Die neue Pflegepersonalbemessungsverordnung – PPR 2.0

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​​​​veröffentlicht am 28. November 2024


Die Pflegepersonalbemessungsverordnung, kurz PPBV, ist ein Instrument, welches in Deutschland entwickelt wurde, um die Anzahl des benötigten Pflegepersonals in Krankenhäusern besser zu berechnen und sicherzustellen. Ziel ist es, die Arbeitsbedingungen und die Versorgungsqualität für das Pflegepersonal und die Patienten deutlich zu verbessern. Unterschieden wird zwischen der PPR 2.0 für Erwachsene und der PPR 2.0 für Säuglinge, Kleinkinder, Kinder und Jugendliche. Nach langem Hin und Her ist die PPR 2.0 nun am 1. Juli 2024 in Kraft getreten. Mit dem Inkrafttreten wird der erste Schritt zur Einführung einer verbindlichen Pflegepersonalregelung (PPR 2.0) vollzogen. Im Folgenden Text geben wir einen Überblick zu den wesentlichen Neuerungen der Erwachsenen-PPR 2.0.
 
Die Struktur der PPBV entspricht in vielen Punkten der Vorgängerverordnung und dient der Ermittlung des Pflegepersonalbedarfs für die unmittelbare Patientenversorgung auf allen bettenführenden somatischen Stationen für Erwachsene. Die Personalberechnung erfolgt weiterhin anhand des täglichen Pflegebedarfs und Zeitaufwands pro Patienten, wurde jedoch ergänzt um pauschalisierte Kennzahlen. Weitere Änderungen gibt es bei den einzelnen Grund- und Fallwerten sowie den Leistungsstufen der allgemeinen und speziellen Pflege.
 
Seit Oktober 2024 sind Krankenhäuser dazu verpflichtet, die nach den §§ 4, 5 und 6 PPBV ermittelten Daten zum Pflegepersonalbedarf auf Monatsbasis jeweils bis zum Ende des auf das Quartal folgenden Kalendermonats zu erheben. Erstmalig muss die Meldung an das InEK-Datenportal für das vierte Quartal 2024 vorgenommen werden (Frist: 31. Januar 2025). Die Erhebung umfasst gemäß § 1 Abs. 2 PPBV die Daten für alle bettenführenden Normalstationen der somatischen Versorgung für Erwachsene.
 
Sofern ein Krankenhaus nicht die vollständige oder fristgerechte Übermittlung der Quartalsmeldung einhalten kann und dieses vor Fristablauf der InEK mitteilt, kann eine nach § 7 Abs. 2 PPBV zweiwöchige Nachmeldefrist gewährt werden. Eine Korrektur der gemeldeten Daten ist bis zum Ablauf der genannten Fristen möglich. Aktuell liegen noch keine konkreten Sanktionsregelungen vor. Kommt ein Krankenhaus jedoch seiner in der Verordnung bestimmten Erfassung- und Übermittlungspflichten nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig nach, kommt § 137k Abs. 4 Satz 3 SGB V zum Tragen.
 
Inhaltlich richtet sich die Verordnung an alle Krankenhäuser, die in den Anwendungsbereich des Krankenhausentgeltgesetzes fallen. Folgende Beschäftigte sind von der PPR 2.0 konkret betroffen:
 
  • Pflegefachkräfte nach dem Krankenpflege- oder Altenpflege- oder Pflegeberufegesetz,
  • Pflegehilfskräfte mit erfolgreich absolvierter nach Landesrecht geregelter Assistenz- oder Helferausbildung,
  • Pflegehilfskräfte mit erfolgreich absolvierter Ausbildung nach Landesrecht in der Krankenpflege- oder Altenpflegehilfe,
  • Pflegehilfskräfte, die der mit Tätigkeitserlaubnis als Krankenpflegehelfer nach dem Krankenpflegegesetz,
  • Pflegehilfskräfte, die den Personengruppen Medizinische Fachangestellte, Anästhesietechnische Assistenten und Notfallsanitäter angehören
 
sowie nun auch Hebammen mit Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung nach dem Hebammengesetz.
 
Im Referentenentwurf waren im Bereich der Kinderkrankenpflege auch Kinderpflegefachkräfte anrechenbar. Dieser Absatz ist in der PPBV nun nicht mehr enthalten.

Die Ermittlung des Pflege- und Personalbedarfs wird dabei individuell für jeden Patienten durch die Pflegefachkraft anhand folgender Formel vorgenommen:

Leistungsstufen + Fallwert + Grundwert = Pflegepersonalbedarf pro Patienten (=Zeitwert)
Summe aller Zeitwerte pro Patienten = gesamter Pflegepersonalbedarf des Krankenhauses
 
Hierbei werden alle Patienten täglich zwischen 15 und 21 Uhr in eine von vier Leistungsstufen der allgemeinen und speziellen Pflege (A1/S1 bis A4/S4) eingeteilt, die jeweils einen konkreten Minutenwert besitzt. Zusätzlich zu diesem Minutenwert wird ein einheitlicher Fallwert (75 Minuten am Aufnahmetag) sowie täglicher Grundwert (33 Minuten bzw. 123 Minuten bei Isolationspflicht) hinzugerechnet. Auf Grundlage dessen wird die Zahl der Personalstellen für die Tagschicht ermittelt, um die bedarfsgerechte Versorgung aller Patienten zu gewährleisten. Die Tagschicht umfasst den Zeitraum von 6 bis 22 Uhr. Für die Nachtschicht von 22 bis 6 Uhr gilt die Berechnungsformel der PPR 2.0 hingegen nicht. Hier kommen weiterhin die Vorschriften des § 6 Abs. 1 PpUGV zur Anwendung. Allgemein ist der Prozess durch einen hohen Verwaltungsaufwand gekennzeichnet und setzt die Schulung bzw. Einarbeitung der Pflegefachkräfte voraus.
 
Zukünftig wird die PPR 2.0 für die Personalbemessung als Basis für die Pflegebudgetvereinbarung herangezogen. Daher ist es notwendig, folgende Punkte einzubeziehen:
  • Ausfallzeiten einschließlich Stellen für Ausfallkonzepte, z.B. Pool, anhand der Werte des Vorjahres
  • Nachtdienste
  • Leitungskräfte
  • Praxisanleitung
  • organisatorische, strukturelle und versorgungsspezifische Besonderheiten
 
Gemäß § 4 Abs. 5 PPBV ist auf Normalstationen für Erwachsene je beschäftigte 50 Pflegekräfte zusätzlich eine Vollzeitkraft (Vollzeitäquivalent) für eine leitende Pflegefachkraft oberhalb der Stationsebene anteilig hinzuzurechnen. Ein Vollzeitäquivalent entspricht gemäß § 2 Abs 7 PPBV einer Arbeitszeit von 38,5 Stunden pro Woche. Somit würde beispielsweise eine Vollzeitkraft mit einer Wochenarbeitszeit von 40 Stunden als 1,039 Vollzeitäquivalent berücksichtigt werden.
 
Ein zentrales Ziel der PPR 2.0 ist die bedarfsgerechte Pflegepersonalausstattung in Krankenhäusern. Dies sieht unter anderem vor, dass Krankenhäuser Ausfallkonzepte erarbeiten, um den Pflegebetrieb bei personellen Engpässen aufrechtzuerhalten. Da die Personalbemessung nun gesetzlich stärker reguliert wird und Fehlzeiten der Pflegekräfte aufgefangen werden müssen, sollte das Ausfallkonzept regeln, wann es aufgrund von Überlastung anzuwenden ist und wie die mögliche Überarbeitung des Pflegepersonals zum Schutz von Gesundheit und Arbeit in kurzer Zeit abgewendet werden kann. Zudem sollten Maßnahmen ergriffen werden, die eine ausreichende Personalausstattung gewährleisten, um die gemessenen durchschnittlichen Ausfallzeiten kompensieren zu können. Bei Ausfällen sollten durch effiziente Planungsregelungen kurzfristige Dienstplanänderungen vermieden werden können sowie den Ausgleich der Arbeit unter Überlastungen regeln.
 

PPR 2.0 im Vergleich zur PpUGV

Gegenüber der PpUGV strebt die PPR 2.0 nicht nur an, dass eine patientengefährdende Pflege verhindert werden soll, sondern setzt den Fokus auf die Sicherstellung der bedarfsgerechten Versorgung und Anpassung an den Pflegebedarf der Patienten auf Station. Somit ist bereits die Grundausrichtung anders. Dies soll insbesondere durch die Personalplanung mit Orientierung am tatsächlichen Bedarf der Patienten und nicht mehr durch externe Vorgaben erreicht werden. Auch das zeitnahe Reagieren auf Veränderungen hinsichtlich des wechselnden Gesundheitszustandes der Patienten und somit des Pflegeaufwands soll hierdurch ermöglicht werden. Vorerst wird die PPR 2.0 für Erwachsene nur für die Tagschicht, von 6 Uhr bis 22 Uhr, zur Anwendung kommen. Als nachteilig ist zu erachten, dass die PPR 2.0 kein derartiges Konzept für den Nachtdienst vorsieht, hier gelten weiterhin die Personaluntergrenzen nach PpUGV. Führt die Arbeitszeitgestaltung dazu, dass die Arbeitszeit sowohl Tag- als auch Nachtdienst übergreifend betrifft, so wird das vorgehaltene Personal anteilig der Tag- und Nachtschicht zugeordnet.
Zudem kann auch die am nächsten an den tatsächlichen Bedarf angepassten Stellenplanung nicht einen etwaigen Fachkräftemangel ausgleichen, sodass einer personellen Unterbesetzung auch hierdurch nur bedingt entgegengewirkt werden kann. Es ist jedoch positiv hervorzuheben, dass für den Grund- und Fallwert keine Dokumentationspflichten anfallen, da diese allen Patienten automatisch zugeordnet werden. Auch für Patienten, die lediglich pflegerische Grundleistungen erhalten, fällt dies weg. Der Dokumentationsaufwand reduziert sich für die Pflegekräfte damit deutlich gegenüber der Dokumentation der Einhaltung der Pflegepersonaluntergrenzen.
 
Die Konvergenzphase, in der zusätzliches Personal parallel zur errechneten Sollbesetzung aufgebaut werden soll, wird nach Einschätzung der Gewerkschaft ver.di erst 2027 beginnen. Den Häusern soll aufgrund des engen Zeitplans die Möglichkeit gegeben werden, die personellen und technischen Voraussetzungen stufenweise umzusetzen. Ursprünglich wurde den Krankenhäusern zum Erreichen der Ziele nur ein Jahr Zeit zugestanden. Sanktionen wegen Verstöße sind ebenfalls erst ab 2027 angedacht.
 
Die PPR 2.0 ist ein wichtiger Schritt hin zu einer besseren Personalplanung und einer höheren Versorgungsqualität in deutschen Krankenhäusern. Sie ermöglicht eine präzisere Einschätzung des Pflegebedarfs und trägt zur Entlastung des Pflegepersonals bei. Die erfolgreiche Umsetzung der PPR 2.0 kann die Arbeitsbelastungen im Pflegebereich nachhaltig verbessern und somit langfristig zur Stabilisierung der Personalsituation und Erhöhung der Patientensicherheit beitragen. Allerdings wird die PPR 2.0 nur dann ihre volle Wirkung entfalten können, wenn parallel weitere Maßnahmen zur Bekämpfung des Fachkräftemangels und zur Finanzierung von Pflegekräften ergriffen werden.
 
Zunächst wird die PPR 2.0 für Erwachsene nur tagsüber von 6 bis 22 Uhr und nur auf Normalstationen gelten. In der Nacht werden weiterhin die Regelungen gemäß PpUGV wirksam sein.

 


Quelle:

https://www.recht.bund.de/bgbl/1/2024/188/VO.htmlBundesgesetzblatt, Teil 1, Ausgegeben zu Bonn am 14. Juni 2024
https://www.forum-verlag.com/blog-gp/ppr-2-0 srsltid=AfmBOooDS8yADkgrwnN6ZyExd05ZLBo6GFtoRldFYBOHVhTiqD8YKmBv

https://www.g-drg.de/pflegepersonalbemessung/faq-zur-umsetzung-der-pflegepersonalbemessungsverordnung

-ppbv-ppr-2.0
https://www.dkgev.de/themen/personal-weiterbildung/ppr-20/
https://www.dkgev.de/fileadmin/default/Mediapool/2_Themen/2.5._Personal_und_Weiterbildung

/2.5.0._PPR_2.0/Politik-PPR-Gass_gedruckt.pdf
https://www.dkgev.de/fileadmin/default/Mediapool/2_Themen/2.5._Personal_und_Weiterbildung/2.5.0._PPR_2.0
/
Eckpunkte_zur_Umsetzung_PPR_2.0.pdf

https://dejure.org/gesetze/SGB_V/137k.html
https://www.verdi.de/presse/pressemitteilungen/++co++3241a874-023b-11ef-a734-01c8c3fb3457​


AUTORINNEN

Lea Heilemann
Saskia Kapale


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