Krankenhausreform: Das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz - Eine neue Chance für Krankenhäuser?

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​​​​​​​​veröffentlicht am 28. November 2024


Das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) ist eine Reform des deutschen Gesundheitssystems, die auf die Verbesserung der finanziellen und strukturellen Rahmenbedingungen der Krankenhausversorgung abzielt. Der Deutsche Bundesrat hat das Gesetz am 22. November 2024 mit den Zielen passieren lassen, die Qualität und Effizienz in der Versorgung sicherzustellen, den aktuellen Herausforderungen einer flächendeckenden medizinischen Versorgung besser zu begegnen und den Verwaltungsaufwand in Krankenhäusern zu verringern. Im Nachfolgenden eine Übersicht über die Hintergründe, die wesentlichen Kerninhalte und die möglichen Auswirkungen des Gesetzes.

 
Die Notwendigkeit der Reform ist aufgrund steigender Kosten im Gesundheitswesen unumstritten, ohne Änderungen drohen Krankenhausinsolvenzen im größeren Ausmaß. Mit der nun nach zweieinhalbjähriger Beratung verabschiedeten Krankenhausreform soll dem entgegengesteuert werden. Zum 1. Januar 2025 wird diese Reform in Kraft treten. Damit haben die Bundesländer bis Ende 2026 Zeit, ihren Kliniken Leistungsgruppen zuzuweisen. In den Jahren 2027 und 2028 erfolgt eine schrittweise Umstellung des Finanzsystems, bis der Prozess 2029 abgeschlossen sein soll.
 
Die möglichen Auswirkungen des KHVVG auf Krankenhäuser sind vielfältig und betreffen unter anderen finanzielle Entlastungen, die Behandlungsqualität, die Sicherung der Versorgung sowie den Bürokratieabbau.
 

Im Folgenden ein kompakter Überblick der wesentlichen Kerninhalte des KHVVG:

Krankenhausplanung nach Leistungsgruppen

Künftig werden Krankenhausbehandlungen in 65 Leistungsgruppen differenziert, die gemäß Definition, vereinzelte medizinische Leistungen darstellen. Unter anderem soll damit sichergestellt werden, dass Krankenhäuser Leistungen künftig nur noch erbringen dürfen, soweit sie geeignete Struktur- und Prozessqualitätsmerkmale erfüllen. Dies setzt ein bestimmtes Maß an technischer Ausstattung, das richtig qualifizierte Personal sowie die erforderlichen Fachdisziplinen zur Vor-, Mit- und Nachbehandlung voraus. Die Medizinischen Dienste prüfen regelmäßig, ob Krankenhäuser die Qualitätskriterien der Leistungsgruppen erfüllen.
 

Verringerung des Verwaltungsaufwandes der Krankenhäuser

Zum besseren Ressourceneinsatz sowie zur Entlastung des Krankenhauspersonals werden zukünftig zur Reduzierung vom unnötigen Verwaltungsaufwand die Prüfverfahren des Medizinischen Dienstes (MD) harmonisiert und vereinfacht sowie via elektronischer Datenübermittelung eingeführt.
 
Zudem wird der Fixkostendegressionsabschlag ab dem Jahr 2027 entfallen.
 
Eine deutliche Entlastung wird geschaffen, indem bei den Abrechnungsprüfungen eine Umstellung von Einzelfallprüfungen hin zu einer Stichprobenprüfung erfolgt. Zudem werden die Abrechnungsprüfungen-Jahresstatistiken der medizinischen und pflegefachlichen Expertenorganisation der Länder zukünftig auf Bundesebene als der primäre Datenhalter die Ergebnisse der Strukturprüfung jährlich publizieren. Die Prüfintervalle für Strukturprüfungen werden zudem auf drei Jahre verlängert.
 
Für sogenannte pflegeentlastende Maßnahmen ist ab dem Vereinbarungsjahr 2025 ein pauschaler Anteil des Pflegebudgets zu berücksichtigen. Für Krankenhäuser entfallen die Nachweisverpflichtungen über die Durchführung und die Aufwendungen der pflegeentlastenden Maßnahmen. Die Pflegebudgetverhandlungen sollen so vereinfacht und Konfliktpotentiale abgebaut werden. Erstmalig können für das Jahr 2025 pauschal 2,5 % des Pflegebudgets als pflegeentlastende Maßnahmen im Pflegebudget angesetzt werden.


Einführung von Vorhaltevergütungen

Die bisherigen Fallpauschalen (aDRG’s) werden teilweise durch Vorhaltevergütungen ersetzt. Diese sollen den ökonomischen Druck im Gesundheitswesen verringern und sicherstellen, dass bedarfsnotwendige Krankenhäuser unabhängig von der Anzahl der behandelten Fälle finanziell abgesichert sind. Dies soll vor allem kleine und ländliche Kliniken stärken.
 
Dies birgt jedoch auch Risiken, da Krankenhäuser nur 60 % ihres Budgets als Vorhaltevergütung finanziert erhalten. Die restlichen 40 % müssen weiterhin über die Behandlungsfälle erwirtschaftet werden. Da der pauschale Anteil der Vorhaltevergütung an die Zahl der pro Leistungsgruppe versorgten Patentinnen und Patienten geknüpft ist, können dem Krankenhaus bei Nichterbringung der Mindestvorhaltezahl an Behandlungen die jeweilige Leistungsgruppe und die dazugehörige pauschale Vorfinanzierung komplett entzogen werden.
 

Liquiditätssicherung

Tarifsteigerungen und weitere Kostensteigerungen werden bereits seit dem Jahr 2024 vollständig auch für das ärztliche und nichtärztliche Personal und nicht mehr nur für das pflegerische Personal refinanziert. Dies sowie die Anwendung des vollen Orientierungswerts sollen die wirtschaftliche Situation und die Liquidität der Krankenhäuser verbessern.

 
Bessere Versorgung von pädiatrischen Einrichtungen

Krankenhäuser erhalten zukünftig, unabhängig von der anfänglich diagnostizierten Verweildauer, die volle Fallpauschale für die stationäre Behandlung von Kindern. Hierfür werden jährliche Mittel in Höhe von EUR 300 Mio. bereitgestellt.
 
Hier sieht unter anderem der Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e.V. (DGKJ) wesentliche Unsicherheiten in der Gesetzgebung. Da zum einen die Leistungsgruppe „Spezielle Kinder- und Jugendmedizin” den Bedarf in der Versorgung kranker Kinder und Jugendlicher nur unzureichend deckt und zum anderen die Förderung nur denjenigen pädiatrischen Einrichtungen zugutekommen sollte, die für die stationäre Versorgung von Kindern und Jugendlichen pädiatrisch qualifiziert sind.
 

Sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen

Die wohnortnahe Grundversorgung bleibt von dem Vorhaben unberührt und soll weiterhin gesichert bleiben. Um insbesondere in struktur- und bevölkerungsschwachen Regionen künftig eine qualitätsgesicherte medizinische Grundversorgung aufrechterhalten zu können, dürfen sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen (sogenannte Level 1i-Krankenhäuser) zusätzlich zu den bedarfsnotwendigen Krankenhäusern im ländlichen Raum fachärztliche Leistungen anbieten. Die Länder erhalten einen gesetzlichen Rahmen, sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen zu bestimmen, deren Leistungsspektrum neben stationären auch erweiterte ambulante Leistungen umfasst.
 

Einführung eines Transformationsfonds zum Umbau der Krankenhauslandschaft

Das Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) verwaltet unter anderem den Gesundheitsfonds, den Krankenhausstrukturfonds sowie den Krankenhauszukunftsfonds. Die Laufzeit des Krankenhausstrukturfonds wird um ein Jahr bis Ende 2025 verlängert, welcher im Anschluss ab 2026 durch den Transformationsfonds fortgesetzt wird.
 
Zur Förderung der strukturellen Veränderungen wird beim Bundesamt für Soziale Sicherung ein Transformationsfonds in den Jahren 2026 bis 2035 errichtet. Hierfür werden insgesamt EUR 50 Mrd. (jährlich EUR 5 Mrd.) bereitgestellt.
 
Aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds können im gesamten Zeitraum bis zu EUR 25 Mrd. abgerufen werden. Die Länder müssen die weiteren 50 % bzw. EUR 25 Mrd., der förderfähigen Kosten tragen. Die privaten Krankenversicherungen können sich daran beteiligen, sind aber nicht dazu verpflichtet. Was zur Folge hat, dass die gesetzlich Versicherten quasi allein für den Umbau der Krankenhauslandschaft aufkommen müssen. Letztendlich soll diese Förderung zu dauerhaften Qualitätsverbesserungen und Einsparungen in der stationären Versorgung beitragen.
 
Aus dem Transformationsfonds können unter anderem Maßnahmen wie standortübergreifender Konzentration akutstationärer Versorgungskapazitäten, Vorhaben zur Umstrukturierung eines Krankenhauses, Vorhaben zur Umstrukturierung eines Krankenhauses, aber auch Vorhaben zur Schließung oder Teilung eines Krankenhauses gefördert werden.
 

Weitere Eckpunkte des KHVVG kurz und knapp:

  • Die Zuständigkeit und Verantwortung der Länder für die Krankenhausplanung bleiben unberührt. Sie entscheiden, welches Krankenhaus welche Leistungsgruppen anbieten soll.
  • Gewährung von zusätzlichen Mitteln für Stroke Units, Traumatologie, Pädiatrie, Geburtshilfe, Intensivmedizin, Koordinierungsaufgaben, Unikliniken und Notfallversorgung.
  • Voraussetzung für die Zuweisung von Leistungsgruppen ist die Erfüllung von bundeseinheitlichen Qualitätskriterien.
  • Die Erfüllung der Qualitätskriterien ist unter bestimmten Voraussetzungen auch im Rahmen von Kooperationen und Verbünden zulässig.
  • Zur Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung sind Ausnahmeregelungen vorgesehen, die für bedarfsnotwendige Krankenhäuser in ländlichen Räumen sogar unbefristet gelten können, wie u.a. Schließung von Abteilungen.
  • Sicherung der schnellen Erreichbarkeit von Kliniken bleibt bestehen. Ausnahme: Krankenhaus ist nicht erreichbar innerhalb gesetzlich festgelegter Entfernung.
  • Einführung einer ärztlichen Personalbemessung zur Steigerung der Attraktivität des Krankenhauses für Ärztinnen und Ärzte und Förderung der Behandlungsqualität.

Das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz kann ein entscheidender Schritt sein, um das deutsche Gesundheitswesen nachhaltig zu stärken. Mit gezielten Maßnahmen zur Förderung der Pflegequalität, zur wirtschaftlichen Stabilisierung und zur Entbürokratisierung der Krankenhäuser wird versucht, dazu beizutragen, die Versorgungsqualität zu verbessern und die Versorgungssicherheit flächendeckend zu gewährleisten. Es zeigt, dass der Gesetzgeber die bestehenden Herausforderungen im Gesundheitswesen erkannt hat und gezielte Maßnahmen ergreift, um die Krankenhauslandschaft grundlegend anzupassen.
 
Die aktuelle Situation nach dem Ampel-Aus und den bevorstehenden vorgezogenen Neuwahlen am
23. Februar 2025 werden zeigen, ob das Gesetz in der Form auch in der neuen Bundesregierung Bestand haben wird. Die Kritiker riefen schon davor laut nach einem großen Nachbesserungsbedarf bis hin zum Stopp des Gesetzesentwurfes. Unabhängig davon bildet diese Reform eine wichtige Grundlage für den Erhalt einer stabilen und qualitativ hochwertigen Gesundheitsversorgung in Deutschland.
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AUTORINNEN

Saskia Kapale
Jasmine Dirmeier


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Tino Schwabe

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