorgan ein Organisationsverschulden, dessen Missachtung wiederum zur persönlichen Haftung des Leitungsorgans führt.
 
In einem Frühwarnsystem sollte festgelegt werden, auf welcher Hierarchieebene die verschiedenen Aspekte der Risikoüberwachung anzusiedeln sind. Es müssen funktionierende Kommunikationswege sichergestellt und ggf. ein Berichtswesen und Meldesysteme eingerichtet werden. Die ausführenden Mitarbeiter sind anzuweisen und wenn nötig zu schulen. Die Einhaltung der Anweisungen ist zu überprüfen.
 
Ferner sind Risikovermeidungsstrategien zu entwickeln, z.B. die Entwicklung von Leitlinien, technischen Sicherheitsstandards etc. In geeigneten Fällen ist Versicherungsschutz zu erwägen, wenn dies wirtschaftlich sinnvoll ist.
 
Die Überwachungspflicht fällt grundsätzlich in die Gesamtverantwortung des Leitungsgremiums. Eine Ressortverteilung ist zwar möglich. Die übrigen Mitglieder des Leitungsgremiums bleiben jedoch verpflichtet, die ordnungsgemäße Ausführung der Aufgabe zu kontrollieren.
 
Die letzte Wirtschaftskrise hat eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass ein funktionierendes Risikomanagement nicht bloß der Erfolgsoptimierung dient, sondern der Existenzsicherung. Doch die theoretische Entwicklung eines perfekten Frühwarnungssystems allein genügt nicht. Entscheidend ist dessen konsequente Umsetzung.
 
zuletzt aktualisiert am 03.07.2014
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