Vorsteuerabzug bei kommunalen Verwaltungen leicht gemacht!?

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am ​9. Juli 2024

 


Das neue BMF-Schreiben zur Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand – § 2b UStG Vorsteuerabzug bei unternehmerisch tätigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts stellt einiges klar.

Am 25.10.2022 hatte das Bundesfinanzministerium (BMF) mit der Veröffentlichung eines Entwurfs zum „Vorsteuerabzug bei unternehmerisch tätigen juristischen Personen öffentlichen Rechts” einen Vorstoß gewagt und gezeigt, dass er sich diesem Thema endlich annehmen möchte. Gut anderthalb Jahre später ist das lang ersehnte BMF-Schreiben zum Vorsteuerabzug bei öffentlichen, insbesondere kommunalen Verwaltungen endlich final da – und hat es in sich!

Mit dem neuen BMF-Schreiben vom 12.06.2024 zur „Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand – § 2b UStG Vorsteuerabzug bei unternehmerisch tätigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts” ergeben sich wesentliche Änderungen, die gerade für kommunale Verwaltungen von großer Bedeutung sind.

Für den Vorsteuerabzug von kommunalen Verwaltungen  gelten zunächst auch und grundsätzlich die allgemeinen Regelungen. Es ist zu unterscheiden, ob Eingangsleistungen für unternehmerische oder nicht-unternehmerische Tätigkeiten bezogen werden. Der Vorsteuerabzug ist nur für Leistungen möglich, die für unternehmerische Tätigkeiten verwendet werden. Bei gemischter Nutzung (unternehmerisch und nicht-unternehmerisch zugleich) ist der Vorsteuerabzug anteilig zu berechnen. Nicht zu vernachlässigen ist hierbei, dass bei bezogenen Wirtschaftsgütern eine unternehmerische Nutzungsquote von mind. 10 % Grundvoraussetzung für den Vorsteuerabzug ist.

 
Die Abgrenzung zwischen unternehmerischen und nicht-unternehmerischen Leistungen bei Kommunen ist oftmals ein komplexer Vorgang.

 
Besondere Schwierigkeiten treten u.a. bei der Aufteilung der zugehörigen Ausgaben auf. Der Einkauf wird häufig zentral für die gesamte Einrichtung und nicht unterteilt für den unternehmerischen und den nicht-unternehmerischen Bereich vorgenommen.

 
Mit dem o.g. BMF-Schreiben erkennt die Finanzverwaltung an, dass kommunale Verwaltungen durch ihre spezielle Aufgaben- und Tätigkeitsstruktur, welche im Gegensatz zu privatrechtlich organisierten Unternehmensformen nicht von Profit und Wirtschaftlichkeit geprägt ist, eine Aufteilung der Vorsteuern nach dem Prinzip der wirtschaftlichen Zurechnung, oft einen unverhältnismäßig hohen Aufwand darstellt.

 
Da juristische Personen des öffentlichen Rechts dem Grunde nach nicht unternehmerisch tätig sind, ist eine konkrete anteilige Zuordnung eines gemischt genutzten Wirtschaftsgutes bzw. einer bezogenen Leistung auf den unternehmerischen sowie den nicht-unternehmerischen Bereich der Kommune oft sehr zeitaufwendig und schwierig. Dies hat zur Folge, dass einige Kommunen und Verwaltungen ihr Vorsteuerrecht gar nicht erst wahrnehmen und so, durch die hiervon unabhängig, zu zahlende Umsatzsteuer ohne Ausgleich belastet sind.

 
Um dieses Ungleichgewicht zu beseitigen, enthält das BMF-Schreiben einige wesentliche Erleichterungen u.a. zur Berechnung eines Aufteilungsschlüssels bei gemischt genutzten Eingangsleistungen. Folgende Berechnungsmethoden sind laut BMF möglich:

 

1. ​Einnahmeschlüssel für teilunternehmerische Leistungsbezüge:

Der Vorsteuerabzug aus berechtigenden Eingangsleistungen kann analog zu § 15 Abs. 4 UStG auf der Grundlage eines Einnahmeschlüssels​​ erfolgen. Hierbei sind grundsätzlich alle Einnahmen der Kommune zu berücksichtigen, die dieser im Besteuerungszeitraum zufließen. Die Schätzung der unternehmerischen Verwendung erfolgt anhand der Gesamteinnahmen und der Einnahmen aus unternehmerischen Tätigkeiten (netto) wie folgt:


 


 
Liegt die hiernach ermittelte Quote zur unternehmerischen Nutzung unter 10%, so kann gem. § 15 Abs. 1 S. 2 UStG kein Vorsteuerabzug für Lieferungen, innergemeinschaftliche Erwerbe oder eine Einfuhr erfolgen. Die ermittelte Quote findet somit unterhalb der 10% Grenze nur Anwendung auf die Beschaffung von Hilfs- und Betriebsstoffen, Verbrauchsmaterialien und bei sonstigen Leistungen.

 
In einem weiteren Schritt ist zu prüfen, ob von den unternehmerischen Einnahmen, einige dem Vorsteuerausschluss gem. § 15 Abs. 2 und Abs. 3 UStG unterliegen. Hierbei handelt es sich allgemein um Einnahmen aus einer zwar umsatzsteuerbaren aber zugleich gem. § 4 UStG umsatzsteuerfreien Ausgangsleistung – typischerweise Vermietungseinnahmen für welche keine Option gem. § 9 UStG gezogen werden konnte.

 
​Auch die Frage der Definition der zugehörigen Rechengrößen wie z.B. der Gesamteinnahmen und der Gesamtausgaben einer kommunalen Verwaltung beantwortet das BMF anhand einiger Beispiele klar. Als zu den Gesamteinnahmen einer kommunalen Verwaltung zählende Einnahmen werden u.a. Folgende definiert:

 
  • Vermietungen
  • Warenverkäufe
  • Veranstaltungseinnahmen
  • Zuschüsse
  • Spenden​
  • Steuereinnahmen
  • Finanzzuweisungen
  • Umlagen
  • Verwaltungseinnahmen
  • Gebühren
  • Einnahmen aus Beteiligungen
 
Nicht zu den Gesamteinnahmen gehören hingegen solche, die nicht dazu bestimmt sin, für Aufwendungen der Kommune zur Verfügung zu stehen. Hierunter zählen u.a.:

  • Abführungen im Finanzausgleich
  • Durchleitungsspenden
  • Finanzmittel zur Aufnahme von Neukrediten
  • Anleihen und ähnliche Finanzierungen

Zu berücksichtigende zweckgebundene Einnahmen (Zuschüsse, Spenden usw.) sind verwendungsbezogen dem unternehmerischen bzw. nichtunternehmerischen Bereich zuzuordnen. Nichtzweckgebundene Einnahmen (allgemeine Finanzzuweisungen usw.) sind dem Bereich der nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten i. e. S. zuzuordnen.

Bei einer späteren Veräußerung des Gegenstandes unterliegt nur der unternehmerisch genutzte Teil der Umsatzsteuer. Maßgebend für die unternehmerische Nutzung ist der zum Zeitpunkt der Veräußerung geltende Einnahmeschlüssel der ersten Stufe. Die Veräußerung des für nichtwirtschaftliche Tätigkeiten i.e.S. genutzten Teils des Berichtigungsobjekts ist grundsätzlich nicht steuerbar.

 

2. Regelungen für Grundstücke:

Für teilweise nichtwirtschaftlich genutzte Grundstücke ist zu prüfen, ob ein sachgerechter Schlüssel zur Vorsteueraufteilung ermittelt werden kann. Andernfalls ist die Vorsteuer nach den allgemeinen Methoden zu ermitteln.

Bei Gebäuden und Grundstücken kommt grundsätzlich eine Einzelzuordnung in Betracht.

Ist eine direkte Zurechnung nicht möglich, ist eine Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach § 15 Abs. 4 UStG vorzunehmen. Entscheidend sind die tatsächlichen Verhältnisse des Einzelfalles:

 
  • Es erfolgt eine sachgerechte „prozentuale” Aufteilung der Vorsteuerbeträge in der Regel nach dem Verhältnis der Nutzflächen.
  • Wird ein Gebäude zeitlich abwechselnd steuerfrei oder steuerpflichtig genutzt, kann auch eine Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach den Nutzungszeiten erfolgen.
  • Eine sachgerechte Aufteilung nach dem Verhältnis von vorsteuerschädlichen zu vorsteuerunschädlichen Umsätzen ist nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. Damit findet eine solche Aufteilung in der Regel statt, wenn ein Flächenschlüssel oder ein anderer sachgerechter Schlüssel nicht anwendbar ist. Ein Flächenschlüssel ist i.d.R. nicht anwendbar, wenn es erhebliche Unterschiede zwischen der Ausstattung der umsatzsteuerfrei vermieteten sowie der umsatzsteuerpflichtig vermieteten Räume gibt. Der Flächenschlüssel scheidet ferner aus, wenn es keine abgrenzbaren Flächen gibt, die baulich getrennt sind.
 
Insbesondere für Gebäude wie kommunale Schwimmbäder (Stichwort Schulschwimmen), Mehrzweckhallen und Sporthallen, ist die Zuordnung nach Nutzungszeiten meist sachgerechter als die Aufteilung nach Umsätzen.
 

3. Pauschaler Vorsteuersatz für kommunale Verwaltungen mit geringem unternehmerischem Bereich:

Verwaltungen mit steuerpflichtigen Umsätzen unter 45.000 € im Vorjahr können einen pauschalen Vorsteuersatz anwenden. Dieser wird aus dem Verhältnis der übrigen Ausgaben zu den Gesamtausgaben ermittelt:​​



 
Mit dem so ermittelten Betrag sind sämtliche Vorsteuerbeträge abgegolten; ein weiterer Vorsteuerabzug ist ausgeschlossen. Die nichtunternehmerische Verwendung von Leistungsbezügen sowie Nutzungsänderungen sind ebenfalls mit dem pauschalen Vorsteuerabzug abgegolten. Während der gesamten Nutzungsdauer kommt es deshalb weder zu einer Wertabgabenbesteuerung noch zu einer Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG.

Weiterhin zu beac
hten ist, dass bei Wahl des pauschalen Vorsteuerschlüssels auch die Regelungen für Nutzungsänderungen z.B. bei Abgang durch Veräußerung von vorsteuerbehafteten Wirtschaftsgütern betroffen sind.

D
er gesamte Veräußerungs- oder Entnahmeerlös des betreffenden Wirtschaftsguts ist im Falle dieser Pauschalierung der Umsatzsteuer zu unterwerfen und nicht nur der unternehmerisch genutzte Anteil.

Werden teilunternehmerisch verwendete Leistungsbezüge ausschließlich von einem abgrenzbaren Teilbereich der Kommune (z.B. Amt (Behörde), BgA, Eigenbetrieb) verwendet, kann der Vorsteueraufteilung ein einrichtungsbezogener Einnahmeschlüssel zugrunde gelegt werden. Die Gesamteinnahmen sind in diesem Fall sachgerecht der Einrichtung anteilig zuzurechnen. Demzufolge können auch Kommunen je nach ihrer Organisationsstruktur die weiter oben näher erläuterte Einnahmeschlüsselberechnung sowie die Vorsteuerschlüsselberechnung mithilfe der sachgerechten Berechnung des ordentlichen Ergebnisses auf ihre jeweiligen Ämter/Dezernate/Fachbereiche/BgA anwenden, um hier jeweils eigenständig einen Vorsteuerabzug der verschiedenen Organisationseinheiten sachgerecht zu berechnen.

Fazit

Zu begrüßen ist, dass die Finanzverwaltung mit dem o.g. BMF-Schreiben v. 12.06.2024 sowohl klare und verständliche Regelungen zum Vorsteuerabzug bei Kommunen getroffen hat. Die zudem definierten Vereinfachungsregelungen für jPdöR mit geringem unternehmerischem Umfang (max. 45.000 EUR im Vorjahr) können u.E. tatsächlich als solche betrachtet werden. Die Regelungen insgesamt sind verständlich und umsetzbar.

Insbesondere die Pauschalregelung für kleine Kommunen sind aber auch teuer! Die Versteuerung des gesamten Veräußerungs- oder Entnahmeerlöses bei nur geringem Vorsteuerabzug kann je nach Wert ein hoher Preis sein.

Jede Kommune sollte daher für sich im Einzelnen prüfen, ob die lang ersehnten Vereinfachungsregelungen zur Berechnung des Vorsteuerabzuges, diesen nicht zu stark schröpfen.

Weiterhin zeigt das BMF-Schreiben – ohne es zu nennen – klar auf, dass ein Tax Compliance Management System ein wichtiges und bald nicht mehr wegzudenkendes Instrument für kommunale Verwaltungen darstellt. Allein die Zusammenstellung und Prüfung der Gesamteinnahmen und Ausgaben, differenziert auf die einzelnen Organisationseinheiten und weiter auf den jeweiligen unternehmerischen und nicht-unternehmerischen Bereich ist ein Kraftakt. Hinzu kommt noch die Überwachung von Änderungen z.B. in der Zuordnung sowie die Einhaltung der steuerlichen Regularien. Die Finanzverwaltung stellt somit auch mit diesem BMF-Schreiben abermals heraus, dass gegenüber den kommunalen Verwaltungen die Erwartungshaltung besteht, entsprechende Auswertungen zeitnah umsetzen zu können.


Hierbei unterstützen wir Sie gern.


 

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Madlen Mainzer

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