US-Gericht: Sberbank verliert Immunität in MH17-Terrorfinanzierungsklage

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​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​veröffentlicht am 14 Februar 2025 | Lesedauer ca. 3 Minuten

 

Der Fall Schansman v. Sberbank betrifft die mutmaßliche Finanzierung der DNR durch Sberbank und deren mögliche Verwicklung in den Abschuss von Flug MH17. Ein US-Gericht entschied am 4. Februar 2025, dass Sberbank keine staatliche Immunität genießt. Sollte ein Zusammenhang zwischen den Geldtransfers und dem Anschlag nachgewiesen werden, drohen der Bank hohe Schadensersatzzahlungen.


Der Fall Schansman v. Sberbank ist eine bedeutende juristische Auseinan-dersetzung vor einem US-amerikanischen Gericht, in der es um die Rolle der russischen Sberbank bei der Finanzierung der selbsternannten Volksrepublik Donezk (DNR) und deren mögliche Beteiligung an terroristischen Aktivitäten geht. Die Kläger, die Angehörigen von Quinn Lucas Schansman, werfen der Sberbank vor, durch die Bereitstellung finanzieller Dienstleistungen für die DNR indirekt zu dem Abschuss des Malaysia-Airlines-Flugs MH17 im Jahr 2014 beigetragen zu haben. Die Entscheidung wurde am 4. Februar 2025 getroffen.


Die Kläger argumentieren, dass Sberbank über ihre Korrespondenzkonten in den USA Transaktionen für die DNR erleichtert habe. Diese finanziellen Mittel seien zur Beschaffung von Waffen und militärischer Ausrüstung verwendet worden, was letztendlich zu dem Angriff auf das Flugzeug geführt habe. Die Klage wurde auf der Grundlage des Anti-Terrorism Act (ATA) eingereicht, der es den Angehörigen von Opfern terroristischer Anschläge ermöglicht, gegen Parteien vorzugehen, die terroristische Organisationen finanziell unterstützen.

Sberbank bestritt die Vorwürfe und beantragte die Abweisung der Klage mit der Begründung, dass sie als staatliche Institution der Russischen Föderation Immunität gemäß dem Foreign Sovereign Immunities Act (FSIA) genieße. Die Bank führte an, dass sie zum Zeitpunkt der Klageeinreichung mehrheitlich im Besitz der Zentralbank der Russischen Föderation gewesen sei, die nach ihrer Auffassung als politisches Organ Russlands anzusehen sei. Zudem wurde während des laufenden Verfahrens der Mehrheitsanteil von der russischen Finanzbehörde, dem Ministerium für Finanzen der Russischen Föderation, übernommen. Sberbank argumentierte, dass dieser Eigentümerwechsel ihre Immunität unter FSIA weiter stärke und eine Klage vor einem US-Gericht ausschließe.

Das Gericht prüfte die Argumente der Bank sorgfältig und kam zu dem Schluss, dass Sberbank sich nicht auf staatliche Immunität berufen kann. Grund dafür ist eine Ausnahmebestimmung im FSIA, die für Fälle gilt, in denen eine ausländische staatliche Institution kommerzielle Aktivitäten ausübt, die in direktem Zusammenhang mit der Klage stehen. Das Gericht stellte fest, dass Geldtransfers über Korrespondenzkonten eine klassische kommerzielle Banktätigkeit darstellen und nicht als souveräne staatliche Funktion betrachtet werden können. Da diese Aktivitäten teilweise in den USA stattfanden und die finanziellen Transaktionen für die DNR über US-amerikanische Banken abgewickelt wurden, wurde die Immunität von Sberbank aufgehoben.

Zusätzlich argumentierte Sberbank, dass der Anti-Terrorism Act eine separate Immunitätsregelung enthalte, die sie vor Klagen schützen würde. Doch auch dieser Einwand wurde vom Gericht zurückgewiesen. Die Richter stellten fest, dass die Definition eines "ausländischen Staates" im Sinne des ATA deckungsgleich mit jener des FSIA sei und somit ebenfalls die Ausnahme für kommerzielle Aktivitäten gelte. Das bedeutet, dass eine Klage gegen Sberbank trotz ihrer Verbindung zum russischen Staat zulässig ist, da die Bank kommerzielle Transaktionen durchgeführt hat, die möglicherweise der Finanzierung terroristischer Gruppen dienten.

Ein weiterer Versuch von Sberbank, die Klage abzuweisen, basierte auf der Behauptung, dass nur zwei konkret nachgewiesene Geldtransfers in Höhe von insgesamt 300 US-Dollar über ihre US-Konten an die DNR geflossen seien. Das Gericht betonte jedoch, dass diese Transaktionen lediglich Beispiele für eine möglicherweise weitaus größere Anzahl von Transfers seien. Die Kläger hatten darauf hingewiesen, dass es eine umfassende Crowdfunding-Kampagne zur Unterstützung der DNR gegeben habe, bei der Sberbank-Konten aktiv beworben wurden. Zudem gab es Berichte, die bereits im April 2014 auf die mögliche Verwicklung der Bank in die Finanzierung der DNR hinwiesen, ohne dass Sberbank Maßnahmen ergriff, um die Transfers zu stoppen.

Auf Grundlage dieser Feststellungen kam das Gericht zu dem Schluss, dass Sberbank weder unter FSIA noch unter ATA Immunität genießt und somit der Klage vor einem US-Gericht weiter stattgegeben werden kann. Die Entscheidung verdeutlicht, dass finanzielle Institutionen, selbst wenn sie sich in staatlichem Besitz befinden, nicht automatisch vor Haftung geschützt sind, wenn sie an potenziell terroristischen Finanzierungen beteiligt sind. Sollten die Kläger nun erfolgreich nachweisen, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen den über Sberbank abgewickelten Spenden und dem Abschuss des Malaysia-Airlines-Flugs MH17 besteht, könnten die Angehörigen der Opfer Schadensersatz für den Verlust ihrer Liebsten in dieser Tragödie geltend machen.

Dies würde bedeuten, dass Sberbank nicht nur wegen der Abwicklung finanzieller Transaktionen für eine terroristische Organisation haftbar gemacht wird, sondern auch für die unmittelbaren Folgen dieser Unterstützung – nämlich den Tod von 298 Menschen an Bord des Flugzeugs. Gelingt es den Klägern, überzeugende Beweise vorzulegen, dass die über Sberbank bereitgestellten Mittel direkt oder indirekt zur Anschaffung der Waffe verwendet wurden, mit der die Tragödie herbeigeführt wurde, könnte das Gericht erhebliche Entschädigungen zusprechen.

Ein solcher Erfolg vor Gericht würde nicht nur für die Angehörigen eine Form der Gerechtigkeit darstellen, sondern auch ein starkes Signal setzen, dass Finanzinstitute weltweit verpflichtet sind, streng zu kontrollieren, welche Transaktionen sie ermöglichen, um eine indirekte Unterstützung von Terrorismus zu verhindern.

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Dr. Tatiana Vukolova

Juristin

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