Der Koalitionsvertrag – Auswirkungen auf Leistungserbringer im Gesundheitswesen: Krankenhäuser

PrintMailRate-it

​​​​​​​​​veröffentlicht am 11. April 2025


Nach der Reform ist vor der Reform: das gerade erst beschlossene sog. Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) soll „bis zum Sommer 2025“ überarbeitet werden. Den Bundesländern sollen zur Sicherstellung der Grund- (nach dem Vertrag hierzu gehörend: Innere Medizin, Chirurgie, Gynäkologie und Geburtshilfe) und Notfallversorgung besonders im ländlichen Raum Ausnahmen ermöglicht werden. Ferner sollen – ohne dass schon nähere Details genannt werden – die Kooperationsmöglichkeiten erweitert werden. Es erscheint naheliegend, dass hiermit gemeint ist, die Anforderungen an die Erfüllung einer Leistungsgruppe (gegenwärtig geregelt in Anlage 1 zum KHVVG, beruhend auf § 6a KHG, § 135e SGB V) zu revidieren und zu deren Erfüllung vermehrt auch Kooperationen (vermutlich zwischen Krankenhäusern, aber auch mit niedergelassenen Ärzten) zu gestatten.

In dem Koalitionsvertrag vorausgehenden Papier der Arbeitsgruppe „Gesundheit und Pflege“ fand sich noch folgende Formulierung:
„Um die finanzielle Stabilität der bedarfsnotwendigen Krankenhäuser zu sichern, schließen wir die Lücke aus den Jahren 2022 und 2023 in deren Betriebskostenfinanzierung.“
Sofort waren Diskussionen entbrannt, welche Krankenhäuser unter diesen Gesichtspunkten denn als „bedarfsnotwendig“ anzusehen seien. Diese Passage findet sich so im Koalitionsvertrag nicht wieder; vielmehr heißt es jetzt dort:
„Die Lücke bei den Sofort-Transformationskosten aus den Jahren 2022 und 2023 … finanzieren wir aus dem Sondervermögen Infrastruktur“.
Welche Leistungen damit finanziert werden sollen, bleibt der gesetzlichen Regelung vorbehalten. Dem Vernehmen nach soll aber verhindert werden, dass sowieso „nicht lebensfähige“ Krankenhäuser unterstützt werden. Es ist also zu vermuten, dass in irgendeiner Weise an die Bedarfsnotwendigkeit, auf die man sich zunächst innerhalb der Arbeitsgruppe verständigt hatte, angeknüpft werden wird. Je nach gesetzlicher Ausgestaltung ist es naheliegend, dass hierbei nicht alle Plankrankenhäuser berücksichtigt werden. Beim Streit um das Geld (und gegebenenfalls: dessen verfassungskonforme Verteilung) könnte eine Prozesslawine drohen. Eine zeitnahe Regelung wäre hier besonders wünschenswert, um den – gegenwärtig in hoher Zahl notleidenden – Krankenhäusern, aber auch den Wirtschaftsprüfern im Hinblick auf die Fortführungsprognose Planungs- und damit Rechtssicherheit zu geben.

Eine mit dem KHVVG entstandene Rechtsunsicherheit scheint allerdings beseitigt: der bisher vorgesehene Anteil der Gesetzlichen Krankenversicherung für den sog. Transformationsfonds (§ 12b KHG) sollte ursprünglich aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds aufgebracht werden. Hieran wurden – rechtlich nachvollziehbar – Bedenken geäußert, da solchenfalls zweckgebundene (Krankenversicherung-)Beiträge für krankenversicherungsferne Zwecke verwendet worden wären. Die Finanzierung soll nunmehr aus dem vom Bundestag bereits beschlossenen „Sondervermögen Infrastruktur“ vorgenommen werden, sodass die rechtlichen Bedenken beseitigt sind und Zahlungen aus dem Transformationsfonds rechtssicher erfolgen können.

Die Definition des Begriffs „Fachkrankenhäuser“ soll überarbeitet werden mit dem Ziel, dass die in den Ländern bestehenden und für die Versorgung relevanten Fachkliniken erhalten bleiben können. Es erscheint naheliegend, dass es hier eine Anpassung von § 135d Abs. 4 SGB V geben wird.

Schließlich ist vorgesehen, dass die Zuweisung der Leistungsgruppen auf Basis der bereits im Dezember 2024 in Nordrhein-Westfalen an alle Krankenhäuser zugewiesenen 60 Leistungsgruppen zuzüglich der speziellen Traumatologie als einer neuen Leistungsgruppe erfolgen soll, und zwar zum 1.1.2027. Angesichts der durch die Landesbehörden durchzuführenden Anhörungsverfahren und der dann folgenden Feststellungsbescheide (bisher im Wesentlichen beruhend auf Fachgebieten und Bettenzahlen) ist der Zeitdruck bereits jetzt groß, zumal zwischen der Bekanntgabe des neuen Feststellungsbescheides und dessen Umsetzung möglicherweise nur ein kurzer Zeitraum liegt (in Nordrhein-Westfalen waren es gerade knapp dreieinhalb Monate). Es ist deshalb unabdingbar, dass Krankenhausträger bereits jetzt unabhängig von einer laufenden Anhörung die erforderlichen Vorarbeiten machen und eruieren, ob und welche Leistungsgruppen (jedenfalls auf der bisherigen rechtlichen Basis) im Krankenhaus vorgehalten werden können und sollen.

Die mit dem KHVVG gerade erst bundesrechtlich beschriebenen Leistungsgruppen sollen „in Bezug auf ihre Leistungs- und/oder Qualitätsvorgaben verändert“ werden, „wo es medizinisch sinnvoll ist“. Diesbezüglich hatte es bereits in der abschließenden Sitzung des Bundesrates zum KHVVG heftige Diskussionen, insbesondere um die Anrechenbarkeit der Ärzte pro Leistungsgruppe (gegenwärtig begrenzt auf 3), gegeben. Hier sind konkrete Anpassungen vorgesehen und mit hoher Wahrscheinlichkeit zeitnah zu erwarten. Zudem soll die gegenwärtige Regelung, dass ein in den Qualitätskriterien vorgesehener Facharzt einem Vollzeitäquivalent von 40 Wochenstunden entspricht (§ 135e Abs. 4 Nr. 7 Buchstabe a SGB V), auf 38,5 Wochenstunden angepasst werden.

Die bislang bis zum 31.12.2026 vorgesehene Konvergenzphase, nach deren Ablauf das Nichterreichen sog. Mindestvorhaltezahlen für die jeweilige Leistungsgruppe dazu führt, dass das Krankenhaus das für die Leistungsgruppe vorgesehene Vorhaltebudget nicht erhält, soll um ein Jahr, d. h. bis 31.12.2027, verlängert werden, sodass das Jahr 2027 für alle Krankenhäuser erlösneutral ausgestaltet ist.

Eine Sonderregelung soll (faktisch) nur für Nordrhein-Westfalen geschaffen werden: angesichts der dort gerade erfolgten Krankenhausplanung nach Leistungsgruppen sollen die erfolgten Zuweisungen (längstens bis zum 31.12.2030) wirksam bleiben. In Nordrhein-Westfalen droht also nicht gleich die nächste Planungswelle.

Schließlich soll auch die Prüfquote bei Krankenhäusern „erheblich“ gesenkt, das Prüfungsergebnis der Stichproben sondern auf 100 % hochgerechnet werden. Bei unauffälligen Prüfungen soll die Prüffrequenz angepasst – das kann nur heißen: verlängert – werden.



AUTOR

Prof. Dr. Martin Rehborn
​​

FOLGEN SIE UNS!

Linkedin Banner

Kontakt

Contact Person Picture

Norman Lenger-Bauchowitz, LL.M.

Mediator & Rechtsanwalt, Wirtschaftsmediator, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachberater für Restrukturierung & Unternehmensplanung (DStV e.V.)

Partner

+49 911 9193 3713

Anfrage senden

Profil

WIR BERATEN SIE GERN!

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu